Bezirk Mitte sieht die Beschwerden von Anwohnern in Wilhelmsburg gelassen

Wilhelmsburg. Gute Nachricht für die Kiosk-Besitzer und deren Kunden auf der größten Flussinsel Europas: Nach Informationen des Hamburger Abendblattes wird der Bezirk Mitte die lukrativen Sonntagseinkäufe nicht verbieten. "Wir wollen als Bezirk die Kioskkultur in Wilhelmsburg erhalten", sagte Mitte-Chef Markus Schreiber, 50 (SPD), am Donnerstag auf Anfrage.

Der Bezirk habe bislang nur "bei Beschwerden" vor Ort reagiert. Dann hätten Mitarbeiter des Verbraucherschutzamtes oder Polizisten auf die Gesetzeslage hingewiesen. Bislang waren allerdings nur "fünf bis sechs Beschwerden" bei der Polizei eingegangen, die dann das Verbraucherschutzamt informierte.

Markus Schreiber spricht nun Klartext: "Wenn keine Beschwerden vorliegen, gehen unsere Mitarbeiter auch nicht zu den Kiosken." In den vergangenen Wochen sind nach vorliegenden Informationen keinerlei Beschwerden im Bezirksamt eingegangen. "Und es werden vermutlich auch keine weiteren Beschwerden eingehen", sagte ein mit den Fällen vertrauter Bezirksamtsmitarbeiter auf Anfrage.

Das heißt: Für das Bezirksamt Mitte ist "Kioskgate" abgeschlossen. Alles bleibt wie es war: Die Kioske dürfen sonntags Geld verdienen und die Kunden dürfen kaufen, was sie brauchen: vor allem Bier, Schnaps und Zigaretten.

Das Hamburger Abendblatt hatte bereits im Vorjahr Einsicht in Schreiben des Verbraucherschutzamtes bekommen. Demnach war einigen Kioskbesitzern angedroht worden, Bußgelder in höherer dreistelliger Höhe zu zahlen, wenn die Kioskkundschaft weiter vor dem Kiosk Bier und Schnaps tränken.

Vor allem einige polnischstämmige Wilhelmsburger, die vor einem Kiosk im Reiherstiegviertel bis in die späten Abendstunden polnisches Bier zu trinken pflegten, waren Anwohnern zu laut gewesen, so dass sich letztere bei der Polizei beschwerten. Mitte-Boss Schreiber rät deshalb: "Wer klug ist, sorgt als Kioskbesitzer dafür, dass vor seinem Etablissement keine Traube von Trinkern steht."

Von einem Mitte-Mitarbeiter ist indes zuhören, warum die Wilhelmsburger Kioskbesitzer jetzt einige Probleme bekommen haben: "Der Bezirk Harburg hat sich einen Deubel um Wilhelmsburg gekümmert, als die Elbinsel noch in dessen Beritt lag. Das war sicherlich nicht so schön für einige Anwohner, aber positiv für die Kioskbesitzer und deren Kundschaft." Im Schanzenviertel und in Ottensen war es nach Anwohnerprotesten bereits vor zwei Jahren zu Massenkioskschließungen gekommen.

Nach dem Willen der SPD und der Grünen in der Bezirksversammlung Mitte sollen Mitte-Mitarbeiter jetzt im Wirtschaftsausschuss berichten, wie es mit den Kiosken in Wilhelmsburg weitergeht. "Die Bezirksversammlung fordert die Verwaltung auf, auch weiterhin den Kiosken in Wilhelmsburg im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten den Sonntagsverkauf zu ermöglichen - gegebenenfalls durch Trinkhallen-Konzessionen", fordern der Wilhelmsburger Bayram Inan (GAL), der GAL-Fraktionsvorsitzende Dr. Michael Osterburg aus Hamm und der Wilhelmsburger Michael Weinreich (SPD).