Eigentümer Aurelis will im Juli mit der Vermarktung der alten Bahnanlagen im Binnenhafen beginnen. Büros und Wohnungen sind vorgesehen

Harburg. Alle Streitigkeiten sind beendet, der "Hafencampus" kann kommen. In einem außergerichtlichen Mediationsverfahren einigten sich die Stadt Hamburg und die mit der Vermarktung früheren Bahngeländes im Harburger Binnenhafen befasste "Aurelis Real Estate Management" in den strittigen Detailfragen. Dabei ging es hauptsächlich ums Geld.

Jetzt steht fest: Die "Aurelis" - sie war bislang ein hundertprozentiges Immobilienunternehmen der Deutschen Bahn AG und befindet sich seit kurzem im Besitz von Hochtief und der Fondsgesellschaft Redwood Grove - hat sich verpflichtet, bis Jahresende einen Auftrag zu erteilen, den 110-Kilovolt Hochspannungsendmast am Schellerdamm beseitigen und die Kabel unterirdisch verlegen zu lassen. Damit wird der Weg frei für den Bau von Wohn- und Geschäftshäusern. Aurelis wird auch für den Bau von Straßen und Plätzen auf dem gut 7,5 Hektar großen Gelände zwischen Schellerdamm und Östlichem Bahnhofskanal aufkommen, ebenso Sanierungskosten für Kaimauern und schadstoffbelastete Böden tragen.

Eine größere Bodenbelastung wurde beispielsweise auf dem Industriegelände zwischen Östlichem Bahnhofskanal und Hannoverscher Straße festgestellt. Hier plant der Bezirk auch Grundstückstausch, um die Seevestraße mit einem Kreisverkehr an die Hannoversche Straße anzubinden. Die Entwicklung des Hafencampus und die Suche nach Investoren lassen wahrscheinlich keinen Platz mehr für das geplante Störtebeker Musical.

Hisko Gentzsch, Leiter der Aurelis-Projektentwicklung Nord, und Sprecher Raik Packeiser, waren zur Bestandsaufnahme auf dem Gelände. Mit dabei hatten sie den Bebauungsplan "Harburg 53", der ein "Gemischtes Quartier" für Büros und Wohnungen vorsieht. Ein Stadtquartier neuen Typs soll entstehen. Auf 61 000 Quadratmeter Baulandfläche wird mit 100 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche gerechnet. Viergeschossige Gebäude sieht der B-Plan vor, außerdem eine Promenade am Westufer des Kanals und zwei grüne Achsen.

Gentzsch: "Wir werden ab 9. Juni die Vermarktung des Geländes mit neuer Dynamik starten. Im Angebot werden Baufelder ab 2000 Quadratmeter sein." Das Hafencampus-Gelände wird von Harburgs Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg als "Kernstück der Stadtentwicklung im Harburger Binnenhafen" bezeichnet, "ebenso tragend wie die Entwicklung der Schlossinsel." Ob das Gelände auch in Zukunft noch als "Hafencampus" bezeichnet wird, bleibt abzuwarten.

Alle ehemaligen Bahngebäude auf dem Gelände, darunter 80 Jahre alte Güterhallen, genießen laut Packeiser keinen Bestandsschutz und können abgerissen werden. Voraussichtlich wird auch das kleine Gebäude, in dem sich das Imbiss-Restaurant "Hansa Eck" befindet, keine lange Zukunft mehr haben. Investoren sollen ein geräumtes Gelände vorfinden. Erhalten bleiben wird allerdings eine kleine Drehscheibe nahe Schellerdamm, über die früher Loks und Waggons auf andere Gleise wechseln konnten.

Bereits mehr als zehn Jahre stockte das Projekt Hafencampus. Im August 1999 hatte die Hamburger Stadtentwicklungsbehörde mit der damaligen Bahntochter DBImm einen städtebaulichen Vertrag für die Erschließung des Geländes unterzeichnet. Im Juni 2000 wurde der Bebauungsplan "Harburg 59" durch Beschluss der Bürgerschaft rechtskräftig. Aber weder die DBImm noch ihre Nachfolgerin Aurelis konnten sich mit der Stadt über die Kosten einig werden, bis die Stadtentwicklungsbehörde Mitte 2007 die Aurelis auf Einhaltung des städtebaulichen Vertrags verklagte.

Im beiderseitigen Einvernehmen wurden daraufhin in einem außergerichtlichen Verfahren die Unstimmigkeiten jetzt aus dem Weg geräumt. Während der zehnjährigen Verhandlungszeit verkaufte DBImm/Aurelis zwei Grundstücke auf dem Hafencampus-Gelände. Erstens das Grundstück mit den alten Bahnhofsgebäuden am Schellerdamm, in denen sich jetzt die Firma Delphin Umwelttechnik befindet und zweitens das Grundstück der Provinzial Rheinland mit dem Quartiersparkhaus an der Straße Veritaskai.

Die Verlegung der Hochspannungsleitung unter die Erde ist bei der städtebaulichen Entwicklung des Binnenhafengebiets ein wesentlicher Punkt. Sie betrifft im Grunde aber nicht nur das Hafencampus-Gelände der Aurelis, sondern müsste für die weitere städtebauliche Entwicklung des Binnenhafengebiets auch an der Neuländer Straße/Hannoversche Straße fortgesetzt werden. Auf dem 4,3 Hektar großen Eckgrundstück, das sich noch im Besitz der Deutschen Bahn AG befindet, stehen zwei weitere Hochspannungsmasten, die die Umsetzung des Bebauungsplans "Harburg 62" behindern. Bislang war im Gespräch, dass sich auf dem Gelände ein deutscher Autohersteller aus dem Premium-Segment mit einer Niederlassung platziert.

Noch tut sich die Bahn AG wegen hoher Kosten schwer, finanziell in Vorleistung zu treten und die Hochspannungsleitungen unter die Erde legen zu lassen. Die Chancen, das Grundstück an einen Investor verkaufen zu können, dürften sich allerdings erhöhen. Der B-Plan "Harburg 62" sieht auf der Grundstücksecke Neuländer Straße/Östlicher Bahnhofskanal den Bau eines zwölfgeschossigen Hochhauses vor.

Auf der anderen Seite der Neuländer Straße, dem bisherigen Gelände der New-York Hamburger Gummi-Waaren Compagnie (NYH), ist angedacht, die Entwicklung mit einem Vorhaben bezogenen Bebauungsplan voran zu bringen. Die Investoren des Eco-City Gewerbeparks mit eigener Energieerzeugung wollen auf dem Gelände unter anderem ein Hotel-Hochhaus mit aufgesetzter Windkraftanlage errichten.