Hamburg. Zwischen Goldbekkanal und Osterbekkanal könnte viel neuer Wohnraum entstehen. Doch nur ein Projekt wird derzeit realisiert.

Das Schinkelquartier ist ein beliebtesWohnquartier im quirligen Winterhude. Angelegt in den 1860er- bis 1910er-Jahren ist es noch heute geprägt von Rotklinkerwohnblöcken und engen Straßen, und die Häuser rund um den Schinkelplatz zählen zu den wenigen erhaltenen Gründerzeit-Beispielen der inneren Stadt.

Nachdem zuletzt an Geibelstraße und Gertigstraße zahlreiche Neubauten entstanden waren, stellte der Bezirk Hamburg-Nord für das Gebiet 2020 eine städtebauliche Erhaltungsverordnung auf. Entsprechend streng sind die Auflagen nun für Bauherren.

In Winterhude könnten rund 250 neue Wohnungen entstehen

Dass diese sich davon bislang nicht haben abschrecken lassen, zeigen mehrere Bauvoranfragen, die seitdem gestellt wurden. Würden allein vier Projekte umgesetzt, für die der Bezirk Hamburg-Nord grünes Licht gab, könnten in dem Quartier in den kommenden Jahren etwa 250 Wohnungen entstehen.

Doch derzeit wird nur ein Projekt umgesetzt. Und auch das scheint zu stocken. Am Kuhnsweg wurde mittlerweile der Bunker abgerissen, der im Zweiten Weltkrieg mitten in eine Häuserzeile gebaut wurde. Erhalten bleiben – als eine Auflage aus der städtebaulichen Erhaltungsverordnung – die Giebelwände und Teile der Fassade, zwischen denen bodentiefe Fenster geplant sind.

Keine Baugenehmigung für Bunker am Kuhnsweg

Auch das Fällverbot für eine Kastanie vor dem Grundstück und dass der Neubau nur ein halbes Stockwerk höher werden darf als der Bunker, schreibt Bauherr Hubertus Heuermann der Verordnung zu. Auf dem Grundstück sollen 20 bis 22 Mietwohnungen entstehen – die Hälfte öffentlich gefördert.

Nur unter dieser Bedingung hatte Heuermann damals den Zuschlag für die Bundesimmobilie erhalten. So sollte vermieden werden, dass hier Luxuswohnungen entstehen – wie es nach den Bunkerabrissen an Forsmannstraße und Poßmoorweg der Fall war. Derzeit wartet Heuermann auf die Baugenehmigung, die nächste Woche erteilt werden müsste, sofern das Bezirksamt die Frist einhalten kann.

Wohnquartier statt Autohaus an Barmbeker Straße geplant

An der Barmbeker Straße lässt ein geplantes Wohnquartier auf sich warten. Wo früher Smart- und Opel-Modelle hinter einer mehrere Etagen hohen Glasfassade präsentiert wurden, sollen künftig fünf- und sechsstöckige Wohnhäuser das Straßenbild prägen.

Das ehemalige Autohaus an der Barmbeker Straße soll abgerissen werden. Stattdessen ist hier ein Quartier mit bis zu 165 Wohnungen geplant.
Das ehemalige Autohaus an der Barmbeker Straße soll abgerissen werden. Stattdessen ist hier ein Quartier mit bis zu 165 Wohnungen geplant. © Marcelo Hernandez

Die Bauanfragen dazu wurden bereits 2021 gestellt. Wie viele Gebäude es sein werden, ist dem Bezirksamt noch nicht bekannt. „Für das Grundstück Barmbeker Straße 35–37 liegen drei gültige Vorbescheide für die Errichtung von 165, 155 bzw. 123 Wohneinheiten vor“, so Sprecher Alexander Fricke.

Bauanträge für Wohnquartier beim Bezirksamt noch nicht gestellt

Trotz der Erhaltungsverordnung wurde die Erhöhung der Häuser um je ein Stockwerk genehmigt – die First- und Traufhöhen der Nachbarbebauung dürfen jedoch nicht überschritten werden. Bauanträge wurden bislang jedoch noch nicht gestellt.

Daher kann das Bezirksamt keine Auskunft darüber geben, welcher Vorbescheid in Anspruch genommen und in welchem Umfang tatsächlich gebaut wird. In allen Fällen seien aber die Fristen für die Geltungsdauer der Vorbescheide, die in Mai und Juni ausgelaufen wären, um ein Jahr verlängert worden.

Mühlenkamp: Gebäude mit Edeka und Budni soll aufgestockt werden

Auch am Mühlenkamp könnten viele Wohnungen entstehen. Auf dem Grundstück Mühlenkamp 4 wurden der Abriss und der Neubau für ein Haus mit zwölf Wohnungen genehmigt, auf dem Grundstück Mühlenkamp 45 könnten sogar 62 Wohnungen entstehen.

Dieses Gewerbegebäude am Mühlenkamp 45 soll aufgestockt und durch Neubauten ergänzt werden.
Dieses Gewerbegebäude am Mühlenkamp 45 soll aufgestockt und durch Neubauten ergänzt werden. © Marcelo Hernandez

Hier sollen Teile des Bestandsgebäudes, in dessen Erdgeschoss Edeka und Budnikowsky sitzen, aufgestockt und durch Neubauten ergänzt werden. Auch 97 Kfz-Stellplätze sind vorgesehen. Laut Bezirksamt gilt die Genehmigung für die Planungen noch bis 13. Dezember 2023.

Winterhude: Initiative kritisiert Leerstände als ärgerlich fürs Quartier

Auch hier ist nicht bekannt, wie es weitergeht. Der langjährige Eigentümer der Immobilien will sich auf Nachfrage nicht dazu äußern. Ähnlich verhält es sich mit den Plänen am Mühlenkamp 4. Auch hier möchten die Bauherren momentan keine Auskunft geben.

„Die Leerstände am Mühlenkamp 4 und in der Barmbeker Straße 35 sind für das Quartier ein großer Ärger“, sagt Bernd Kroll von der Initiative „Unser Mühlenkamp“, der früher auch für die CDU in der Bezirksversammlung saß. „Wenn man sieht, wie großzügig das Bezirksamt Hamburg-Nord in beiden Fällen Ausnahmegenehmigungen erteilt hat, sollte man erwarten können, dass die Bauherren kurzfristig mit den Bauvorhaben beginnen.“

Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz verweist darauf, dass die Bauherren in den vergangenen Jahren erheblich vom Bauboom profitiert hätten. „Nun sind alle gefordert, auch in schwierigeren Zeiten die Voraussetzungen für den Wohnungsbau zu schaffen.“