Senatorin Jutta Blankau (SPD) über das umstrittene Preisniveau der Internationalen Gartenschau – und wie sie mehr Gäste nach Wilhelmsburg locken will.

Hamburg. Mit Rabattaktionen und einer Art Tageskarte für die Monorailbahn soll die Internationale Gartenschau (igs) in Wilhelmsburg mehr Besucher anlocken. Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) geht im Abendblatt-Interview trotzdem davon aus, dass für die Hansestadt am Ende ein Minus bleiben wird.

Hamburger Abendblatt: Haben Sie die Mitarbeiter Ihrer Behörde schon verpflichtet, die igs zu besuchen?
Jutta Blankau: Nein, eine Pflicht gibt es nicht. Aber viele meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren schon vor der Eröffnung auf der igs und haben die Monorailbahn ausprobiert. Ich gehe also davon aus, dass ein Großteil die Schau schon besucht hat.

Die oppositionelle CDU hat vorgeschlagen, Behördenmitarbeiter zu einem igs- Besuch zu „bewegen“.
Blankau: Es ist richtig, dass viele Abteilungen aus Hamburger Behörden einen Betriebsausflug zur Gartenschau machen.

Ärgert es Sie, dass die igs in den Medien so schlecht wegkommt?
Blankau: Ein wenig schon. Fast jeder, der die Gartenschau besucht hat, ist begeistert. Ich übrigens auch. Die Internationale Gartenschau ist für mich ein stadtentwicklungspolitisches Projekt und richtig gut gelungen. Schade, dass die igs gelegentlich auf eine Diskussion über die Höhe der Eintrittspreise reduziert wird.

Was sind die Probleme?
Blankau: Unser Hauptproblem – und die Auswirkungen spüren wir immer noch – war das schlechte Wetter kurz vor der Eröffnung der igs und in den ersten Wochen danach. Der Spätwinter hat letzte Arbeiten verzögert. Der viele Regen im April und Mai verhinderte, dass die Besucher in Scharen kamen.

Kritiker bemängeln aber auch bei Sonnenschein die hohen Eintrittspreise. Ein Tagesticket kostet 21 Euro.
Blankau: Die Eintrittspreise und die anvisierte Besucherzahl von insgesamt 2,5 Millionen Gästen haben die Vorgängersenate festgelegt. Wir sind daran gebunden. Aber ich sage auch: 21 Euro für ein Tagesticket sind ein angemessener Preis. In Schwerin, wo es 2007 eine igs gab, kostete das Tagesticket 16 Euro. Inzwischen sind sechs Jahre vergangen. Außerdem ist die Kaufkraft in Schwerin geringer als in Hamburg.

Trotzdem stößt der Preis vielen unangenehm auf …
Blankau: Bitte vergessen Sie nicht, dass es im Rahmen der igs viele qualitativ hochwertige Veranstaltungen gibt. 21 Euro für den Besuch der Gartenschau und eines Konzerts von Ulrich Tukur – im Stadtpark bezahlen die Besucher mehr. Aber es ist richtig, dass wir uns angesichts der zu geringen Besucherzahlen Gedanken machen. Wir müssen uns beispielsweise fragen, ob es in einer Metropole wie Hamburg für eine igs nicht zu viele Konkurrenzveranstaltungen gibt.

Bislang haben erst 652.000 Menschen die igs besucht. Ist nicht jetzt der Zeitpunkt, die Preise zu senken, um die Zahl der Besucher zu steigern?
Blankau: Wir werden die Preise nicht generell senken. Das wäre ungerecht jenen gegenüber, die in den vergangenen Monaten die igs besucht haben.

Was aber tun Sie dann?
Blankau: Wir haben den Preis für die Dauerkarte halbiert. Sie kostet jetzt nur noch 50 Euro. Zudem gilt die Feierabendkarte für neun Euro bereits ab 17 Uhr statt wie früher ab 18 Uhr. Wenn Oma und Opa mit ihrem Enkel die igs besuchen, müssen für eine erwachsene Person nur 17 Euro bezahlt werden. Und wer einen Schulanfänger auf die igs begleitet, spart zehn Prozent. Hinzu kommen Rabattaktionen mit dem Hamburger Verkehrsverbund und der Drogeriemarktkette Budnikowsky.

