Hamburg. Die Einrichtung, in der Hamburger die schützende Spritze bekamen, hat viele Superlative vorzuweisen. Die überraschenden Details.

Die weißen Shirts und Sweatshirt-Jacken mit dem roten Aufdruck dürften inzwischen weitgehend verschlissen sein. Noch beliebter als die legere Dienstkleidung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren damals die begehrten Termine im Hamburger Impfzentrum in den Messehallen.

Über diese Einrichtung der Superlative, deren Eröffnung am 5. Januar 2021 Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher als „Wendepunkt der Corona-Pandemie“ bezeichnete, gibt es nun ein Buch, das die Geschichte des gigantischen Impfzentrums erzählt. Und überraschende Fakten verrät.

Corona Hamburg: Etwa 600.000 Hamburger wurden in den Messehallen geimpft

Das offiziell erste deutsche Coronavirus-Todesopfer war ein Hamburger Feuerwehrmann, der während eines Urlaubs in Ägypten starb. Für die meisten ist die Pandemie heute längst Geschichte, viele wollen sich am liebsten gar nicht mehr daran erinnern, doch Herausgeber Thomas D. Boner vom Gesundheitsdienstleister Alanta, der das Impfzentrum im Auftrag der Stadt und der Kassenärztlichen Vereinigung betrieben hat, schreibt im Vorwort: „Dieses Buch ist eine Hommage an all jene, die ihr Bestes geben, um Leben zu retten und unsere Gesellschaft zu schützen.“

Tatsächlich ist die Geschichte des Hamburger Impfzentrums eine Geschichte der Superlative, wie folgende Zahlen zeigen:

  • Etwa 600.000 Hamburgerinnen und Hamburger wurden dort geimpft
  • Fast 1,2 Millionen Impfungen wurden verabreicht
  • An jedem der 239 Tage wurde durchgehend zwischen 8 und 20 Uhr gearbeitet
  • Mehr als 4000 Beschäftigte haben dort gearbeitet
  • Zu Spitzenzeiten waren etwa 450 Mitarbeitende im Dienst
  • 1,4 Millionen Pflaster wurden verklebt
  • 8764 Liter Desinfektionsmittel wurden benutzt
  • 1,55 Millionen FFP-2-Masken wurden verbraucht
  • 1300 Taxis fuhren pro Tag vor

Hamburger Impfzentrum: Mitarbeiter verbrauchten 402.102 Kaffeekapseln

Auch die Verpflegung des großen Teams wurde zur Herausforderung, wie die folgende Aufzählung verdeutlicht:

  • 158.800 Liter Mineralwasser wurden getrunken
  • zudem 251.213 Flaschen Cola und
  • 40.013 Milchshakes
  • 402.102 Kaffeekapseln wurden verbraucht
  • 8640 Tüten Chips wurden gegessen sowie
  • 334.404 Schokoriegel
  • 25.600 Schokohasen wurden über die Ostertage 2021 an die Impflinge verteilt
Die Impftermine im Hamburger Impfzentrum waren straff organisiert.
Die Impftermine im Hamburger Impfzentrum waren straff organisiert. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Hamburger Impfzentrum: Viele Bestimmungen hat man längst wieder verdrängt

Neben vielen Zahlen und Fakten enthält das Buch auch einen Zeitstrahl, in dem noch einmal die Geschichte der Pandemie in Hamburg erzählt wird. Vieles davon haben vermutlich die meisten Hamburgerinnen und Hamburger verdrängt. Am 1. Okober 2020 beispielsweise wurde die Rechtsverordnung erlassen, wonach sich Reiserückkehrer aus Risikogebieten für 14 Tage in Quarantäne begeben mussten.

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Ab 8. Januar 2021 waren Kontakte über den eigenen Haushalt hinaus nur noch mit einer weiteren Person erlaubt. Am 24. Februar 2021 verschärfte der Senat die Maskenpflicht. Zu festgelegten Zeiten musste die Nasen-Mund-Bedeckung auch an touristischen Plätzen, etwa an den Landungsbrücken, im Stadtpark oder an der Elbe getragen werden – auch beim Joggen. Dazu wurden überall Plakate aufgestellt oder entsprechende Piktogramme auf den Boden gemalt.

Corona-Impfzentrum: Auch eine Burlesque-Tänzerin arbeitete dort mit

Viele Menschen aus dem Team erzählen, wie sie die Zeit erlebt haben. Katrin Breer, Leiterin des Care-Teams, schreibt: „Ständig kamen neue Kolleginnen und Kollegen dazu, die unterschiedlichsten Leute: ein emeritierter VWL-Professor, der war im Ruhestand und sagte, er wolle etwas zurückgeben. Seine größte Freude war es, den Impflingen zum Schluss einen guten Heimweg zu wünschen.“

Daneben hätten dort Musicaldarsteller gearbeitet, Menschen aus der Gastronomie- und Veranstaltungsbranche, 18-Jährige, die gerade Abitur gemacht hatten. „Und Menschen wie Eve Champagne. Sie ist Burlesque-Tänzerin auf St. Pauli und sagte, mit so viel Stoff am Körper arbeite sie sonst nie“, so Breer.

Corona in Hamburg: Was mit der ersten Ampulle mit Impfstoff geschah

Benjamin Laatzen, der organisatorische Leiter des Impfzentrums, schreibt: „Wir hatten zwei Ziele. Das Impfzentrum sollte ein Ort der Hoffnung sein. Und die Menschen sollten sich nach der ersten Impfung auf die zweite Impfung freuen. Wir haben gelernt, was es für Freude macht, anderen eine Freude zu machen. Und bei den meisten haben wir das geschafft. Ein wichtiger Faktor war die Dankbarkeit der Menschen für dieses Angebot. Das ergab ein sich selbst verstärkendes System: Anerkennung für die Arbeit, mehr Freude daran, Freude, die zu den Impflingen zurückkam.“

Die allererste geleerte Ampulle wurde übrigens später in Plexiglas gegossen und Dirk Heinrich, dem Ärztlichen Leiter des Impfzentrums, für seinen Schreibtisch überreicht.

Thomas D. Boner (Herausgeber): Das Hamburger Impfzentrum. Ein Ort der Solidarität und Zuversicht. Ellert& Richter Verlag, 12 Euro