Die Gästeführer der igs wissen am besten, was den Besuchern gefällt und was nicht – wir haben sie begleitet

Wilhelmsburg. Den Eintrittspreis von 21 Euro akzeptieren alle. Aber was danach kommt, nicht mehr: „3,50 Euro für eine kleine Cola – das tut weh“, sagt Jan Fröhlich, ein Besucher. Trotzdem sieht man in fröhliche Gesichter: Die Gruppe steht auf einem der kühleren Flecken des igs-Geländes, das hatten ihnen Susanne Lenz-Leussler und Christian Lamberti, die beiden Gästeführer, auch so versprochen – „Schatten-Hopping“ haben sie es genannt.

Bei der igs ist das Bergfest gerade vorüber, die Zahlen könnten besser sein. Aber noch ist die Schau nicht vorbei. Und wer wüsste besser, was den Besuchern fehlt und gefällt als die 65 Gästeführer? Auch die haben inzwischen Verbesserungsvorschläge für die verbleibenden Wochen. „Das HVV-Ticket sollte im Eintritt inbegriffen sein“, sagt Susanne Lenz-Leussler. Außerdem wäre schön, wenn man mit der Monorailbahn auch kurze Strecken fahren könnte und nicht die ganze, 7,50 Euro teure Rundtour nehmen muss. Lamberti wünscht sich Fischbrötchen auf der igs: „Meine Gäste fragen oft, warum es das hier nicht gibt. Sie erwarten das in Hamburg.“

Susanne Lenz-Leussler ist eigentlich Büroangestellte, Christian Lamberti arbeitet an einer Hotel-Rezeption. Ihre besondere Leidenschaft aber ist ihr Nebenjob. „Wir arbeiten für ein tolles Projekt, mit wegweisenden Ideen für unsere Stadt“, sagt Lamberti. Anlässlich der zweiten Halbzeit, die gerade für die igs angebrochen ist, haben wir die beiden auf einer Führung begleitet. Denn allen Meldungen über schlechte Besucherzahlen zum Trotz hat die igs das Angebot begleiteter Rundgänge (Kosten: 4 Euro) wegen der hohen Nachfrage gerade erhöht. Sie finden jetzt montags bis freitags um 10, 11 und 12 Uhr statt, zusätzlich freitags um 18 Uhr, sowie sonnabends und sonntags um 15 Uhr.

Die Führung am Montagvormittag hat mit 25 Besuchern die Höchstteilnehmerzahl erreicht. Die meisten kommen von weit her: Nora und Jan Fröhlich aus Ulm, Karola und Peter Wiemers aus der Nähe von Frankfurt, Frauke Badent und sieben weitere Frauen eines Literaturkreises aus Rendsburg und Susanne und Matthias Firlus mit ihren Söhnen Torben, 5, und Jan, 4, aus Unna. Marion und Christian Harder stammen aus Reinbek, immerhin Metropolregion. Ansonsten zeigt die Gruppe exemplarisch, dass die Gartenschau noch nicht richtig angekommen ist bei den Hamburgern. Gerade mal 40 Prozent der Besucher kommen aus der Hansestadt, weit weniger als erwartet. Die igs verstärkt jetzt die Werbung und veröffentlicht ihre Veranstaltungshinweise verstärkt an Hamburger Bahnhöfen und Litfaßsäulen.

Der Zwei-Stunden-Marsch durch die 80 Gärten der igs beginnt. Zunächst geht’s durch die „Welt der Häfen“, dann über den Rosenboulevard zur „Welt der Kulturen“, der „Welt der Kontinente“ und den „Kulturlandschaften“. Immer wieder bleiben Susanne Lenz-Leussler und Christian Lamberti im Schatten von Riesenfarnen, Bambus-Pflanzen und Olivenbäumen stehen und weisen auf Besonderheiten hin. „Die Erde in unseren Beeten enthält keinen Torf und ist daher gut für die Umwelt“, sagt Susanne Lenz-Leussler. Grund: Wenn Torf abgebaut wird, werde das in den Mooren gebundene CO2 freigesetzt.

Durch die Erklärungen der Gästeführer erschließt sich der Sinn von Gärten, über die man sonst nur den Kopf geschüttelt hätte: Fässer mit merkwürdigen Plastikgebilden symbolisieren Gewürze, die durch den Suezkanal transportiert werden, ein „Monopoly“-Spielfeld den amerikanischen Traum von Erfolg, grüne Sonnenschirme, von denen Wasser tropft, den Regenwald des Amazonas.

Lambertis Lieblingsgarten heißt „Pelo ya Africa“ und liegt verborgen in der „Welt der Kontinente“ hinter roten Robinienstämmen. „Hier wird ganz Afrika mit Pflanzen dargestellt“, erklärt er. „Bananenstauden und Amaranth symbolisieren Schwarz-Afrika, Rote Beete und Kürbis stehen für die Buren und Engländer, die das Land kultiviert haben.“ Besonders der australische Garten hat es ihm angetan. Hier werden die Besucher durch verschiedene Vegetationszonen geführt: alpine Regionen, Regenwald, Wüste und Küstenlandschaft.

Susanne Lenz-Leussler mag den „Beziehungskisten-Garten“ in der „Welt der Kulturen“ am liebsten. „Die pinkfarbene Bepflanzung bildet zu den grünen australischen Milchkisten einen tollen Farbkontrast“, sagt sie. Nachdem sie die blauen Blumenbeete passiert haben, die die „Kontinente“ voneinander trennen, gelangen die Besucher schließlich zum prächtigen Dahliengarten, in dessen Nähe die Führung endet. Jetzt können sie das Gelände auf eigene Faust erkunden.

„Die Führung war ein toller Einstieg“, sagen Karola und Peter Wieners. Sie haben sich bereits im Internet ausführlich über die Gartenschau informiert und nehmen sich zwei Tage Zeit für ihren Besuch. Auch Nora Fröhlich ist zufrieden. „Bei diesem heißen Wetter kann ich mir keinen schöneren Platz vorstellen“, sagt sie.