Auch der Zusatz-Preis für die Monorailbahn steht heftig in der Kritik.
Blankau: Die Bahn erfreut sich großer Beliebtheit. Mehr als jeder zweite Besucher ist mit ihr gefahren. Unglücklich war, dass man für 7,50 Euro nur eine Tour machen konnte. Das haben wir jetzt geändert. Wer ein Ticket für die Monorailbahn kauft, kann so lange fahren, wie er will.

Gibt es jetzt, kurz nach der Halbzeit, eine Schätzung, wie hoch die Besucherzahl am Ende sein könnte?
Blankau: Nein, so eine Schätzung gibt es derzeit nicht. Ich möchte, dass so viele Besucher wie nur möglich kommen.

Ursprünglich wurde mit 2,5 Millionen Besuchern und Einnahmen in Höhe von rund 50 Millionen Euro kalkuliert. Am Ende wird ein Minus bleiben.
Blankau: Ja, damit rechne ich. Es wird eine Deckungslücke geben, die ich aus dem Budget der Stadtentwicklungsbehörde nicht bezahlen kann.

Wo wird gespart werden, um den Fehlbetrag auszugleichen?
Blankau: Finanzsenator Peter Tschentscher wird das entscheiden. Die Internationale Gartenschau war in erster Linie immer ein stadtentwicklungspolitisches Projekt. In Kombination mit der Internationalen Bauausstellung wurde Wilhelmsburg entwickelt und aufgewertet. Am Ende wird ein wunderschöner, kostenlos zugänglicher Park bleiben. Diesen hätte die Stadt sowieso finanzieren müssen.

Also spielen ökonomische Aspekte bei der igs eigentlich keine Rolle?
Blankau: Natürlich geht es uns bei der Gartenschau auch um finanzielle Einnahmen und um einen sorgsamen Umgang mit Steuergeldern. Aber ich erinnere noch einmal daran: Der Gartenschau- Park wird bleiben. Schon heute wächst Wilhelmsburgs neue Mitte um die igs herum. Wenn wir die Wilhelmsburger Reichsstraße wie geplant verlegen, können dort bis zu 5000 neue Wohnungen errichtet werden.

Wofür Sie als Bausenatorin auch zuständig sind. 6000 neue Wohnungen hat die SPD jedes Jahr versprochen. Wie ist der aktuelle Stand der Dinge für 2013?
Blankau: In diesem Jahr wurde bislang der Bau von 4640 Wohnungen genehmigt, und ich glaube, dass wir bei den Baugenehmigungen am Jahresende die 8000er-Marke überschreiten werden. Im vergangenen Jahr zählten wir 8731 Baugenehmigungen.

Baugenehmigungen sind nicht gleichzusetzen mit fertiggestellten Wohnungen. Glauben Sie, dass in dieser Legislaturperiode die im Wahlkampf 2011 versprochene Zielzahl von 6000 fertiggestellten Wohnungen noch erreicht wird?
Blankau: Man braucht in der Tat zwei bis drei Jahre von der Baugenehmigung bis zur Wohnungsübergabe. Aber ich bin optimistisch, dass wir im kommenden Jahr auch die 6000 fertigen Wohnungen schaffen werden.

Mieterverein und Sozialverbände sprechen von einer Wohnungsnot in Hamburg. Übertreiben sie?
Blankau: Niemand bestreitet, dass es im bezahlbaren Segment Wohnungsmangel gibt. Wir werden in den angesagten Stadtvierteln wie Winterhude, Eppendorf oder St. Georg auf absehbare Zeit sicher auch keine Leerstände von günstigen Wohnungen haben. Aber wenn man etwas vom Zentrum weggeht, findet sich durchaus bezahlbarer Wohnraum. Es gibt Angebote in der Stadt, allerdings vielleicht nicht immer dort, wo man wohnen möchte.

Auch weil an vielen Stellen ziemlich verdichtet und oftmals zum Leidwesen der angestammten Einwohner gebaut wird?
Blankau: Bei Bauprojekten ist mir die frühzeitige Einbindung der Anwohner ein Herzensanliegen. Wir haben damit in vielen Fällen gute Erfahrungen gemacht. Aber nicht jeden Betroffenen können wir überzeugen. Dann haben diejenigen Bürger die Möglichkeit, den Rechtsweg zu beschreiten. Eines allerdings wundert mich: Die meisten Menschen in dieser Stadt sind sich darüber einig, dass Wohnungen gebaut werden müssen. Wenn es aber sie selbst betrifft, dann gibt es oftmals Proteste. Politik muss das ernst nehmen, aber auch entscheiden.