Heidenauer Politiker nach Akteneinsicht “bestürzt“darüber, wie Anette Randt (CDU) ihrem Bruder Aufträge gab.

Heidenau. Der Druck auf Heidenaus Bürgermeisterin Anette Randt (CDU) bleibt. Am Dienstag, 1. Juni, trifft sich der Gemeinderat Heidenau, um über die Ergebnisse der Akteneinsicht zum Fall Auftragsvergabe der Bürgermeisterin an ein Ratsmitglied zu sprechen. Die Sitzung ist nicht öffentlich.

Reinhardt Riepshoff, SPD-Fraktionschef , sagt: "Ich fand es sehr gut, dass alle Fraktionen Vertreter zur Akteneinsicht ins Tostedter Samtgemeinde Rathaus geschickt haben. Das hat uns gezeigt, dass alle ein Interesse an einer Aufklärung haben. Aber das Ergebnis dieser Akteneinsicht hat mich sehr bestürzt." Sie seien auf Unterlagen gestoßen, über die unbedingt zunächst in nicht öffentlicher Sitzung gesprochen werden müsse. Danach werde es aber noch eine öffentliche Sitzung zu dem Thema geben.

Über das Ergebnis der Akteneinsicht wollen weder Riepshoff noch sein Kollege Peter Dörsam (Grüne) in der Öffentlichkeit sprechen. Es müsse erst der Rat unterrichtet werden. Beide Ratsmitglieder hatten die Akteneinsicht in der jüngsten Ratssitzung beantragt (das Abendblatt berichtete). Den beiden Ratsherren war bei der Einsicht der Haushaltsunterlagen der Gemeinde aufgefallen, dass die Bürgermeisterin schon seit einigen Jahren Aufträge an ihren Bruder Jürgen Cohrs, der ebenfalls als CDU-Mitglied im Heidenauer Gemeinderat sitzt, vergeben hat, ohne dass der Rat jemals darüber abgestimmt hat. In der Ratssitzung hatte sich die Bürgermeisterin beim Rat entschuldigt. Riepshoff und Dörsam verlangten trotzdem Akteneinsicht.

Die Haushaltsunterlagen der Gemeinde Heidenau liegen bei der Samtgemeinde Tostedt, weil die Kämmerei der Samtgemeinde den Haushalt für die Gemeinde führt. Tostedts Samtgemeindebürgermeister Dirk Bostelmann (CDU) sagt: "Die Ratsmitglieder haben die Akten gesehen und mir anschließend mitgeteilt, dass sie zu beanstandende Rechnungsbelege gefunden hätten. Ich bin sehr unglücklich darüber, dass diese Sache überhaupt passiert ist, und darüber, dass das Ansehen einer ehrenamtlichen Bürgermeisterin dadurch beschädigt wurde. Die Angelegenheit zu bewerten, überlasse ich aber dem Heidenauer Rat."

Bostelmann weiter: "Offensichtlich sieht Anette Randt die ganze Angelegenheit als nicht so dramatisch an. Ich persönlich sehe aber wirklich nur noch die Möglichkeit, weiteren Schaden von ihrer Person abzuwenden, in dem sie ihre gesamten Akten über diese Vorgänge dem Rat gegenüber offen legt. Und ich persönlich würde dies auch in einer öffentlichen Sitzung tun."

Bei der Akteneinsicht im Tostedter Rathaus wurden die Auftragsvergaben der Bürgermeisterin an ihren Bruder in den Jahren 2007 bis 2009 überprüft. Auf Antrag einiger Ratsmitglieder soll es auch noch eine zweite Akteneinsicht geben. Gegenstand dieser Prüfung wären die Jahre 2001 bis 2007. Dann könnte die Angelegenheit für Anette Randt noch unangenehmer werden, als sie es sowieso schon ist, wenn nämlich dabei herauskommen sollte, dass sie auch in diesen Jahren Aufträge zum Ausschneiden der Straßenbäume an Wirtschaftswegen an ihren Bruder Jürgen Cohrs vergeben hat. Unklar scheint auch zu sein, wie ernst ihre Bemühungen waren, mehrere Angebote einzuholen. Außerdem müsse geklärt werden, ob der Gemeinde nicht doch auch ein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei, sagt Peter Dörsam.

Die Kommunalaufsichtsbehörde, der Landkreis Harburg, hatte sich bei seiner Einschätzung, der Gemeinde sei kein finanzieller Schaden entstanden, lediglich auf die Aussagen der CDU-Bürgermeisterin verlassen. "Das ist aus meiner Sicht aber noch längst kein Beweis dafür, dass das wirklich so ist", sagte Peter Dörsam. Ratsintern hieß es, in dieser Sitzung am Dienstag könne zum ersten Mal die Forderung nach einem Rücktritt der Bürgermeisterin zur Sprache kommen.

"Die Frage nach einem Rücktritt stellt sich für mich nicht. Ich werde abwarten, was sich am Dienstag ergibt. Natürlich kann ich mir vorstellen, dass das Thema noch einmal in öffentlicher Sitzung besprochen wird. Es ist mir ein Fehler unterlaufen, für den ich mich entschuldigt habe. Aber Fehler werden gemacht. Seit 2004 wurden viele Wirtschaftswege in Ordnung gebracht, so wie es vom Rat gewollt war", sagt Anette Randt. Die Kreis-CDU, deren Vorstand Randt angehört, stärkt ihr den Rücken. Sie sei eine engagierte Bürgermeisterin, sagte Kreis-Vorsitzender Michael Grosse-Brömer.