Hamburger gewannen in Chile Piraten-World-Cup. Doch das Zurückholen der Segeljollen erwies sich dabei als gar nicht ganz einfach.

Hamburg. Ein schweres Erdbeben in Chile vor gut 50 Jahren, eine traditionelle Segelbootsklasse, hilfreiche Unternehmen, verspätete Einfuhrpapiere und eine gewonnene Weltmeisterschaft: Das sind die Zutaten für eine Hamburger Seglergeschichte, die nun auf dem Burchardkai-Container-Terminal ihren Abschluss gefunden hat. Im Mittelpunkt: Segelmacher Frank Schönfeldt aus Blankenese. Der 56 Jahre alte Gründer der Firma Clownsails gilt in Deutschland als der "Piratenguru", wie er selbst schmunzelnd sagt. Mit der Zweimann-Bootsklasse ist er schon dreimal Europameister und viermal deutscher Meister geworden, gewann etliche Male die Kieler Woche. Und jetzt den ersten Piraten-Weltcup überhaupt, der in Chile ausgesegelt wurde.

Doch der Reihe nach: Es war vor zwei Jahren, als während der Hanseboot ein stattlicher Herr am Messestand von Schönfeldt erschien. Es war der Generalkonsul von Chile, der ihn einlud, in dem südamerikanischen Land wieder ein wenig "Entwicklungsarbeit", wie er sagte, für das Piratensegeln zu machen. Aus gutem Grund: Die fünf Meter lange Jolle gilt auch als ein Boot, das sich sehr gut für die Jugendausbildung im Segeln eignet. Viele deutsche Stars der Szene hatten ihre ersten Erfolge mit einer solchen Jolle, in Deutschland gibt es sie bereits seit 1938.

Mit seinem Sohn Till, der gerade das Abi bestanden hatte, als Vorschoter reiste der Blankeneser also 2011 an die chilenische Pazifikküste - und wurde prompt chilenischer Meister.

Aber es gibt zudem noch eine Beziehung zwischen Chile und der Piratenjolle. Am 22. Mai 1960 verwüstete das bisher schwerste gemessene Beben der Erde die südchilenische Stadt Valdivia, in der besonders viele Nachfahren von deutschen Einwanderern leben. 40 Prozent der 150 000-Einwohner-Stadt wurden dabei zerstört. Zum Wiederaufbau des Sports stifteten der deutsche Seglerverband und das Auswärtige Amt später eine Piratenjolle mit dem Namen "Berlin" - zumal diese Bootsklasse durch die deutschen Einwanderer auch in Chile populär war.

50 Jahre später wollten chilenische Segler nun an dieses Geschenk erinnern und organisierten die erste Piraten-Weltmeisterschaft überhaupt. Wieder mithilfe des Piratengurus aus Hamburg-Blankenese, der den Kontakt zu anderen europäischen Piratenverbindungen herstellte. Und: Es meldete sich der Hamburger Reeder Roberto Echevarria (NSC Schifffahrtsgesellschaft) bei Schönfeldt. Der NSC-Boss übernahm die Kosten für den Containertransport der Boote und spendierte sogar noch einen neuen Piraten mit Namen "Hamburgo" für Valdivia.

Schließlich konnten vor Valdivia 45 Teams aus drei Kontinenten an den Start gehen - was formelle Voraussetzung für einen World Cup ist. "Das war super organisiert, ich kam mir vor wie bei Olympia", sagt Schönfeldt. Er selbst segelte mit seiner Frau Sandra, 42, als Vorschoterin - und beide gewannen die Regatta mit nur einem Punkt Vorsprung vor den chilenischen Lokalmatadoren.

Damit wäre nun das südamerikanische Piraten-Abenteuer der "Hamburg" mit einem schönen Erfolg beendet gewesen. Die Boote, auch der Sportsfreunde aus Münster, Ungarn, der Schweiz und Österreich, wurden vor Ort wieder in Container verladen und mit Ziel Hamburg verschifft. Doch dann wurden "irgendwie falsche Papiere" mit verschickt - und die Segler konnten ihre Jollen etliche Tage nicht offiziell aus dem Hafen ausführen. Normalerweise fallen dann für den Container auf dem engen Terminalgelände Lagergebühren an - doch in diesem Fall wollte das städtische Umschlagunternehmen HHLA angesichts der Unterstützung des sportlichen Projekts nicht nachstehen und erließ den Seglern die Kosten. Am Freitag nun konnte Schönfeldt die Boote aus dem Hafen holen. Allerdings kam er nicht weit: An der Zollstation gab es erneut Irritationen um die Einfuhrpapiere, die erst nach Stunden geklärt werden konnten. Der Kampf mit Formalitäten kann eben manchmal schwerer sein für einen Sportler als der Kampf mit dem Wind. "Eine Regatta zu gewinnen bringt auf jeden Fall mehr Spaß", sagt Schönfeldt.