Hamburg. Nach dem Skandal auf Sylt wurde auch auf der Schlagerparty rassistisches Lied gesungen. Jetzt sucht die Polizei Zeugen.

Es waren verstörenden Momente, die Sven Freisel am Wochenende auf dem Schlagermove erlebte. Um 17.38 Uhr wurde am Sonnabend an der Straße Pepermölenbek der Song „L‘amour toujours“ von Gigi D‘Agostino gespielt. Rund 50 Menschen hatten laut des Moderators von „Radio Fischmarkt“ in Hamburg „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ skandiert. In einer Gasse in unmittelbarer Nähe sollen zudem acht junge Männer gestanden haben, die mitgegrölt und dabei den rechten Arm zum Hitlergruß ausgestreckt haben.

Diese rassistische Version des 2000er-Hits bekam in der vergangenen Woche durch die Vorkommnisse auf der Nobelinsel Sylt unrühmliche Bekanntheit.

Polizei Hamburg: Veranstalter bestätigt Nazi-Vorfall auf dem Schlagermove

Am Nachmittag bestätigte der Veranstalter gegenüber dem Abendblatt, dass der umstrittene Song auf dem Schlagermove angespielt wurde. „Die DJ-Playlist wurde von einem Mitarbeiter gesichtet und dabei wurde festgestellt, dass das besagte Lied in der circa 30 Jahre alten Originalversion angespielt (28 Sekunden) wurde“, hieß es in einer Stellungnahme.

Der Veranstalter behält sich rechtliche Schritte vor. „Mit dem Verhalten auf dem verursachenden Truck wurden die Grundwerte des Schlagermove, der für Offenheit und Toleranz steht, mit Füßen getreten“, heißt es in einem Statement.

Noch vor Ort erstattete Freisel Anzeige. Beamte der Davidwache nahmen den Fall auf. „Die Polizisten haben den Vorfall sehr ernst genommen“, sagte der Radiomoderator dem Abendblatt. Mittlerweile hat der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen.

Polizei Hamburg sucht Zeugen und hofft auf Video- und Audiomaterial

Die Polizei bittet nun Zeuginnen und Zeugen, die Hinweise zu dem Vorfall geben können, sich an das Hinweistelefon der Polizei unter der Rufnummer 040/428656789 oder an eine Polizeidienststelle zu wenden.

Wer in diesem Zusammenhang auch Video- oder Audioaufnahmen gefertigt hat, wird gebeten, diese an das E-Mail-Postfach des Landeskriminalamts (Staatsschutz@polizei.hamburg.de) zu senden.

Schlagermove 2024: Lied „L´Amour toujours“ hätte gar nicht gespielt werden dürfen

Warum das Lied für rund 60 Sekunden auf dem Schlagermove gespielt wurde, ist noch unklar. Nach Abendblatt-Informationen sind die DJs auf der Straßenparty eigentlich strikt dazu angehalten, Schlagerlieder zu spielen.

In einer Mail an die Truckbetreiber hieß es vor dem Schlagermove: „Gemäß der Startplatzanmeldung haben Sie sich / habt Ihr Euch dazu erklärt nur 70er Jahre- und/oder Kult-Schlager zu spielen. Da wir mit der Zeit gehen müssen, sind wir in den letzten Jahren dazu übergegangen, dass grundsätzlich ein Mix gespielt werden darf: 80 Prozent Kult-Schlager maximal 20 Prozent Pop-Schlager. Die sogenannte Ballermann-Musik gehört NICHT dazu!!! ... Als Truckbetreiber sind Sie / seid Ihr für den Truck-DJ und seine Musik- und Titelauswahl verantwortlich!“.

Schlagermove Hamburg: Nach Songauswahl – scharfe Kritik an DJ

Sven Freisel, der selbst als DJ aktiv ist, hat keinerlei Verständnis dafür, dass ein Kollege aus der Branche so wenig Feingefühl an den Tag legte, wohl wissend, dass der Song „L´Amour toujours“ derzeit im negativen Sinne in aller Munde ist. „Da schäme ich mich als DJ-Kollege. Als ich das gehört habe, war ich auf 180. Gerade vor dem Hintergrund der Vorfälle im Pony Club auf der Insel Sylt. Ich glaube, dass es eine gezielte Provokation des DJ war“, sagt der Moderator, der versuchte, mit seinem Handy den Moment festzuhalten.

Die Tonaufnahme liegt dem Abendblatt vor. Zwar erkennt man grob die Melodie des Hits von Gigi D´Agostino, die rassistischen Textzeilen sind allerdings nicht zu hören.

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Für den Veranstalter ist dieser Nazi-Skandal ein Super-GAU. Noch am Sonntag freuten sich die Macher über den großen Erfolg der diesjährigen Auflage des Schlagermoves. Rund 400.000 Menschen feierten auf den Straßen St. Paulis eine bunte Party voller Glückseligkeit und Frieden. Seit Montagnachmittag liegt jedoch ein dunkler Schatten über der wohl größten Open-Air-Feier Deutschlands.