Hamburg. Die Hamburgerin Setty Mois zeigt sich auf Clubbühnen – und auf Pro Sieben. Wie sie dazu kam und was die Zuschauer lernen sollen.

Acht selbstbewusste, hübsche Frauen treffen auf acht zurückhaltende „Nerds“: Zusammen bewältigen sie in Zweier-Teams diverse Aufgaben, wohnen während der Dreharbeiten zusammen in einer schicken Villa und sollen voneinander lernen.

Das ist das Konzept der TV-ShowBeauty and the Nerd“ auf Pro Sieben – zumindest offiziell. Denn natürlich kommt es auch immer wieder zu Situationen, in denen Fremdscham oder Spott provoziert werden.

„Beauty and the Nerd“: Kiez-Tänzerin aus Hamburg gewinnt TV-Show auf Pro Sieben

Sechs Wochen lang lief die Sendung jeden Donnerstag zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr, Anfang August wurde dann schließlich die Final-Folge ausgestrahlt. Burlesque-Tänzerin Setty Mois (25) aus Hamburg hat gemeinsam mit ihrem Teampartner Samuel Schneider die Show und damit 50.000 Euro gewonnnen.

Dem Abendblatt verrät sie, was sich hinter den Kulissen abspielte, was ihr Job bei Olivia Jones mit dem Format zu tun hat und wie es ist, sich regelmäßig auf dem Hamburger Kiez auszuziehen.

Vom Kiez ins Fernsehen: Management von Olivia Jones fragte bei ihr an

Hamburger Abendblatt: Wie kamen Sie darauf, sich bei dieser Show zu bewerben?

Setty Mois: Das Management von Olivia Jones sagte zu mir: ,Hey Setty, da sucht jemand, hättest du Bock, dich da zu bewerben?’ – und das habe ich dann auch gemacht. Ich musste erst mal für mich persönlich eine Reise durchleben und in mich reinfühlen, ob ich das überhaupt möchte. Also: Trash TV im Generellen mitzumachen. Schließlich habe ich mir dann gedacht: ,Sei selber die Veränderung, die du dir wünschst’ – und habe mich dafür entschieden.

„Beauty and the Nerd“: Trash TV – „man macht sich so seine Gedanken“

Wie haben Sie sich im Vorhinein gefühlt? Hatten Sie Sorgen oder Ängste?

Ich glaube, davon hat man immer ein paar. Ich bin ein reflektierter Mensch und mache mir natürlich auch Sorgen darüber, wie nachher alles im Außen wirkt. Natürlich hat man auch das eine oder andere Vorurteil, wenn es um Trash TV geht. Vielleicht auch, weil man denkt, dass man da wild zusammengeschnitten wird und irgendwelche Aussagen aus dem Kontext genommen und anders verwendet werden.

Das war mein allererstes großes Format, und deshalb kann man es mit nichts vergleichen. Dann fragt man sich natürlich, wie man für die Leute wirkt – auch wenn es danach um Social Media geht. Wir wissen ja alle, dass das Internet nicht immer der netteste und respektvollste Ort ist, und ich bin ein sehr sensibler Mensch. Also ja, man macht sich so seine Gedanken.

„Leute sahen im Fernsehen so aus, wie sie wirklich waren – nur extremer“

Nachdem, was man letztendlich auf dem Bildschirm gesehen hat, waren Sie eine der wenigen Frauen in der Villa, die immer gut gelaunt und fröhlich waren. Stimmt dieser Eindruck, oder war der Schnitt einfach sehr gnädig?

Ich glaube, dass jede Persönlichkeit, so wie sie in der Villa war, auch nachher so im Fernsehen gezeigt wurde – nur halt ein bisschen übertrieben. Man muss sich vorstellen: Drei Drehtage sind für eine Folge angesetzt, also für 120 Minuten, und da zeigt man nicht das Gespräch in der Mitte, sondern man zeigt alle Höhe- und Tiefpunkte.

Nachher sahen die Leute so im Fernsehen aus, wie sie auch wirklich waren. Nur eine Nummer extremer. Ich bin also zum Beispiel schon ein entspannter Mensch, aber da wurde ich wahrscheinlich noch entspannter dargestellt – vor allem dann im Vergleich zu den anderen. Deswegen würde ich schon sagen, dass das stimmt.

Gab es trotzdem Momente, die Sie richtig genervt haben?

Wenn Beautys gemein zu ihren Nerds waren. Solche Momente frustrieren mich, weil ich sehe, dass es jemandem nicht gut geht – wegen des Verhaltens von jemand anderem.

„Beauty and the Nerd“: Teilnehmer wussten nicht mal, wie spät es ist

Setty Mois mit ihrem TV-Partner, dem „Nerd
Setty Mois mit ihrem TV-Partner, dem „Nerd" Samuel. Das Team hat die TV-Show „Beauty and the Nerd“ gewonnen. © ProSieben/Benjamin Kis

Durften Sie Handys mit in die TV-Villa nehmen?

Die mussten wir abgeben. Wir durften nicht mal Zettel und Stift oder so was mitnehmen. Aber ich habe das Handy überhaupt nicht vermisst. Manchmal hätte ich gerne gewusst, wie spät es ist, denn wir hatten tatsächlich nicht mal Uhren vor Ort. Man wusste nicht, ob es jetzt morgens um sieben oder morgens um zehn ist. Wobei, die Jungs wussten das schon, weil sie wussten, wie die Sonne steht. Bei mir war es entweder hell oder dunkel.

