Die Konkurrenz der Asia-Imbisse in Harburg ist groß. Nach 29 Jahren verschwindet das China-Restaurant der Familie Tong am Harburger Ring 22.

Harburg. China-Restaurants waren ihr Leben. Knapp 40 Jahre lang hat Brigitte Tong, 55, in Hamburger China-Restaurants Speisen aus dem Reich der Mitte zu ihren Gästen gebracht. Erst im Jangtse, dem Restaurant ihres Vaters auf St. Pauli. Dann in dessen Jangtse in Bergedorf. Und schließlich 29 Jahre lang im eigenen Restaurant in Harburg: dem China-Restaurant Panda am Harburger Ring 22.

Am 1. Mai 1983 hat Brigitte Tong das Panda eröffnet - gemeinsam mit ihrem Mann, dem Koch Pui Fuk Tong, 63, und einem Bekannten. Die S-Bahn fuhr gerade erstmals bis Harburg-Rathaus, das Panda war also verkehrstechnisch bestens angeschlossen, und machte fortan zwei anderen Chinesen in Harburg Konkurrenz.

Gute und zuletzt etwas schlechtere Zeiten hat das Panda gesehen - mittlerweile gibt es im Panda-Umkreis von 500 Metern fünf Asia-Imbisse. "Am Anfang lief unser Restaurant sehr schön, aber seit einigen Jahren ist der Druck zu groß und das Geschäft ist zurückgegangen", sagt Brigitte Tong.

Jetzt haben Frau Tong und ihr Mann die Reißleine gezogen. Heute öffnet das Panda zum letzten Mal: von 11.30 Uhr bis 21.30 Uhr. Wie immer gibt es zum Mittagstisch bis 15 Uhr Chop Suey mit Schweinefleisch für 5,50 Euro, Schweinefleisch süß-sauer für 5,80 Euro, Hühnerfleisch mit acht Kostbarkeiten für 6,10 Euro und gebackene Ente in süß-saurer Soße für 7 Euro. Im Preis inbegriffen ist eine Suppe oder eine Frühlingsrolle.

Da sind auch die Asia-Imbisse in Harburg mittags nicht billiger als das Panda. "Aber viele Leute denken, die Imbisse sind preiswerter als wir", sagt Brigitte Tong. Es gibt noch drei weitere Gründe, warum das Ehepaar Tong aufhört im Panda: Pui Fuk Tong fühlt sich körperlich nicht mehr so belastbar. Der Mietvertrag läuft Ende Mai aus. "Und die meisten Angestellten haben mittags nur noch eine halbe Stunde Zeit", sagt Brigitte Tong. "Bei uns dauert das Kochen und Servieren aber etwas länger als im Asia-Imbiss."

Das Ehepaar Tong hat zwei Töchter: Janine Tong, 31, und Stefanie Tong, 34. Erstere ist technische Zeichnerin, letztere PR-Assistentin - da winkt kein Nachwuchs für das Panda. "Meine beiden Töchter wollen das Restaurant nicht weiterführen", sagt Brigitte Tong.

Brigitte Tong kam in Hong Kong zur Welt - damals noch britische Kronkolonie. Ihr Vater, ein Koch, war 1957 von Hong Kong nach Hamburg gekommen, fing an im Tong Huan in der Nähe der Binnenalster. "Mein Vater wollte eine andere Umgebung, und hier in Hamburg hatte er die Chance, Geld zu verdienen", sagt Brigitte Tong.

Sie selbst folgte dem Vater mit ihrer Mutter und den beiden Schwestern 1962 nach Hamburg. Am Spielbudenplatz auf St. Pauli ist sie groß geworden, in der Jan-Valkenburg-Schule in der Neustadt hat sie ihren Realschulabschluss gemacht. Nach der Schule begann sie im Jangtse zu arbeiten.

Ihr Mann Pui Fuk Tong ist im chinesischen Shanghai geboren. Als er zwölf war, floh seine Familie nach Hongkong. Mit 21 Jahren verließ er die britische Kronkolonie und kam nach Hamburg, wo er als Koch im Mandarin am Gänsemarkt zu arbeiten begann.

Wer in den letzten Tagen des Pandas in das Restaurant mit den wuchtigen mahagonifarbenen Trennwänden und dem Aquarium mit den Goldfischen - sie kommen zu einem Bekannten - kam, der sah und hörte viele traurige Stammkunden, die Frau Tong Lebewohl sagten. "Wir hatten hier viele Stammkunden, die meisten kenne ich mit Vornamen und weiß, was sie bestellen", sagt Brigitte Tong. Die Harburgerin aus Hong Kong spricht akzentfrei Deutsch. Mit ihrem Mann spricht sie Kantonesisch, mit ihrer Angestellten Mandarin. Ihre Töchter können ein bisschen Kantonesisch. Wenn man Frau Tong fragt, warum sie mit Vornamen Brigitte heißt, muss sie schmunzeln: "Ich heiße eigentlich Kwong Fun. Als ich 1975 mit 18 Jahren einen deutschen Pass beantragte, sagte der Sachbearbeiter, dass ich meinen Vornamen nicht behalten kann, weil man nicht definieren können, ob er männlich oder weiblich ist."

So fragte der Sachbearbeiter Kwong Fun nach einem deutschen Vornamen, der ihr gefiele. Und da Kwong Fun gerade die Zeitschrift "Brigitte" gekauft hatte und ihr auf die Schnelle nichts Besseres einfiel, entschied sich für den Vornamen Brigitte.

Frau Tong wird sich jetzt Arbeit als Verkäuferin suchen. "Ich freue mich darauf, dann muss ich nicht mehr sieben Tage die Woche über zehn Stunden lang im Restaurant arbeiten", sagt die Harburgerin. Ihr Mann wird in den "wohlverdienten Ruhestand" gehen. Und heute gegen 21.45 Uhr wird sie das Restaurant, in dem sie einen Großteil ihres Lebens gearbeitet hat, abschließen. "Dann ist hier Schluss, Ende", sagt Brigitte Tong und lacht. "Dann gehe ich nach Hause und lege mich schlafen."