Er mag Fleisch und will wissen, wo es herkommt. Darum hält der Seevetaler Rüdiger Asche in Eißendorf und Sinstorf seit zwei Jahrzehnten Angusrinder.

Harburg. Steaks, die in der heißen Pfanne gern und schnell mal wie durch Geisterhand schrumpfen, sind Rüdiger Asche ein Gräuel. Als passionierter Schwimmer und Wasserballer weiß der 60-Jährige ein ordentliches Stück Fleisch sehr zu schätzen. Deshalb hat er vor zwanzig Jahren beschlossen, sich eigene Rinder zu halten. "Da weiß ich ganz genau, was auf den Teller kommt", sagt Asche. Und will sich mit weniger nicht mehr begnügen.

Am Montag war es wieder so weit. Nachdem er zuvor die gepachtete Weide an der Friedhofstraße in Eißendorf mit seinem 60 PS starken Deutz-Traktor gemäht und geglättet hatte, erfolgte der Auftrieb der sogenannten Absetzer, etwa ein Jahr alte Deutsch-Angus-Kälber. 300 bis 400 Kilo bringt jedes der drei, je 600 Euro teuren Jungtiere momentan auf die Waage. Bei der Schlachtreife sechs Monate später werden es zwischen 900 und 1200 sein.

Das Deutsch-Angus ist ein "von Natur hornloses, gut hoch gestelltes, walzenförmiges Fleischrind" mit "birnenförmiger Keulenausbildung", so steht es in der Rassebeschreibung. Rüdiger Asche beschreibt das Ergebnis seines "wunderbaren Hobbys" einfach als "feinstes Kalbsfleisch, gut marmoriert, mit zarter Muskelfaser". Besonders schmackhaft sei das Roastbeef aus dem unteren Rückenbereich. Und natürlich das Filet aus dem Lendenbereich, das förmlich auf der Zunge zergehe.

Am wichtigsten ist ihm aber das Wissen, dass es "ein reines Naturprodukt" ist: "Weil meine Kälber im Grunde fast nur sattes, grünes Gras fressen. Von Weiden, die nicht gespritzt und nicht gedüngt werden." Nur im Herbst, wenn das Gras nicht mehr so üppig sprieße, bekämen seine Tiere zusätzlich noch ein paar Schnitzel aus Zuckerrüben-Melasse, "das war's dann aber auch". Mastmittel, wie sie in der industriellen Massentierhaltung oft eingesetzt werden, lehnt Rüdiger Asche prinzipiell ab. Für den Diplomingenieur ist sein Dasein als Freizeitlandwirt eine willkommene Abwechslung zum oft bewegungsarmen Job als Vertriebsleiter Nord des deutschen Traditionsunternehmens Schorch, das im Oktober vergangenen Jahres allerdings an einen chinesischen Investor verkauft worden ist. Die überwiegende Mehrzahl der 500 Beschäftigten produziert am Stammsitz in Mönchengladbach elektrische Antriebe für die Industrie, die vor allem in Pumpen, Kompressoren und Schiffen eingesetzt werden. "Im Gegensatz zum stark technisch geprägten Beruf ist mein Hobby doch sehr bodenständig", sagt Asche. Die Tiere draußen in der Natur zu versorgen, tue der Seele ebenso gut wie dem Körper. "Weil man gelegentlich auch mal den Cowboy geben muss. Rinder lassen sich nämlich für gewöhnlich nicht so einfach auf Zuruf dirigieren wie zum Beispiel Pferde."

Trotz ihrer natürlichen Widerborstigkeit sind ihm die Angusrinder früher allzu schnell ans Herz gewachsen. Sie hatten sogar Namen. Asche: "Das führte aber zu echten Problemen, als die ersten Tiere zur Schlachterei nach Eversen gebracht wurden. Da habe ich gelernt, dass deutlich weniger Emotionen der bessere Weg sind." Seitdem verzichtet Asche auf Namen.

Die Qualität seines biologisch-dynamisch erzeugten Fleisches hat sich längst herumgesprochen. Im Freundes- und Bekanntenkreis ist die Nachfrage so groß, dass der Seevetaler inzwischen eine weitere Weidefläche am Sinstorfer Kirchweg gepachtet hat. Dort stehen noch drei Deutsch-Angus-Rinder, zumeist die weiblichen Kälber. "Weiden in der passenden Größe zu finden, wird immer schwieriger. Jedes wilde Jungtier benötigt rund einen halben Hektar Fläche. Außerdem müssen Bullen- und Kuhkälber ohnehin getrennt gehalten werden", so Rüdiger Asche.

In ganz Hamburg gab es übrigens nach der jüngsten Viehbestandserhebung im November vergangenen Jahres exakt 6023 Rinder. Das ist rund ein Drittel weniger als 1999. Da hatte das Statistikamt Nord noch 8893 Rinder ausgewiesen. Auch die Zahl der Halter ist stark rückläufig. In Hamburg waren es Ende 2011 noch 124. Weniger waren es nie zuvor.