Hamburg. Die Chance, einem Blutkrebspatienten zu helfen, liegt bei einem Prozent. Wie eine Mitarbeiterin des FC St. Pauli die Prozedur erlebte.

Es kommt selten vor, aber es kann Leben retten: Bei etwa einem von 100 bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (kurz DKMS) registrierten potenziellen Stammzellspendern kommt es irgendwann zu einer Spende. Die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich der Mensch zu sein, bei dem alles passt, liegt also bei etwa einem Prozent.

Lara Weber aus Hamburg-Eppendorf gehört zu diesen wenigen Menschen, deren Stammzellen vielleicht Leben gerettet haben.

Lebensrettende Stammzellen: Registrierung bei der Knochenmarkspenderdatei ist ganz leicht

Erst im Dezember spendete die studierte Sport- und Eventmanagerin einem Mann aus Schweden Stammzellen und ermöglicht ihm damit eine zweite Lebenschance. Für den Schweden und für andere an Blutkrebs erkrankte Menschen ist eine Stammzellspende die oft lang ersehnte Hilfe.

Lara Weber hatte sich vor mehr als fünf Jahren bei der DKMS registrieren lassen. Dass sie wirklich einmal jemandem Stammzellen spenden würde, ahnte sie damals nicht. Die Registrierung war ganz leicht: Sie hatte sich ein Kit der DKMS nach Hause schicken lassen. Nach drei Wangenabstrichen stand sie für Patienten und Patientinnen weltweit als potenzielle Lebensretterin zur Verfügung.

Hamburger Spenderin: Per Post kam die Nachricht, dass Lara Weber geeignet ist

Und es ging schneller als gedacht: Noch während sie zusammen mit ihrem Arbeitgeber, dem FC St. Pauli, eine Registrierungsaktion organisierte, meldete sich im vergangenen Jahr die DKMS bei der 26-Jährigen. „Ich habe Post bekommen, dass ich für jemanden als Spenderin infrage kommen könnte“, erzählt sie. „Das war wirklich ein großer Zufall!“

Um ihre genauen Gewebemerkmale zu analysieren, hat ihr Hausarzt ihr Blut abgenommen. Schließlich erhielt sie den Anruf, dass sie tatsächlich die passende Spenderin ist. Das war ein sehr emotionaler Moment: „Ich war überwältigt und habe angefangen zu weinen.“ Lara Weber zögerte nicht und sagte der Spende sofort zu.

Dann ging alles recht fix: Es wurden Termine für die Entnahme vereinbart. Dafür musste sie sich mehrere Tage lang ein Mittel spritzen, das die Stammzellproduktion in ihren Knochen anregt und die Stammzellen ins Blut abgibt.

Blutkrebs: Stammzellenspende dauerte mehrere Stunden lang

„Ich war am Anfang nervös, beim Spritzen etwas falsch zu machen“, sagt sie. Bald spürte sie, dass das Mittel etwas mit ihrem Körper macht: „Es fühlte sich an wie eine Art Gliederschmerz. Wenn man bedenkt, was die Person, für die man das macht, gerade durchstehen muss, ist das im Vergleich vollkommen aushaltbar.“

Mit dem Zug ging es nach Köln zur Entnahme von Stammzellen. Fünf Stunden lang spendet sie an der sogenannten Apheresemaschine. Der Bedarf war groß, deshalb blieb sie über Nacht in Köln und spendete am nächsten Morgen noch einmal drei Stunden Stammzellen.

Lara Weber aus Eppendorf spendete Stammzellen. Die Prozedur in einer Klinik in Köln dauerte fünf Stunden am ersten und noch einmal drei Stunden am folgenden Tag. Danach war die 26-Jährige erschöpft.
Lara Weber aus Eppendorf spendete Stammzellen. Die Prozedur in einer Klinik in Köln dauerte fünf Stunden am ersten und noch einmal drei Stunden am folgenden Tag. Danach war die 26-Jährige erschöpft. © privat | Privat

„Ich dachte schon, ich hätte etwas falsch gemacht, aber dann wurde mir erklärt, dass mein Körper einfach nicht so viele Stammzellen in einer Sitzung abgeben kann.“

So eine Spende schlaucht doch ziemlich. Danach brauchte Lara Weber Ruhe und schlief fast den ganzen Tag durch. „Das ist schon anstrengend und nicht zu unterschätzen, man sollte sich dafür ausreichend Zeit nehmen.“

DKMS: Spenderin hofft, dass bei dem Patienten Chance auf Heilung besteht

Natürlich war sie danach neugierig, wer eigentlich ihre Stammzellen bekommt, wessen Leben sie damit retten kann. „Ich würde unglaublich gern wissen, ob es dem Patienten durch meine Spende besser geht“, sagt sie.