Nun gibt es ja auch kritische Stimmen zu diesem Format. Konkret muss die Show sich den Vorwürfen stellen, veraltete Klischees in sehr vereinfachter Form zu reproduzieren – und auch zu überspitzen. Schon alleine die Überschrift stellt zwei Stereotype ja sehr gegenüber. Was ist Ihre Meinung dazu?

Ich kann das irgendwo nachvollziehen, aber was wäre denn eine Gegenüberschrift? Es muss ja eine Überschrift sein, die ein bisschen catcht, womit man sich entweder identifizieren kann oder auch nicht identifizieren kann. Und ich finde, wenn man sich dann die Serie anschaut, lernt man ganz viel, nämlich Schubladen aufzumachen – sowohl bei den Beautys, als auch bei den Nerds. Es geht ja gerade darum, Vorurteile loszulassen und vielleicht auch den Zuschauer ein bisschen aus der Reserve zu locken.

Könnten Sie sich vorstellen, an weiteren TV-Formaten teilzunehmen?

Ja! Was ich wirklich so unglaublich cool finden würde, wäre, wenn man meine beiden Leidenschaften – Fernsehen und Tanz – miteinander verbindet. Das wäre dann natürlich „Lets Dance“. Diese Show würde ich unglaublich gerne machen. Ansonsten mag ich aber auch Sachen, bei denen ich selbst an meine Grenzen komme – also so etwas wie Dschungelcamp.

Kiez: Hamburgerin arbeitet als Burlesque-Tänzerin bei Olivia Jones

Nach Ihrer Zeit bei „Beauty and the Nerd“ sind Sie wieder nach Hamburg zurückgekehrt – genauer gesagt, auf den Hamburger Kiez, wo Sie in einem Club von Olivia Jones als Burlesque-Tänzerin arbeiten. Wie sind Sie zu der Kiez-Ikone gekommen?

Vor knapp fünf Jahren habe ich ein Casting mitgemacht, bei dem die Olivia-Jones-Familie nach neuen Gesichtern für einen neuen Laden gesucht hat. Ich konnte dann mit meiner Kunst und meiner Persönlichkeit überzeugen. Zwei Jahre später habe ich dann sogar die künstlerische Leitung übertragen bekommen. Ich bin jetzt also die Moderatorin am Abend, die, die singt und tanzt, mache das Booking für die Künstlerinnen und einige andere Sachen.

Setty Mois (M.) arbeitet auf dem Kiez als Burlesque-Tänzerin für Olivia Jones.
Setty Mois (M.) arbeitet auf dem Kiez als Burlesque-Tänzerin für Olivia Jones. © Marius Röer | ROEER

Was genau unterscheidet Burlesque-Tanz von einem Strip? Denn auch dafür gibt es ja auf dem Kiez viele Adressen.

Burlesque und Strip sind quasi Schwestern. Wir sagen immer: Das Strippen zelebriert das Nacktsein, und wir als Burlesque-Tänzerinnen zelebrieren das Ausziehen. Wir arbeiten also in einem ähnlichen Bereich, aber es ist doch irgendwo ganz anders, zumal sich das Publikum auch extrem unterscheidet. Das besteht bei einem Strip normalerweise zu mindestens 90 Prozent aus Männern. Und darum geht es da auch, die Bestätigung der männlichen Lust und des männlichen Auges.

Bei uns ist es andersrum. Es geht darum, sich selber auf der Bühne zu feiern, zu zelebrieren, seinen Körper zu zeigen, zu leben. Das zieht vor allem Frauen an. Ich würde sagen, unser Publikum ist zu 70 bis 80 Prozent weiblich. Und auf unserer Bühne findet man auch alle Körper und Schönheitsideale. Also ist es egal, ob man 18 oder 98 ist, wie viele Kilo man wiegt, wo man welche Dellen hat, wo was hängt, wen man liebt, welche Hautfarbe man hat. Je diverser, desto besser.

„Beauty and the Nerd“: Mutter von Gewinnerin schneidert ihre Tanz-Kostüme

Wie hat Ihre Familie darauf reagiert, als Sie erzählt haben, dass Sie beruflich tanzen möchten?

Also ich war noch sehr jung. Bei meinen Eltern habe ich das erste Mal mit 13 Jahren erzählt, dass ich mich gerne auf der Bühne ausziehen möchte (lacht). Mein Vater hat das damals erst mal nicht ganz so ernst genommen. Der hat sich nicht aufgeregt, fand das jetzt aber auch nicht toll. Er hat einfach gedacht: ,Alles klar, die kleine Maus ist 13 Jahre alt, wir haben noch fünf Jahre, bis sie das legal machen darf. Wir regen uns mal noch nicht auf.’

Meine Mutter war direkt voll dabei. Sie ist Schneiderin und macht auch all meine Kostüme. Von ihr habe ich mitgenommen, dass man gut ist, wie man ist. Und wenn man selbst mit sich glücklich ist, dann wird man meiner Meinung nach auch zu einem guten Menschen.

Alle Folgen von „Beauty and the Nerd“ können auf der Streaming-Plattform Joyn nachträglich gestreamt werden.