Hamburg. Mit dem Rauchen aufhören, weniger Stress, mehr Sport: Hamburger Psychologin verrät Tricks und erklärt, was unnötig unter Druck setzt.

Mehr Sport, weniger Alkohol und keine Zigaretten, mehr Gemüse, weniger Stress: Zwei Drittel der Deutschen haben Studien zufolge für das neue Jahr gute Vorsätze gefasst. Doch wie verhindert man, dass man diese schon Ende Januar wieder bricht? „Es hilft, den Vorsatz so konkret wie möglich zu formulieren“, sagt Asklepios-Expertin Nicole Plinz. „Statt sehr allgemein von gesunder Ernährung zu sprechen, sollte man sich also zum Beispiel vornehmen, jeden Tag einen Apfel zu essen.“

Es sei gut, in kleinen Schritten zu denken und sich erreichbare Ziele zu setzen, sagt die therapeutische Leiterin des Zentrums für Stressmedizin am Asklepios Klinikum Harburg, die auch die entsprechende Tagesklinik in St. Georg führt.

Tipp: Gute Vorsätze so konkret wie möglich formulieren – außer beim Gewicht

Dann könnte man sich also beispielsweise vornehmen, binnen eines Jahres zehn Kilo abzunehmen? „Nein“, sagt die Psychologin, „davon würde ich abraten. Das ist zwar konkret, setzt aber unnötig unter Druck.“ Außerdem solle man sich bewusst fragen, warum man sein Gewicht reduzieren möchte. „Geht es wirklich um die eigene Gesundheit oder macht man das, um einem trügerischen Idealbild zu entsprechen.“

Oder lieber nichts vornehmen, weil man dann auch nicht scheitert? „Grundsätzlich ist es eine tolle Fähigkeit, dass sich der Mensch verändern kann und will“, sagt die Achtsamkeitstherapeutin, die auch systemische Coachin ist. „Kein Dackel kann sagen: Oh, 2024 lebe ich jetzt mal bewusster.“ Insofern seien Vorsätze positiv. „Man darf nur nicht unterschätzen, wie schwierig sich die nachhaltige Umsetzung gestaltet. ‚Ich ernähre mich ab jetzt gesund‘ ist ein kurzer Satz, schnell dahingesagt. Aber dahinter verbirgt sich eben ein Riesenprojekt.“

Expertin: Familie und Freunde über Neujahrsvorsätze zu informieren, hat Vor- und Nachteile

Von zehn Menschen, die sich dies vornehmen, schaffe es statistisch einer, sagt die Expertin. „Positiv betrachtet: Es ist also möglich. Aber es braucht Willenskraft und womöglich auch Unterstützung.“ Insofern sei es auch von Vorteil, Freunde und Familie über die eigenen Vorsätze zu informieren. „Einerseits könnte es den Druck erhöhen, was nicht gut ist. Andererseits bekenne ich mich vor Zeugen zu meinem Ziel“, sagt Nicole Plinz.

Es sei wichtig, sich darauf einzustellen, dass es Tage geben wird, an denen man die Vorsätze nicht umsetzen werde. „Da könnte man dann die Freundin oder den Bruder fragen: Können wir verabreden, dass du mich erinnerst?“

Hamburger Psychologin: Achtsamkeit heißt nicht Selbstfürsorge

Viele Menschen haben sich für das neue Jahr vorgenommen, achtsamer durch das Leben zu gehen. „Das ist natürlich sehr gut“, sagt Nicole Plinz, die sich schon mit Achtsamkeit beschäftigt hat, lange bevor es zu einem Modewort wurde. „Allerdings gibt es da mittlerweile ein Missverständnis: Achtsamkeit meint nicht Selbstfürsorge. Es geht also nicht um die durchaus wichtige Kunst, die eigenen Bedürfnisse zu verstehen. Es geht um Empathie und ein Bewusstsein dafür, dass es dem gesamten Umfeld gut ergeht.“

Achtsamkeit erlernen, das ist ein lebenslanger Prozess. Mittlerweile gebe es jedoch auch sehr gute Apps, zum Beispiel Headspace, mit denen man üben könne. „Es kommt nicht über Nacht. Achtsamkeit muss ich in mir kultivieren. Sie ist wie ein Garten, um den ich mich kümmern muss.“

Tipps von Asklepios-Expertin: Das sind Warnsignale für zu viel Stress

Doch woran erkenne ich, dass ich zu viel Stress habe? „Stress ist ja erst einmal nur die gesunde Antwort des Organismus auf Herausforderungen. Reicht aber beispielsweise ein Wochenende nicht mehr, um sich zu erholen, ist man häufig vermeintlich grundlos übel gelaunt und zeigen sich körperliche Reaktionen wie Atemnot und Herzrasen, dann sollte man, bitte, dringend einen Arzt aufsuchen“, sagt die Expertin, die in der Tagesklinik vor allem Patienten in der herausfordernden Mitte des Lebens, vom Gleisarbeiter bis zum Bankdirektor, behandelt.

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Auch die angespannte Weltlage mit Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten belastet viele Menschen, berichtet die Achtsamkeitstherapeutin. „Man kann den Bildern ja manchmal kaum entfliehen. Selbst im Sportstudio oder in der U-Bahn sieht man sie auf den Monitoren.“ Es sei hilfreich, sich zu hinterfragen und herauszufinden, wann und wie oft man sich informieren wolle. „Vielleicht nicht immer so nebenbei noch aufs Handy schielen und die neuen Nachrichten inhalieren, sondern lieber bewusst wahrnehmen“, rät Nicole Plinz.