Fotograf Uwe Lindemann aus Marmstorf eröffnet in Harburg seine Ausstellung “Women's faces“. Frauen sind das bevorzugte Sujet des Künstlers.

Harburg. Eine unbekleidete Frau, rittlings auf einem Stuhl sitzend. Auf ihrem Rücken ein Gedicht, das von ihr selbst stammt. Verletzlich und verlassen wirkt sie. Und irgendwie auch ein wenig anklagend. Wie immer der Betrachter die Verse auf nackter Haut für sich auch interpretiert, das Bild provoziert. Zum Hinsehen. Zum Lesen. Zum Nachdenken.

Für den Fotografen Uwe Lindemann war das Shooting eine ganz neue Erfahrung, ein Glücksfall. "Weil sich hier eine unmittelbare Verbindung von Mensch und Kunst zeigt und verschiedene künstlerische Ausdrucksformen ineinanderfließen. Das fand ich unglaublich spannend, anregend, ja herausfordernd", sagt Lindemann.

Frauen waren schon immer das bevorzugte Sujet des 31-Jährigen. "Vielleicht deshalb, weil ich über die Modefotografie eingestiegen bin. Vielleicht auch deshalb, weil es wesentlich leichter ist, weibliche Models zu verpflichten als männliche", sagt der gebürtige Saseler, der heute mit Ehefrau Melanie in Marmstorf lebt.

Lindemann, der im Alter von fünf Jahren seine ersten Fotos schoss, hat von jeher ein Faible für interessante, ausdrucksstarke Gesichter. Die müssten dabei keineswegs zwingend dem klassischen Schönheitsideal entsprechen. Jedes Model habe seine ganz speziellen Stärken und Schwächen. "Die Schokoladenseiten herauszuarbeiten und die kleinen Makel durch geschickte Perspektiven und Posen zu relativieren, darin liegt für mich ein besonderer Reiz beim Fotografieren", sagt Lindemann.

Dass dabei immer wieder sehenswerte Porträts entstehen, beweist seine erste Soloschau, die ab morgen, 5. Mai, unter dem Motto "Women's Faces - Frauengesichter" in der Bücherhalle Harburg zu sehen ist. 20 Fotos hat Lindemann für die Ausstellung ausgewählt. Die zudem eindrucksvoll dokumentieren, wie vielfältig diese Form der People-Fotografie sein kann.

Dabei ist die Bandbreite seiner Arbeiten deutlich umfangreicher, wie das Bild der nackten Poetin zeigt. Neben der Porträt- widmet sich Lindemann immer wieder der Aktfotografie. Und auch hier vorrangig der Darstellung von weiblichen Körpern. "Frauen-Akte sind einfach ästhetischer. Da gibt es deutlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten als bei Männer-Akten, bei denen oft bevorzugt der muskulöse Oberkörperbereich gezeigt wird", sagt Lindemann.

Gern lässt er sich von bekannten Modefotografen wie Kristian Schuller oder dem Schotten John Rankin Waddell alias Rankin inspirieren. Beide hätten eine ganze eigene Art, die Models in Szene zu setzen. Lindemann: "Gerade Rankins Inszenierungen stecken voller außergewöhnlich kreativer Ideen. Bei denen er gern auch mal ein Feuerinferno toben oder Platzregen auf die Mädchen niedergehen lässt." Doch dazu bedürfe es freilich eines opulenten Budgets, das ihm leider (noch) nicht zur Verfügung stehe.

Dass Lindemann sein Hobby zum Beruf gemacht hat, verdankt er übrigens der jüngsten Wirtschafts- und Finanzkrise. Denn studiert hat der Fotograf nach einer Ausbildung zum Groß- und Einzelhandelskaufmann eigentlich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Doch als er 2009 die Leuphana-Universität Lüneburg als diplomierter Ökonom verließ, suchte er auf dem ausgedünnten Stellenmarkt vergeblich nach einem kaufmännisch geprägten Arbeitsplatz.

Dafür stieß Lindemann auf die Anzeige einer Agentur, die nach freiberuflichen Fotografen für Aufträge in Schulen und Kitas Ausschau hielt. "Da ich mir an der Uni über diverse Foto-Workshops das nötige Handwerkszeug angeeignet hatte, machte ich aus der Not eine Tugend und wagte den Sprung in die Selbstständigkeit", berichtet er.

Bereut hat er den Schritt bislang keinen Augenblick. Auch wenn er nicht ausschließen will, eines Tages doch in die Wirtschaft zu gehen. Die entsprechende Qualifikation habe er ja. Sich als Fotograf weiterzuentwickeln reize ihn momentan aber deutlich mehr. So träumt Uwe Lindemann vom ersten eigenen Bildband. Und davon, vielleicht mal mit Cosma Shiva Hagen arbeiten zu können. Die hält er nicht nur für eine exzellente Mimin: "Sie hat eine interessante Ausstrahlung, ein facettenreiches Gesicht und einen tollen Körper."

"Women's Faces - Frauengesichter" , Fotos von Uwe Lindemann, Ausstellung vom 4. bis 29. Mai, Bücherhalle Harburg, Eddelbüttelstraße 47a, 21073 Hamburg, Tel. 040/77.29 23, Mo.+Do. 11-19 Uhr, Di.+Fr. 10-18 Uhr, Sa. 10-14 Uhr. www.fashion-art.de