Nach monatelangen Verhandlungen steht fest: Die Bühne samt Werkstatt bleibt am Flachsland. Jetzt ergeben sich sogar neue Möglichkeiten.

Hamburg. Ein Happy End hat Peter Räcker auf seiner Bühne - dem Hamburger Puppentheater am Flachsland - schon hundertmal erlebt. Momente, in denen sich eine tragische Geschichte zum Guten wendet. In denen scheinbar unlösbare Probleme wie durch Zauberhand gelöst werden. Märchen gibt es nur auf der Bühne, dachte Peter Räcker immer. Jetzt weiß er, dass auch im wahren Leben Wunder möglich sind. Das Hamburger Puppentheater, dem nach Kündigung der Räume im Flachsland das Aus drohte , bleibt.

Die Bühne mit der großen Puppenbauwerkstatt wird weiterhin am Flachsland arbeiten dürfen. Das Gebäude soll künftig von verschiedenen kulturellen Einrichtungen gemeinsam genutzt werden. Das Hamburger Puppentheater wird die Räume weiterhin kostenfrei nutzen können.

Hauptmieter des denkmalgeschützten Gebäudes im Stadtteil Barmbek-Süd wird das Hamburger Konservatorium, unter dessen Dach sich Musikschule und Akademie vereinen und das unter anderem federführend in der Kooperation der Fortbildung von Lehrern im Rahmen der Aktion "Jedem Kind ein Instrument" (JeKi) und Klassenunterricht sowie bei Musikvermittlung ist.

"Wir freuen uns als Musikausbildungsstätte, für Laien und Profis mit Unterstützung der Kulturbehörde einen zusätzlichen Standort in Barmbek gefunden zu haben", sagt Geschäftsführer Markus Menke. "Und wir sind glücklich über die Kooperation mit dem Puppentheater." Geplant ist, ab September in den Räumen am Flachsland ein Angebot für Kinder und Jugendliche anzubieten. Neben klassischer Musik sollen hier Pop- und Rockmusik sowie Angebote für Bands zum Zuge kommen. "Wir wollen ein offenes Haus für den Stadtteil gestalten." Vorstellbar sei auch eine direkte Zusammenarbeit mit dem Puppentheater. So könnten die Studenten des Hamburger Konservatoriums die musikalische Begleitung für das Theater erarbeiten.

Kultursenatorin Barbara Kisseler, deren Behörde den Spielbetrieb mit jährlich 20 000 Euro unterstützt, freut sich, dass eine Lösung für den Erhalt des Puppentheaters gefunden ist. "Das Puppentheater leistet mit seinem Angebot einen wichtigen Beitrag für die Kinder- und Jugendkultur und ist ein hervorragender Ansprechpartner für Schulen und Kitas im Bereich kulturelle Bildung", so die Senatorin. "Mit dem Hamburger Konservatorium haben wir nun einen zusätzlichen Mieter gefunden, der das Haus Flachsland weiter beleben wird. Ich bin sicher, dass dieser Zusammenschluss eine kulturelle Ergänzung für Barmbek und ganz Hamburg sein wird."

Monatelang hatten die ehrenamtlichen Betreiber des Hamburger Puppentheaters, die Arbeitsgemeinschaft für das Puppenspiel, um den Erhalt der über Hamburgs Grenzen bekannten und beliebten Institution gebangt. Der Einrichtung drohte das Aus, nachdem der Bezirk Nord im Juli vergangenen Jahres den Vertag über die Nutzung des Gebäudes gekündigt hatte. Als Mieter des Gebäudes hatte der Bezirk dort das Jugendzentrum untergebracht. Als dieses im vergangenen Sommer in ein neues Gebäude umzog, kündigte der Bezirk. An das Theater, das den Saal bis dahin mietfrei nutzen konnte, dachte keiner. "Sie haben uns schlichtweg vergessen", sagt Peter Räcker. Irritiert und entsetzt seien fast alle Beteiligten gewesen. "Weil im Grunde jeder wollte, dass das Theater bleibt. Nur wo, das konnte keiner so genau sagen."

Am 17. Dezember sollte der letzte Vorhang fallen. Die Nachricht löste in der Theaterszene, bei Besuchern, Pädagogen und Politikern Entsetzen aus. Monatelange Proteste waren die Folge. Gemeinsam mit seinen ehrenamtlichen Kollegen kämpfte Peter Räcker für den Verbleib des Theaters im Haus am Flachsland. Sie schrieben seitenlange Briefe an den Bürgermeister, führten unzählige Gespräche mit Kultursenatorin Barbara Kisseler, sie hängten Protestbanner auf und sammelten Unterschriften. Tausende schlossen sich der Forderung der Arbeitsgemeinschaft für das Puppenspiel, die das Hamburger Puppentheater veranstaltet, an. Im Internet forderten sie: "Ja, das Hamburger Puppentheater muss bleiben."

Bereits im Oktober 2011 zeigte der Protest erste Wirkung. Die Spielzeit wurde auf Druck der Öffentlichkeit bis April 2012 verlängert, die Kosten für den Theaterbetrieb übernahmen die Kultur- und die Sozialbehörde gemeinsam mit dem Bezirk Nord.

Dass das Theater jetzt tatsächlich weiter am Flachsland spielen darf, ist letztendlich der Kulturbehörde zu verdanken, die sich von Anfang an vehement für den Erhalt und Verbleib des Theaters und den damit verbundenen Workshops in Barmbek-Süd engagierte. Denn neben dem Puppenspiel bietet das Theater Kindern, Jugendlichen, Lehrern, Erziehern und Sozialpädagogen Seminare zum Bauen und Spielen von Handpuppen an. "Weil wir davon überzeugt sind, dass Puppenbau und Puppenspiel die Kreativität fördern und somit einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung von Kindern leisten können", sagt Peter Räcker, der auch in Zukunft kleine und große Menschen mit "dieser wunderbaren Theaterform" verzaubern möchte. Mit Geschichten, die ein gutes Ende haben. So wie diese.