Nach dem Fund einer Fliegerbombe mussten Hunderte Anwohner ihre Wohnungen verlassen. Doch um 0.43 Uhr gab es Entwarnung.

Heimfeld. Der Einsatz hat Grenzen aufgezeigt. Neun Stunden und 19 Minuten dauerte es, bis eine mit Langzeitzünder bestückte britische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg auf der Baustelle neben der Homannstraße in Heimfeld entschärft war. Das dauerte nicht ohne Grund so lange: Blindgänger dieser Art haben ein Zündsystem, bei dem jederzeit eine unvorhersehbare Detonation möglich ist. Gerade wenn, wie in Heimfeld, der Blindgänger vorher bewegt wurde.

Es war die Lage der Bombe, die den Einsatz so brisant machte. Sie lag genau zwischen dem Alten- und Pflegeheim an der Rennkoppel und der DRK-Seniorenwohnanlage am Milchgrund, die beide geräumt werden mussten.

"Für uns war es einer der größten Einsätze der vergangenen Jahre", sagt Harald Krüger, Chef des DRK Harburg. Allein seine Hilfsorganisation war mit fast 200 haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern im Einsatz. Die Zahl aller von Feuerwehr, Polizei, Hilfsorganisationen oder Technischem Hilfswerk (THW) eingesetzten Helfer liegt weit über 500. Dennoch zog sich die Evakuierung hin.

"Das war kein Kapazitätsproblem", sagt Feuerwehrsprecher Hendrik Frese. "Die örtlichen Gegebenheiten waren extrem ungünstig. So musste das Altenheim von der Rückseite her evakuiert werden. Auf den Zufahrtswegen, die direkt durch das Wohngebiet rund um den Alten Postweg führten, bildeten sich trotz weiträumiger Sperrung Schlangen von Einsatzfahrzeugen. Viele der 232 Heimbewohner konnten nur liegend transportiert werden. Eine Reihe weiterer Bewohner sind gehbehindert. Dazu kamen noch demente Senioren und rund 20 Bewohner, die unter dem sogenannten Krankenhausvirus leiden und die nur unter besonderen Schutzmaßnahmen aus dem Gebäude geholt werden durften.

Laut DRK Harburg wurden allein in den beiden zu Notunterkünften hergerichteten Schulen an der Triftstraße und am Ehestorfer Weg rund 700 Menschen betreut. "An der Triftstraße hatten wir einen besonderen Bereich für rund 150 Pflegebedürftige eingerichtet, in dem unsere Krankenschwestern und Krankenpfleger die medizinische Versorgung sicherstellten", sagt Kim Friedrichs, Sprecherin des DRK Harburg. "In der Gegend rund um den Fundort des Blindgängers leben auch in den normalen Wohnungen sehr viele ältere Menschen. Sie brauchen in so einem Fall intensivere Betreuung", sagt ein Beamter. Zusätzlich wurden etwa 60 Pflegebedürftige vom DRK-Pflegeheim Eichenhöhe und rund 50 Patienten von den Krankenhäusern Harburg und Mariahilf aufgenommen.

An seine Kapazitätsgrenzen kam der öffentliche Nahverkehr. Weil der S-Bahnhof Heimfeld gesperrt werden musste, blieben Fahrgäste auf dem Weg nach Stade dort hängen. Busersatzverkehr gab es nicht. Nach Auskunft der Bahn standen keine Busse mehr zur Verfügung, weil die im Rahmen der Evakuierungsmaßnahmen eingesetzt werden mussten.

Die Entschärfung selbst, für die der Kampfmittelräumdienst sein neues Wasserschneidegerät einsetzte, funktionierte ohne Probleme. Ohne die Evakuierung hätte man den Blindgänger bereits am späten Nachmittag unschädlich machen können. so war es 23.45 Uhr, als Peter Bodes und sein Team mit der Entschärfung beginnen konnten. "Der eigentliche Schneidevorgang dauerte keine sieben Minuten", sagt Bodes. Dabei wird das Wasserschneidegerät aus einem gepanzerten Container heraus von den Experten gesteuert.

+++ Erste Bombe entschärft, heute droht Sperrung der A 7 +++

Um 0.43 Uhr gab es noch einmal einen lauten Knall, als der brisante Langzeitzünder direkt am Fundort gesprengt wurde. Kurz danach wurden alle Sperrungen aufgehoben. Für die Einsatzkräfte war damit aber noch lange nicht Schluss. Die in Sicherheit gebrachten Menschen mussten zurück in die evakuierten Gebäude gebracht werden. Bis 4.30 Uhr dauerte das, dann endlich konnten auch die letzten Helfer abrücken.

Der Einsatz wird nicht der letzte dieser Art im Süden Hamburgs sein. Hier werden die meisten der nach Expertenschätzungen noch mehr als 2000 Blindgänger im Stadtgebiet vermutet.

Dass die Gegend extrem belastet ist, zeigte der Tag deutlich. Zu vier echten Einsätzen musste der Kampfmittelräumdienst ausrücken. Alle lagen südlich der Elbe. Am Altenwerder Hauptdeich entdeckten Kampfmittelräumer eine weitere Bombe, die demnächst beseitigt wird. Sie liegt sicher und hat keinen so brisanten Zünder. Für die Entschärfung muss aber die A 7 gesperrt werden. An der Homannstraße waren vor dem Blindgängerfund zwei Karabiner und Munition aus dem Erdreich geholt worden. auf der Hohen Schaar war es eine kleine, aber hochexplosive Flakgranate, die beseitigt werden musste.