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Das weiß sie nicht. Von der DKMS erfährt sie lediglich, dass die Spende an einen Mann über 30 Jahre aus Schweden geht. „Ich wünsche mir, dass er die Spende gut verträgt und zumindest Hoffnung auf Heilung hat.“

Natürlich würde es sie reizen, ihn eines Tages zu treffen. „Doch auch ohne Kontakt bleibt das tolle Gefühl, jemandem eine zweite Chance auf Leben gegeben zu haben.“

DKMS: Fakten zur Knochenmark- und Stammzellenspende bei Blutkrebs

  • Grundsätzlich kann jeder gesunde Mensch zwischen 17 und 55 Jahren potenzieller Stammzellspender werden. Über die Website erfolgt die Online-Registrierung: www.dkms.de/de/spender-werden.
  • Wer sich registrieren lassen möchte, erhält die Einwilligungserklärung, drei Wattestäbchen und Informationsmaterial. Mit den Wattestäbchen werden Abstriche von der Mundschleimhaut genommen und im beigefügten Rückumschlag an die DKMS gesendet.
  • Nach der Registrierung werden die Untersuchungsergebnisse des Wangenabstrichs in der Datei gespeichert und diese pseudonymisiert für den weltweiten Patientensuchlauf zur Verfügung gestellt.
  • Die Wahrscheinlichkeit, Stammzellen zu spenden, liegt bei etwa einem Prozent. Der Grund dafür: „Humanes Leukozyten-Antigen-System“ (kurz HLA). HLA-Merkmale sind Strukturen auf der Zelloberfläche, die individuell sehr vielseitig ausgeprägt sind. Sie bilden die „Signatur“ der Zellen, mit deren Hilfe das Immunsystem zwischen körpereigenen und körperfremden Strukturen unterscheiden kann. Von diesen Merkmalen gibt es jedoch mehr als 35.000 bekannte in Millionen verschiedener Kombinationen. Irgendwo auf der Welt den eigenen genetischen Zwilling zu finden ist also wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Besonders bei Betroffenen mit seltenen Gewebemerkmalen.
  • Aktuell spenden täglich weltweit 22 DKMS-Spender Stammzellen oder Knochenmark. So konnte Betroffenen mehr als 110.000-Mal eine zweite Chance auf Leben gegeben werden. Doch noch immer finden viele Patienten weltweit keinen passenden Spender. Deshalb ist es so wichtig, dass sich möglichst viele Menschen registrieren lassen.
  • So läuft die Spende ab: Es gibt zwei verschiedene Methoden, Stammzellen zu spenden: die periphere Stammzellentnahme und die Knochenmarkentnahme.
  • Die periphere Stammzellentnahme kommt derzeit mit rund 90 Prozent am häufigsten zum Einsatz, so auch bei Lara Weber. Bei dieser Methode werden die Stammzellen über ein spezielles Verfahren (Apherese) aus dem Blut gewonnen.
  • Die Knochenmarkentnahme kommt derzeit in etwa zehn Prozent der Fälle zum Einsatz. Dabei wird den Spendern in einer zertifizierten Entnahmeklinik unter Vollnarkose etwa ein Liter Knochenmark-Blut-Gemisch aus dem Beckenkamm entnommen.
  • Spendernachwuchs dringend benötigt: Als Spender bleibt man bis zum 61. Geburtstag in der Datei gespeichert. Aus Altersgründen werden dieses Jahr rund 135.000 Spender und Spenderinnen aus der Datei ausscheiden.
  • Um diese Lücke zu schließen und die Datei nachhaltig auszubauen, ist Unterstützung gefragt. Ganz besonders junge Menschen sind eingeladen, sich registrieren zu lassen. Denn sie kommen besonders oft für eine Stammzellentnahme infrage. Das ist jederzeit und ganz einfach unter www.dkms.de möglich.