Im Biosphärenreservat sorgen in diesem Sommer erstmalig berittene Polizisten für Ordnung. Feiernde Jugendliche sind großes Ärgernis.

Kaltenhof. "Huch, ich habe ganz vergessen, meinen Hund anzuleinen", sagt Ute Gramstaedt leicht erschreckt. Sie schickt ihren Mann zum nahe geparkten Auto, um eine ihrer drei eingepackten Hundeleinen zu holen, und versucht derweil, ihre dreijährige schwarze Pudeldame Lilly einzufangen. Der Hund lässt sich von der Aufregung der Zweibeiner nicht anstecken und interessiert sich stattdessen mehr für die tierischen Dienstfahrzeuge der beiden Polizeibeamten Hans-Joachim Pape und Oliver Lengnick.

Die beiden Mitglieder der Braunschweiger Polizeireiterstaffel gehören zu den ersten vier Polizisten, die in diesem Sommer erstmals auch im Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue auf Streife gehen. Während Pape und Lengnick in Gartow stationiert sind, wurden Sören Müller und Henning Blanke mit ihren Pferden in Bleckede untergebracht. Um zu ihren Einsatzorten zu gelangen, benutzen sie Transporter mit Pferdeanhängern.

Ute Gramstaedt, die mit ihren ehemaligen Klassenkameraden aus Dömitz nach 60 Jahren ein Wiedersehen in der alten Heimat mit einem Spaziergang an der alten Elbbrücke verband, sind die neuen Ordnungshüter sehr willkommen. "Das muss sein", sagt sie. Ihre freundliche Ermahnung, die nach Niedersächsischem Waldgesetz für alle Hunde geltende Leinenpflicht während der aktuellen Brut- und Setzzeit einzuhalten, ist der Seniorin allerdings schon ein wenig peinlich.

+++ Small Talk mit dem Hund will gelernt sein +++

Polizeihauptkommissar Pape nimmt das Vergehen der Hundehalterin ähnlich gelassen wie Pudeldame Lilly. Ein viel größeres Ärgernis seien Jugendliche, die an der Elbe Partys feiern. Der dabei verursachte Lärm und Lagerfeuer sind in dem Refugium für sensible Arten aber ebenso tabu wie das anschließende Übernachten in den Elbdünen oder das Zurücklassen von Müll. In den besonders schützenswerten Gebieten ist es Fußgängern sogar verboten, die Wege durch die Wiesen zu verlassen, geschweige denn mit Autos und Motorrädern zu befahren.

Die Einhaltung der Hausordnung für die aus Naturschutzsicht einmalige Auenlandschaft kontrollierten bislang vor allem die neun ehrenamtlichen Mitarbeiter von Professor Johannes Prüter. Der Leiter der Reservatsleitung sah sich damit aber Ende vorigen Jahres endgültig überfordert. Und in den besonders kritischen Zeiten, in den Nachtstunden und an Wochenenden, waren die Dienststellen der örtlich zuständigen Polizei in Elborten wie Bleckede oder Amt Neuhaus nicht rund um die Uhr mit Beamten besetzt.

"Wir haben die Leute daher selbst angesprochen und die Regelverstöße dokumentiert", sagt Tobias Keienburg, Sprecher der Reservatsverwaltung. Mit dem Aufschreiben und Weiterleiten der sporadischen von Fischwilderern und anderen Störenfrieden notierten Nummernschilder war das Problem aber nicht in den Griff zu kriegen. Und das etwa 567 Quadratkilometer abdeckende, 95 Stromkilometer der Elbe umfassende Gebiet zwischen Hohnstorf und Schnackenburg war für die freiwilligen Ordnungshüter zu groß.

"Probleme machen vor allem aggressiv auftretende junge Männer, die mit Motorrädern aus Hamburg hierher kommen", sagt Stefan Birkner. "Die jagen unsere Leute zum Teufel", so der niedersächsische Umweltminister weiter, der zu einem Pressetermin am Freitag von Hannover an die ehemalige Dömitzer Brücke kam. "Da muss schon die Polizei ausrücken." Die hoch zu Ross patrouillierenden Beamten wirken seiner Meinung nach sympathisch, zugleich aber auch respektvoll.

"Wir haben seit den 50er Jahren gute Erfahrungen mit berittenen Beamten in der Lüneburger Heide gemacht", so der in der Schweiz geborene, 39 Jahre alte FDP-Politiker weiter. Mit Innenminister Uwe Schünemann (CDU) habe er eine Lösung gefunden, die Landesbeamten der Polizei für den Naturschutz in den Elbtalauen einzusetzen. Der erstmalig stattfindende Streifendienst für die Braunschweiger Polizeireiter im niedersächsischen Teil des sich auf fünf Bundesländer erstreckenden Biosphärenreservats Flusslandschaft Elbe endet am 31. August.

Kritisch dazu hat sich am Freitag die Grünen-Landtagsabgeordnete Miriam Staudte geäußert: "Polizeipräsenz kann die Einrichtung einer Naturwacht, den Einsatz von Rangern nicht ersetzen", schreibt die ehemalige Ratsfrau der Samtgemeinde Scharnebeck in einer Kleinen Anfrage. "Mit Polizeieinsätzen kann in einem Großschutzgebiet vielleicht vorübergehend das Befolgen von Regeln durchgesetzt werden, aber eine Vermittlung der Ziele des Naturschutzes ist so nicht zu erreichen."