Nicolas Krüger, Kreis-Chef der Heide-Piraten, glaubt an den Erfolg seiner Partei. Mit dem Abendblatt spricht er über die politischen Ziele der Piraten.

Winsen. 8,3 Prozent in Schleswig-Holstein - die Piraten-Partei ist nach Berlin und dem Saarland in den dritten Landtag eingezogen. In neun Monaten wird auch in Niedersachsen gewählt. Die Partei ist gut aufgestellt, meint Nicolas Krüger, 36, aus Winsen. Er ist Kreisvorsitzender der Heidepiraten.

Hamburger Abendblatt: Herr Krüger, was sagen Sie zum Ausgang der Landtagswahl in Schleswig-Holstein?

Nicolas Krüger: Das Ergebnis für die Piraten-Partei hat mich natürlich gefreut. Was mich erschreckt und ärgert, ist die geringe Wahlbeteiligung.

Wie erklären Sie sich den Erfolg?

Krüger : Wir sind interessant, weil wir neu, weil wir als Partei unverbraucht sind. Ich erkläre es mir so, dass die Menschen nach einer Alternative zu den etablierten Parteien gesucht haben. Parteienforscher erklären es mit Protestwahl. Was tatsächlich das Geheimnis ist, kann ich auch schlecht ergründen.

Sind die Piraten eine Protestpartei?

Krüger: Nicht ausschließlich. Wir haben durchaus konstruktive Vorschläge.

Welches sind die drei wichtigsten Punkte, für die die Piraten-Partei steht?

Krüger: Wir wollen Bürger und Politik einander wieder näher bringen. Damit geht ein zweiter Punkt einher, nämlich Transparenz von Verwaltung und Politik den Bürgern gegenüber. Und natürlich ist eines der ganz wichtigen Themen das Urheberrecht.

Was ist mit dem Urheberrecht?

Krüger: Die Art und Weise, wie es heutzutage immer noch als altmodisches Konstrukt angewendet wird, obwohl es an die technische Entwicklung angepasst werden müsste.

Inwiefern?

Krüger: Wie Jugendliche verfolgt werden, weil sie Musik aus dem Internet kopieren - das macht keinen Sinn. Es macht keinen Sinn zu sagen, dass dadurch Milliardenverluste entstünden. Das ist in meinen Augen einfach falsch. Jugendliche haben gar nicht diese Milliarden, die sie für diese Musik ausgeben könnten, insofern sind das einfach Buchwerte, die nicht existieren. Und dann ist ein weiteres Problem, dass das Urheberrecht im digitalen Zeitalter zu starke Schranken schafft, vor allem bei Nutzung, die übers Konsumieren hinausgeht. Ich finde Möglichkeiten wie die Public Domain im Copyright gut.

Kein Jugendlicher hat seine Musik früher aus dem Schallplattenladen einfach so mitgenommen...

Krüger: Das ist richtig. Aber er nimmt ja auch im Internet das Musikstück nicht einfach weg. Das bleibt ja da.

Torge Schmidt, Spitzenkandidat in Schleswig-Holstein, sagt, jetzt müsse die Partei erst mal Strukturen aufbauen. Deshalb sei eine Regierungsbeteiligung verfrüht. Sind die Piraten noch nicht regierungsfähig?

Krüger: Ich persönlich meine nicht, dass wir schon regierungsfähig sind. Wir sollten die Möglichkeit nutzen, in den Parlamenten, in denen wir jetzt arbeiten dürfen, zu lernen, wie Politik funktioniert. Dann kann man sich in einer zweiten Legislaturperiode vielleicht an einer Regierung beteiligen. Aber im Moment wäre es unklug. Wir würden untergehen und wären einfach nur Stimmenbeschaffer.

Welche Parteien sähen Sie denn als mögliche Koalitionspartner?

Krüger : Ich spreche mit Vertretern aller Parteien, die sich im demokratischen Spektrum bewegen. Am Ende muss man sich auf Ziele einigen.

Welcher Partei ist die Piraten-Partei eigentlich am ähnlichsten?

Krüger: In puncto Bürgerrechte sicherlich der FDP in einer zugegebenermaßen eher alten Ausprägung. Es gibt durchaus Gemeinsamkeiten mit den Grünen, insbesondere wegen der Basisdemokratie, die sie mal gelebt haben. Aber wir haben auch soziale Punkte im Programm, die man vielleicht eher bei der SPD oder auch bei den Linken vermutet.

Wie sind Sie neun Monate vor der Landtagswahl personell aufgestellt?

Krüger: Wir haben die Direktkandidaten für den Landkreis Harburg aufgestellt. Wir haben vor drei Wochen in Nienburg die Landesliste aufgestellt. Und wir haben eine relativ große Basis, die hier Wahlkampf machen würde.

Mit dem Harburger Kreistagsabgeordneten Erich Romann haben die Piraten ja nicht gerade einen Glücksgriff gemacht.

Krüger: In der Tat. Da haben wir bei der Aufstellungsversammlung nicht die richtigen Fragen gestellt. Wir waren jung und brauchten die Kandidaten. Wir wollten in möglichst vielen Bereichen welche aufstellen und haben uns von dieser Idee mehr leiten lassen als davon, dass es die richtigen werden. Wir haben daraus gelernt. Das führt dazu, dass wir mittlerweile sehr kritische Fragen stellen und niemand mehr so leicht aufgestellt wird. Das führt aber leider auch dazu, dass es Neue in der Partei mittlerweile sehr schwer haben, an solche Kandidaturen heranzukommen.

Ist das Kapitel Romann abgeschlossen?

Krüger: Er ist jetzt ausgetreten.

Wollen Sie das Mandat zurück?

Krüger: Wir verlangen von ihm, dass er es abgibt - wozu er momentan nicht bereit ist. Wir können es ihm nicht wegnehmen.

Welche Themen werden Sie im Landtagswahlkampf besetzen?

Krüger: Wir werden weiterführen, womit wir auch in die Kommunalwahl gegangen sind, nämlich Transparenz zu schaffen. Da gibt es eine Anekdote aus Lüneburg, wo der Torbjörn Bartels sagte: Wir wollen hier mehr Licht reinbringen in die Verwaltung, und der Bürgermeister sagte: Das geht nicht, das Land hat uns vorgeschrieben, wie wir vorgehen müssen. Worauf Bartels erwiderte: Dann wird die nächste Station wohl der Landtag werden. Das ist einfach der nächste Schritt.