Der ehemalige CDU-Fraktionschef Bernd Ohde nimmt sein Mandat der Bezirksversammlung Mitte mit. Die Liberalen profitieren auch finanziell.

Hamburg. Der FDP-Bezirksverband Hamburg-Mitte hat einen Coup gelandet: Der ehemalige CDU-Fraktionschef Bernd Ohde, der erst vergangene Woche wegen parteiinterner Querelen aus seiner Partei ausgetreten ist, wird Mitglied der FDP. Da er sein Abgeordnetenmandat in der Bezirksversammlung behält, stellen die Liberalen dort künftig drei Abgeordnete und erhalten somit auch den Fraktionsstatus.

Die Gründung der Fraktion ist für kommenden Montag geplant. Nach Abendblatt-Informationen wird dann Bernd Ohde zum neuen Fraktionschef gewählt. Das heißt, er hat wieder den Chefposten und somit auch die dreifache Aufwandsentschädigung von 1158 Euro (inklusive 51 Euro Fahrtgeld) sicher. Der 57-Jährige war im Februar mit sechs zu drei Stimmen gegen Jörn Fromann bei der Wiederwahl zum CDU-Fraktionschef gescheitert. Nicht nur Bernd Ohde, sondern vor allem die FDP kann sich jetzt über einen warmen Geldregen freuen: Bislang erhielten die beiden FDP-Abgeordneten nur jeweils ihre Aufwandsentschädigung von 369 Euro (zuzüglich 51 Euro Fahrtgeld), nun bekommt die Fraktion außerdem Zuschüsse von 36.900 Euro pro Jahr.

+++ So viel Geld bekommen die Fraktionen +++

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Die FDP hatte es gestern plötzlich eilig, die frohe Botschaft zu verkünden. Eigentlich sollte der Wechsel von Ohde erst am 19. März bekannt gegeben werden. Aber nachdem Gerüchte kursierten, berief die FDP eine "Eil-Pressekonferenz" in der Landesgeschäftsstelle ein. Folge: Außer dem FDP-Bundestagsabgeordneten Burkhardt Müller-Sönksen, der als Moderator fungierte, war keine der handelnden Personen vor Ort. Der Neuzugang wusste gar nichts von der Pressekonferenz, denn Ohde ist im Dänemark-Urlaub und nicht erreichbar. Noch weiter in der Ferne weilte Angela Westfehling. Die Sprecherin der bisherigen FDP-Gruppe in der Bezirksversammlung ist in Surinam. Aber Westfehling wurde aus Südamerika zugeschaltet und begrüßte den Wechsel von Ohde via Skype: "Wir werden ein gutes Team bilden." Auf die Frage, wer denn nun den Fraktionsvorstand übernehmen solle, antwortete Angela Westfehling: "Das wird am 19. März besprochen." Dann betonte sie, dass sie beruflich "sehr eingebunden" sei.

Auch der weitere Abgeordnete Werner Sobotzik ist ein Neuling. Er rückt für Heinrich Patzer nach, der sein Mandat nach Spekulationen um seinen echten Wohnsitz aufgegeben hatte. Die CDU reagierte verärgert auf Ohdes Wechsel: "Wir bedauern sehr, dass der Spitzenkandidat der Bezirks-CDU, der sein Mandat nur über den 1. Listenplatz erhalten hat, zu einem solchen Gesinnungswandel fähig ist", sagte Fraktionschef Frommann. Er vermutet: "Wir gehen nunmehr davon aus, dass die so gestärkte FDP auf eine Koalition mit der SPD zusteuert." Das bestätigt SPD-Fraktionschef Falko Droßmann auf Abendblatt-Anfrage nicht, sagt aber: "Wir haben bei den Sondierungsgesprächen sehr viele Gemeinsamkeiten mit der FDP festgestellt."

Wenn SPD und FDP künftig zusammenarbeiten, dann würden sie eine Mehrheit von 28 zu 23 Sitzen in der Bezirksversammlung haben. Bislang fehlt der SPD mit 25 Sitzen ein Sitz zur absoluten Mehrheit. Das würde auch bei der anstehenden Wahl des Bezirksamtsleiters helfen. Zwar wurde die Stelle bundesweit ausgeschrieben, aber am Ende muss die Bezirksversammlung sich für einen der Kandidaten entscheiden. Dem SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Andy Grote werden Ambitionen nachgesagt, aber auch SPD-Fraktionschef Droßmann wird als aussichtsreicher Kandidat gehandelt. Die Bewerbungsfrist endet am kommenden Dienstag. Ende April soll gewählt werden. Nach Abendblatt-Information hat der für die Bezirke zuständige Staatsrat Karl Schwinke (SPD) die Mitglieder des Auswahlgremiums für den 27. März in die Finanzbehörde gebeten. Bei dem Gespräch soll bestimmt werden, welche potenziellen Kandidaten zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Die Neuwahl ist notwendig geworden, weil der bisherige Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) nach dem Tod der elfjährigen Chantal in einer Pflegefamilie zurückgetreten war.