Für die Menschen an der Peter-Beenck-Straße bedeutet die Gartenschau kilometerlange Umwege zur S-Bahnstation und damit großen Zeitverlust.

Wilhelmsburg. Viele Bewohner in Wilhelmsburg sind sauer auf die Internationale Gartenschau (igs) - obwohl sich die meisten auf die Gartenschau freuen, die am 26. April 2013 ihre Pforten für rund 2,5 Millionen Besucher öffnen wird. Grund für die schlechte Stimmung ist unter anderem der Zaun, der seit Ostern das 100 Hektar große Gartenschau-Gelände umschließt.

Auf insgesamt drei Kilometer Länge umschließen provisorische Bauzäune jetzt das igs-Areal - sie werden nach und nach durch einen 1,99 Meter hohen, fest eingelassenen Zaun ersetzt. Damit ist das Gartenschaugelände bis zum Ende der igs am 13. Oktober 2013 nicht mehr für die Wilhelmsburger und Neugierige passierbar - fast eineinhalb Jahre lang.

Für viele Wilhelmsburger bedeutet der Gartenschauzaun vor allem eines: Umwege. Besonders betroffen sind Anwohner, die westlich des Zaunes im Bereich der Peter-Beenck-Straße und am Kurdamm wohnen. Sie konnten bis vor kurzem noch entlang der Rathauswettern gehen, wenn sie zum Wilhelmsburger Rathaus oder zum S-Bahnhof Wilhelmsburg wollten.

Jetzt müssen sie wegen des igs-Zaunes einen Umweg in Kauf nehmen, der ungefähr einen Kilometer ausmacht. Darüber sind viele Anwohner alles andere als begeistert: "Dass der igs-Park auf die Elbinsel kommt, finde ich schon gut", sagt Ulrich Kosin, 43. "Aber dass die Gartenschau uns jetzt hier abkoppelt, kann ich nicht verstehen. Es müsste doch möglich sein, dass wir weiterhin über die Rathauswettern in Richtung Rathaus gehen."

Anwohner Erwin Ehlert, 83, findet noch deutlichere Worte für den Missstand: "Meine Frau muss jetzt einen Kilometer mehr zum Aldi-Markt an der Dratelnstraße gehen. Ich selbst komme gar nicht mehr so weit. Man kommt sich hier mittlerweile wie in einem Knast vor."

Einzige Zaun-Ausnahme derzeit: Den 175 Kleingärtnern, die eine Parzelle innerhalb des igs-Geländes besitzen, stehen zwei durch Personal gesicherte Eingänge zur Verfügung, um zu den Gärten zu gelangen. Ein Zugangstor liegt an der Straße Am Inselpark, ein anderes südwestlich des Kuckucksteichs an der Straße Hauland. Während der Gartenschau haben die Kleingärtner freien Eintritt zum igs-Gelände, denn ihre Objekte sind ein Teil der Gartenschau.

Besonders ärgerlich ist zudem für viele Wilhelmsburger, dass die Brücke Brackstraße auf der Ostseite des Gartenschaugeländes wegen Sanierungs- und Umbauarbeiten gesperrt ist. Somit entfällt eine wichtige Ost-West-Verbindung über die Bahngleise.

Die Gartenschau begründet die Einzäunung mit den Bauarbeiten auf dem igs-Gelände. Arbeiter sind dabei, das Wälderhaus, das Schwimmbad, die Basketballhalle und weitere Bauten der Internationalen Bauausstellung (IBA) zu errichten. Gleichzeitig sanieren Arbeiter Brücken, Gärtner bepflanzen die 80 Themengärten. Die igs will die Pflanzen und Baugeräte vor Diebstahl und Vandalismus schützen. "Oberste Priorität hat die Sicherheit der Menschen, und die ist auf einer Baustelle gefährdet", sagt igs-Sprecherin Ina Heidemann. "Baustellen sind gemeinhin nicht zugänglich."

Anwohner Ulrich Kosin kann durchaus verstehen, dass ein Mega-Event wie die Internationale Gartenschau kurzfristig auch Einschränkungen für die Anwohner mit sich bringt. "Aber wir fordern ein Konzept, dass eine anwohnerfreundliche Lösung ermöglicht, mit der die Menschen, die hier zu Hause sind, und die Gartenschau leben können", sagt der Wilhelmsburger. Schon jetzt seien die Bewohner der Häuser rund um die Peter-Beenck-Straße benachteiligt, da die Busse der Linie 154 nur alle 20 Minuten zum S-Bahnhof Wilhelmsburg fahren.

Ein Sprecher der Gartenschau nannte indes noch einen anderen Grund für die Einzäunung: "Wir wollen einen Spannungsbogen für die künftigen Gartenschaubesucher aufbauen", sagte igs-Sprecher Michael Langenstein nach der Parkumzäunung. "Wir möchten, dass die Leute neugierig werden und Vorfreude entwickeln."

Linke Aktivisten aus Wilhelmsburg hatten bereits im Dezember 2011 gegen die Sperrung des Parkgeländes für die igs protestiert. Bei der Demonstration der Initiative "Der Zaun muss weg" zählte die Polizei am Parkgelände gut 100 Teilnehmer.

Nach den Abendblatt-Recherchen zum Bauzaun hat die Internationale Gartenschau am vergangenen Freitag eingelenkt: "Wenn die Sanierung der Brücke über die Rathauswettern und der Wegeanschluss Ende Juni abgeschlossen sind, werden wir prüfen, ob der Weg an den Rathauswettern für einen temporären Zeitraum freigegeben werden kann", sagte igs-Sprecherin Ina Heidemann auf Anfrage.

Für die Bewohner westlich des Zaunes bedeutet dies: Kommt die igs zu einem positiven Prüfergebnis, müssen sie in Zukunft einen Kilometer weniger gehen, wenn sie zum Rathaus oder zum S-Bahnhof Wilhelmsburg wollen. Doch spätestens zum Beginn der Gartenschau am 26. April 2013 würde der Zaun dann wieder geschlossen werden - bis zum Ende der Gartenschau am 13. Oktober 2013.