Direktor Peter Pusnik und Küchenchef Thomas Wilken bringen das Haus wieder auf Kurs. Alle 220 Zimmer und Suiten des Hotels wurden erneuert.

Hamburg. Die 25 Millionen Euro teure Renovierung des Hotels Atlantic ist fast abgeschlossen, die 102 Jahre alte "weiße Lady an der Alster" strahlt in neuem Glanz. Alle 220 Zimmer und Suiten wurden erneuert und mit neuen Bädern ausgestattet. Liebevoll wurden auch die wertvollen alten Details restauriert wie zum Beispiel die Teppichböden mit den eingewebten Globusbildern in den Etagen-Foyers. Auch das Zuhause von "Dauergast" Udo Lindenberg soll in neuem Glanz erstrahlen. Die fünf Sterne, 2008 wegen Renovierungsstaus abhanden gekommen, prangen seit September 2011 wieder neben dem Eingang.

Drinnen strahlen Hoteldirektor Peter Pusnik, 36, und Küchendirektor Thomas Wilken, 33, um die Wette. Für das junge Team ist das Hamburger Traditionshotel ein Lebenstraum - und beide kamen in einer Phase nach Hamburg, in der sie das Image des Hauses entscheidend mitprägen konnten und können. Peter Pusnik, seit 2007 zweiter Mann im Atlantic und seit Mitte 2009 Chef, hat die Generalüberholung - seit 1,5 Jahren bei laufendem Hotelbetrieb - dirigiert. Dem gebürtigen Stuttgarter mit der dynamischen Maximal-Kurzhaarfrisur ist neben der Freude darüber die vibrierende Spannung des Schlussspurts anzumerken. Für ihn, der seine Hotelkarriere mit Ausbildungen zum Koch, Restaurantfachmann und Hotelbetriebswirt begann, ist das Atlantic ein Ausnahmehaus, das die historische Grandhotel-Tradition fortsetzen kann.

Für Peter Pusnik, der bereits am Tegernsee, in Klosters und in der amerikanischen Metropole Atlanta und zuletzt als Wirtschaftsdirektor im Kempinski Berlin gearbeitet hat, geht es jetzt erst richtig los: "Wir sind bei einer Wiedergeburt dabei, wir müssen das Atlantic neu auf dem Markt positionieren, Vertrauen zurückgewinnen, die Erwartungen unserer Gäste übertreffen."

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220 Mitarbeiter helfen dem jungen Hoteldirektor dabei - und für alle gilt das Credo: "Der Gast steht im Mittelpunkt, nicht im Weg." Pusnik lässt die Fingergelenke knacken. "Kompromisslos." Eine Haltung müsse das sein, sagt er, die sich täglich in vielen 1000 Details manifestiere, in jedem Bereich. Das Hotel Atlantic solle aber auch "liebenswert und charming" sein, eine großartige alte Lady, die ihre Macken und Eigenheiten habe und die in Hamburg einfach zur Familie gehöre, weil hier in den Festsälen schon Generationen von Hamburgern Abtanzbälle, Hochzeiten und andere rauschende Feste feierten.

"Segeln", antwortet Pusnik auf die Frage, was er gern mache, wenn er nicht gerade im Hotel arbeite; sein Tonfall, er klingt ein bisschen wie: "Welche Freizeit?" - allerdings ohne jeden klagenden Unterton. Ein Hotel von der Klasse des Atlantic leitet man nicht, das lebt man - mit wachem Kontrollblick. Nur selten bleibe ein Moment der Ruhe in der grandiosen Hotelhalle mit dem großen Kamin unter dem gekachelten Wilhelm II. "Die Ruhe kommt dran, wenn alle Zimmer fertig sind", sagt Pusnik.

Das Restaurant wird derweil von Thomas Wilken auf Kurs gehalten. Der ruhige Blondschopf hat schon in der Sansibar auf Sylt, im australischen Sydney, auf der MS "Europa" und in Tansania gekocht. Auch in Hamburg stand er schon am Herd - 2003 bis 2005 als Souschef im Atlantic und seit 2009 im Übersee-Club. Auch Wilken und sein 35-Mann-Team müssen den Spagat zwischen Tradition und Moderne jeden Tag auf der Speisekarte hinbekommen. Denn viele Restaurantgäste kommen seit Jahrzehnten, und "es würde einen Aufstand geben, wenn wir Klassiker wie unsere ,Hummersuppe Atlantic' mit halbem Hummer und Zuckerschoten, die ,Kalbsleber Berliner Art' oder die ,Seezunge Müllerin' von der Karte nehmen würden".

Thomas Wilken geht andere Wege: Es gibt die "Atlantic-Klassiker", es gibt ein maritimes Menü und sehr kreative regionale Spezialitäten (etwa "Zweierlei vom Kaninchen mit Vanillejus, violetten Möhren und Estragonessig") und ein Menü für Vegetarier.

Die großen Herausforderungen sind für Koch Wilken und Direktor Pusnik die großen Bälle - wie erst kürzlich der Ball über den Wolken, wenn im gesamten Erdgeschoss auf dem Atlantic-Rundkurs aus Festsälen und dem Foyer diniert, flaniert und getanzt wird. Wenn 700 Gäste versorgt und glücklich sind und unten in der Küche schon mal ein abschließendes Bier aufgemacht wird. An einem solchen Abend hat die alte Lady an der Alster dann mal wieder gezeigt, was sie kann.

Und wie bringt man die beruflichen Herausforderungen mit einer eigenen Familie zusammen? "Mit so einem Hotel ist man eben verheiratet, heißt es - und so ist es irgendwie auch", sagt Peter Pusnik. Man ahnt: Neben einer solchen Konkurrentin wird es jede Frau, die einen der beiden Junggesellen ("Nicht aus Prinzip") ins Visier nimmt, nicht gerade leicht haben.