Hamburg. Betroffene und Mitstreiter wollen am 13. Januar auf besonderes Leiden aufmerksam machen. Warum sie sich vor das Rathaus legen.

Zum sogenannten Trauergang kommen am Sonnabend, 13. Januar, Menschen in die Innenstadt von Hamburg, um auf ihre schweren Erkrankungen aufmerksam zu machen. Erkrankungen wie Long Covid oder Chronische Fatigue, für die in der Gesellschaft häufig das Verständnis fehlt.

Long Covid, Post Covid und die schwerste Form der Chronischen Fatigue, ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis) – egal, wie die Bezeichnung lautet: Es sind schwere neuroimmunologische Erkrankungen, die oft zu einem hohen Grad körperlicher Behinderung führen und die Betroffenen völlig aus dem Leben reißen.

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Demo in Hamburg: Wer unter Long Covid leidet, kann oft kein normales Leben führen

Wer darunter leidet – etwa nach einer Corona- oder nach einer anderen Virusinfektion – kann meistens kein normales Leben mehr führen. Betroffene berichten von dem „Monster danach“: Erkrankte fühlen sich, als hätten sie eine Grippe, die nie wieder weggeht – häufig mit Halsschmerzen, erhöhter Körpertemperatur, Konzentrations- und Gedächtnisproblemen, Wortfindungs- und Artikulationsstörungen, Schwindel, Ohnmacht, außerdem Gelenk-, Muskel-, Nerven- und Kopfschmerzen.

Wer an Long Covid oder Chronischer Fatigue etwa nach einer Virusinfektion erkrankt ist, ist chronisch erschöpft. Manche können ihr Leben nur noch im Bett verbringen.
Wer an Long Covid oder Chronischer Fatigue etwa nach einer Virusinfektion erkrankt ist, ist chronisch erschöpft. Manche können ihr Leben nur noch im Bett verbringen. © Initiative LiegendDemo | Initiative LiegendDemo

Die Krankheit ist noch wenig erforscht und wird häufig mit Depressionen verwechselt. „Wir fallen durch die Ignoranz der Erkrankung durch die Ärzteschaft durch sämtliche sozialen Netze. Gutachter bescheinigen uns Lustlosigkeit und Schmarotzertum“, so Gritt Buggenhagen. Die 53-Jährige aus Berlin leidet seit einer Grippeinfektion 2001 unter ME/CFS und hat die Initiative LiegendDemo gegründet.

Hamburger Rathaus: Teilnehmer wollen den Opfern von Chronischer Fatigue gedenken

Wer noch genug Energie hat, um auf die Straße zu gehen, wird am Sonnabend, 13. Januar, ab 13 Uhr bei der Demo dabei sein. „Damit wollen wir an die Menschen denken, die durch schwere und schwerste ME/CFS ihr Leben verlieren. An diejenigen, die gestorben sind, und an diejenigen, die dem Tod näher als dem Leben sind, diejenigen, die völlig unterversorgt oder weitgehend unversorgt ihr Bett oder ihre Wohnung nicht mehr verlassen können“, sagt Buggenhagen.

Das Schlimme an der Erkrankung: „Es gibt keine Therapien, keiner Anerkennung und verschwindend wenig Forschung.“

Chronische Fatigue: Protestierende schaffen nicht mehr als 400 Meter Strecke

Und weil das Thema ernst und die Erkrankung schwer ist, wollen die Unterstützenden und die Betroffenen am Demonstrationstag mit gedeckter Kleidung und Sonnenbrille rund 400 Meter vom Anleger Jungfernstieg durch die Alsterarkaden schweigend bis zum Rathaus in Hamburg gehen.

Dort wollen sich alle Demonstrierenden fünf Minuten lang auf den Boden legen. Das ist sinnbildlich für ihr Leiden. Denn die Betroffenen fühlen eine bleierne Erschöpfung. Raffen sie sich an guten Tagen dennoch auf und muten sich zu viel zu, kommt die Quittung dafür prompt: Dann verschlimmern sich alle Beschwerden. Nichts geht mehr. Das sind sogenannte Crashs — diese sind typisch bei Long-Covid-Patienten.

Hamburger Mediziner: Herpes kann Chronische Fatigue auslösen

Der Eimsbütteler Mediziner Dr. Christof Ziaja behandelt Menschen, die am Chronischen-Fatigue-Syndrom leiden. „Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung. Keinesfalls um eine psychische Erkrankung“, sagt er. „Diese kann genauso durch Herpesviren oder das Epstein-Barr-Virus ausgelöst werden.“

Er wird ebenfalls an der Demo teilnehmen, „weil nach wie vor die schwerst betroffenen, bettlägerigen Long-Covid-Patienten aus dem Fokus der Aufmerksamkeit der Gesellschaft verschwinden und vergessen werden.“ Es fehle an Fördermitteln und Forschung in diesem Bereich.

Weil die Erkrankten körperlich kaum belastbar sind, machen die Veranstalter der Demo darauf aufmerksam, dass wer zu schwach ist, um die 400 Meter zu laufen, einfach am Rathausmarkt auf den Demonstrationszug warten kann. Wer selbst nicht in der Lage ist, an dem Protest teilzunehmen, kann stellvertretend jemanden zum Trauergang schicken.

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Grit Buggenhagen: „Die Erkrankten können selbst selten demonstrieren. Wir haben einfach die Kraft nicht dafür oder müssen für den Tag mit heftigen, mitunter bleibenden körperlichen Schäden rechnen. Deshalb suchen wir Menschen, die stellvertretend für uns daran teilnehmen.“

Long Covid: Trauergang auch vor dem Bundestag im Mai geplant

Weitere Trauergänge sind in diesem Jahr unter anderem in Düsseldorf, Frankfurt, Leipzig, Wiesbaden, Wien und Heidelberg geplant. Am 11. Mai soll vor dem Deutschen Bundestag protestiert werden.

Um weiterhin Demonstrationen organisieren zu können, braucht die Initiative Geld. Wer mag, kann dabei finanziell helfen und spenden.