Eigentümer kann inzwischen deutlich mehr Mietern Ersatzwohnungen anbieten. Die Zwangsevakuierung der Esso-Häuser hat offenbar eine Solidaritätswelle der Hamburger Wohnraumwirtschaft ausgelöst.

Hamburg. Die Fassade marode, die Balkone mit Holzbalken abgestützt, drum herum Absperrgitter und Wachposten, die den Zugang zu den einsturzgefährdeten Esso-Häuser am Spielbudenplatz verwehren. Ohne Grund würde wohl kaum einer die Gebäude betreten – zu offensichtlich ist der schlechte Zustand, in dem sie sich befinden.

Doch die Wohnungen müssen noch leer geräumt werden. Nach der Zwangsevakuierung in der Nacht vom 14. auf den 15. Dezember durften die Bewohner nur das Nötigste aus ihrem ehemaligen Zuhause holen. Am Dienstag beginnen nun die Umzugsmaßnahmen, die aus Sicherheitsgründen nicht von den Mietern selber durchgeführt werden. Sie dürfen die Umzugsunternehmen lediglich begleiten. Am heutigen Montagvormittag erfolgt eine Begehung der Häuser durch die Bauprüfabteilung des Bezirksamts Hamburg-Mitte. „Ich gehe davon aus, das deren Ergebnisse uns ermöglichen, die Häuser innerhalb von zwei Wochen zu räumen“, sagt Bernhard Taubenberger von der Bayerischen Hausbau, die den Gebäudekomplex 2009 gekauft hatte und dort neu bauen will.

76 Wohnungen müssen ausgeräumt werden. Die meisten Mieter sind mittlerweile in zwei Hotels am Hauptbahnhof untergekommen, der Rest privat. Außerdem wurden laut Taubenberger eine Reihe von Individuallösungen gefunden: So wurde etwa für Mieter, die sich nicht von ihren Haustieren trennen wollten, ein Hotel an der Reeperbahn angemietet, das Tiere duldet.

Um sich keiner Kritik im Umgang mit ihren Mietern auszusetzen, unterstützt die Bayerische Hausbau diese auch über die Suche nach Ersatzunterkünften hinaus: Neben den Übernachtungskosten übernimmt sie auch die Kosten für das Frühstück und zahlt den Mietern darüber hinaus pro Person und Tag 15 Euro für Verpflegung; diese wird wöchentlich vor Ort bar ausgezahlt. Privat untergekommene Mieter bekommen eine Pauschale von 35 Euro pro Tag und Person; diese wird für 14 Tage im Voraus auf Anforderung überwiesen. „Unsere Buchhaltung hat vor Weihnachten und zwischen den Jahren Sonderschichten auf sich genommen, um einen möglichst zügigen Fluss der Zahlungen zu gewährleisten“, so Taubenberger. Um die finanzielle Situation der Mieter zu stabilisieren, wolle man ihnen ferner die halbe Dezembermiete sowie die Kaution zurücküberweisen.

Die Zwangsevakuierung der Esso-Höuser hat offenbar eine Solidaritätswelle der Hamburger Wohnraumwirtschaft ausgelöst. „Wir konnten unseren Mietern in den vergangenen beiden Wochen deutlich mehr Ersatzwohnungen als bislang anbieten“, heißt es seitens der Bayerischen Hausbau. Sie hatte sich bereits im Sommer verpflichtet, über die steg Hamburg jedem Mieter drei Ersatzwohnungen zur Auswahl anzubieten, bei unbefristeten Mietverträgen bestehe ein Anspruch auf eine Wohnung auf und um St. Pauli.