Traditionelle Traktoren-Oldtimer-Ausstellung in Sprötze

Sprötze. Ganz am Anfang klingt es fast, als ob ein zufriedener Schnarcher tief einatmet, doch dann erwacht der kleine Motor schnell zu munterem Leben. Und weil die Startprozedur beim 70 Jahre alten Ritscher-Trecker eben doch etwas anders abläuft, verfügt der Oldie gleich über zwei Tanks, einen für Benzin und einen für Diesel.

Angelassen wird der 1940 in Hamburg-Moorburg gebaute Ritscher N 12 - natürlich von Hand und mit einer Kurbel - im Benzinbetrieb, erst wenn der Einzylindermotor richtig läuft, dann wird auf Diesel umgestellt. Wie das geht, hat sich Elisabeth Karweck, 13, von ihrem Großvater abgeguckt. Peter Karweck ist 72 Jahre alt und fährt seit 1956 Ritscher. Den kleinen grünen Dreiradschlepper hatten seine Eltern damals zum Pflügen und Mähen für ihren Hof in Todtglüsingen gebraucht gekauft. Als sich die Landwirtschaft nicht mehr lohnte, blieb der Ritscher.

Quer stand er hinten in der Garage, davor passte gerade noch Karwecks VW Käfer. Irgendwann vor rund zehn Jahren reifte der Entschluss, den alten Trecker zu neuem Leben zu erwecken. "Der sprang sofort an", erinnert sich Peter Karweck, der am Sonnabend mit seiner technikbegeisterten Enkelin Elisabeth auf eigener Achse von Tostedt zum großen Ritscher-Treffen nach Sprötze gefahren ist.

Rund 70 Besitzer von alten Treckern der Marke mit dem Lokalkolorit (siehe Infokasten) sind ebenfalls auf drei oder vier Rädern hergekommen, mehrere hundert Fans genießen den Sound und Duft der alten Zeit. Fachgespräche, Vorführungen und gemütliches Beisammensein machen den Charme der Szene aus, die alle zwei Jahre von den "Freunden der Ritscher" zum früheren Herstellerwerk nach Sprötze eingeladen wird.

Die Ritscher-Freunde sind kein Verein, sondern ein lockerer Zusammenschluss von begeisterten Trecker-Besitzern und Fans aus ganz Norddeutschland, die das Andenken an die einst in Moorburg und Sprötze gefertigten Trecker der Marke Ritscher bewahren wollen und die die erhaltenen Fahrzeuge liebevoll restaurieren, pflegen und bei jeder Gelegenheit auf der Straße und auf dem Acker bewegen. Höhepunkt der Aktivitäten ist das große Treffen alle zwei Jahre in Sprötze. Da stehen auch diesmal fast perfekt wieder aufgebaute Schlepper neben solchen, die stolz die Patina der Zeit und die Spuren eines langen Arbeitslebens zur Schau stellen.

Wie "chic" oder wie original mit all ihren Gebrauchsspuren sich die einzelnen Modelle präsentieren, das ist den eingefleischten Fans egal, beide Varianten und alle nur erdenklichen Zwischenstufen sind vertreten. Immer wieder bilden sich um die alten Trecker, die "Multitrac"-Geräteträger und die Grabenreiniger Gruppen von fachkundigen Besuchern, die sich angeregt über Motorisierung, Getriebetypen und Anbauteile unterhalten. Auch so manches Verkaufsgespräch wird geführt, bei den Ritscher-Treckern und bei den Fremdmodellen, die ebenfalls den Weg zum ehemaligen Ritscher-Werk gefunden haben.

Ob Hanomag, Ursus oder Deutz - wer mit dem Modell eines anderen Herstellers hergekommen ist, erhält einen Stellplatz in einem Wäldchen zugewiesen, etwas abseits von der Ritscher-Flotte, aber dafür gleich neben dem Kuchenzelt und dem Bratwurststand. Hier gibt es ernsthafte Verkaufsangebote, ein alter Unimog soll einen neuen Besitzer finden, ein Anhänger, der einst bei der Nationalen Volksarmee der DDR seinen Dienst verrichtete, ebenfalls.

Für weit weniger Geld gibt es beim Ritscher-Treffen Fanartikel zu kaufen, Mützen, Kaffeebecher, Blechschilder oder T-Shirts. Natürlich ist ein solches Oldtimertreffen auch eine Börse für Bastler, die wertvolle Reparaturtipps und seltene Ersatzteile austauschen, ohne die manche Restaurierung scheitern und manch alter Trecker kaum überleben würde. Oldtimer-Trecker haben in den vergangenen Jahren immer mehr Freunde gefunden - als ein erschwingliches Hobby für Technikbegeisterte. Der eine fühlt sich an seine Jugend erinnert, als er selbst auf einem Trecker das Fahren und Pflügen gelernt hat - später wird natürlich ein Schlepper desselben Typs gekauft. Der andere schraubt um des Schraubens willen, und der Dritte genießt die Fachgespräche und das gemütliche Miteinander beim Treffen mit Gleichgesinnten. Zu den wichtigsten Veranstaltungen in der Region gehört neben der Veranstaltung in Sprötze das Dampf- und Traktorentreffen am 11. und 12. September im Freilichtmuseum am Kiekeberg.

Dass die Treckerliebe die Generationen überdauert, beweisen am Sonnabend Peter und Elisabeth Karweck mit ihrem alten Trecker, der erst vor drei Jahren neu lackiert worden ist. Dass der Farbton nicht ganz original ist, stört beide nicht. Schließlich durften sich Ritscher-Kunden auch früher schon die Farbe ihres Treckers selbst aussuchen.

"Ritscher fahren macht einfach Spaß", sind sich beide einig, und geduldig erklären und demonstrieren sie abwechselnd, wie der zwölf PS starke Motor gestartet wird, der dem dreirädrigen Gefährt zu einer Höchstgeschwindigkeit von zwölf Stundenkilometern verhilft. So hat die Fahrt von Tostedt nach Sprötze eine Stunde gedauert, rechnet Großvater Karweck vor.

Seiner Enkelin hat es besonders das Pflügen angetan. Auf einem Acker neben dem heutigen Werksgelände der Firma Schneider Senator SSB dürfen sich die Teilnehmer während des Treffens darin üben.