Im Landheim der Kirche in Stelle wollten sich nächste Woche Menschen treffen, die sexuelle Kontakte mit Hunden gutheißen. Tierschützer entsetzt.

Stelle/Hamburg. Das Landheim Stelle liegt malerisch in einem abgeschiedenen Waldstück, mitten drin ein Tagungs- und ein Schlafhaus mit 41 Betten. Die Immobilie gehört der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis, Besucher mit christlichem Hintergrund sind deshalb gern gesehen, so etwa Posaunenchöre, Jugend- und Kindergruppen. Zu den Stammgästen zählten bisher aber auch jene vermeintlichen "Hundeliebhaber", die seit fünf Jahren aus ganz Deutschland in den Landkreis Harburg reisen, um miteinander ungestört einige Tage in der Idylle zu verbringen. Auch dieses Jahr war ein Treffen unter dem Namen Zeta-Pride 8 vom 5. bis 10. Juni gebucht. Fast 40 Männer, auch einige Frauen, hatten sich angemeldet - etwa die Hälfte mit Hunden.

Was offenbar niemand ahnte: Für die Zeta-Pride 8, eine sogenannte Convention (Gleichgesinnten-Treffen), hatten sich Menschen mit zoophilen Neigungen angemeldet, darunter auch "Furrys", deren Fetisch Tierkleider sind. Nach gängiger Definition beschreibt Zoophilie "eine emotionale Bindung zu einem Tier, die zu einer Bevorzugung des Tieres als Lebensgefährten und/oder Sexualpartner führt". Schon seit Jahren laufen Tierschützer gegen die Szene Sturm, für sie ist es schlicht Tierquälerei.

+++ Rechtslage +++

Erst gestern hat die Kirche durch das Hamburger Abendblatt von der dubiosen Vermietung erfahren - prompt zog sie die Notbremse und sagte die Veranstaltung ab. "Wir hatten keine Ahnung, dass dort möglicherweise solche Praktiken stattfinden und es zu ethisch und moralisch verwerflichen Handlungen kommt", sagt Michel-Hauptpastor Alexander Röder.

Das Heim wird seit 35 Jahren von Uwe Harder-Gomolzig verwaltet. Einzelne Mitglieder der Gruppe sind dem 59-Jährigen seit 2007 persönlich bekannt. "Die kamen immer im Frühsommer an, mit vielen Huskys und haben Hundeschlitten-Rennen veranstaltet. Sie waren sehr nett", sagt er. Teilweise hätten sie auch Hunde aus Tierheimen mitgebracht, die sie aufgepäppelt haben. Wie habe er ahnen können, dass es sich "um so eine Gruppe" handelt", fragt Harder-Gomolzig. Das alles habe ihn "kalt erwischt".

Veranstalter der Conventions ist ein Mann mit dem Pseudonym Fjordwolf. 2005 hat der Mann, der in der Nähe von Hamburg lebt, die Organisation des Vorläufers Zetacon übernommen und unter dem Namen Zeta-Pride weitergeführt. "Es ist ein sozialer Austausch unter Gleichgesinnten, die sich aus dem Internet kennen", sagt er. "Wir treffen uns zum Spielen, Unterhalten, Feiern und Grillen." Nach außen gibt man sich betont unauffällig. Die Homepage von Zeta-Pride 8 könnte ebenso gut von einer Pfadfindergruppe stammen - kein Wort von Zoophilie. Unter dem Emblem der Seite, einem stilisierten Wolf, steht die Aufforderung "Klick den Wolf". Sechs Tage Aufenthalt, so ist dort zu lesen, kosten 83 Euro - inklusive Frühstück, Abendessen, Grillen. Hunde im Haus seien verboten, alternativ stehe ein "großzügiger Zeltplatz" zur Verfügung. Ganz so harmlos ist es dann wohl doch nicht. So findet sich auch ein Hinweis, dass "Waffen, Drogen, harter Alkohol und Surströmming" (eine auch bei Hunden beliebte Fischkonserve, d. Red.) strikt verboten sind. Speziell für Hundebesitzer gilt: "Jeder ist für seinen Hund selbst verantwortlich."

Die Gäste seien handverlesen, sagt Fjordwolf, der Ort bislang ein gehütetes Geheimnis, "um Störungen fernzuhalten". Zoophilie sei eben ein Tabuthema, viele Menschen machten sich falsche Vorstellungen. "Sexorgien mit Tieren gibt es bei uns nicht."

Unzucht mit Tieren ist seit 1969 nicht mehr strafbar. Aber es sei moralisch fragwürdig, wenn das Grundstück eines kirchlichen Trägers von Anhängern der Szene missbraucht werde, sagt Edmund Haferbeck, ein Sprecher der Tierschutzorganisation Peta. Schon länger setze sich Peta für die Wiedereinführung des 1969 gestrichenen Sodomie-Tatbestands ein, sagt Haferbeck. "Zoophilie ist immer mit Zwang gegenüber Tieren verbunden."

Einer, der für mehr Toleranz gegenüber Menschen mit zoophilen Neigungen eintritt, ist Michael K., 51. Der Bibliothekar aus Westfalen ist seit Jahren mit seinem Schäferhund bei der Zeta-Pride dabei und Vorsitzender des Zeta-Vereins - der sich jüngst vergeblich um eine Eintragung ins Vereinsregister bemüht hatte. "Seit ich denken kann, nehmen Tiere in meinem Gefühlsleben eine vorherrschende Stellung ein", schreibt er offen im Internet. "In der Pubertät kamen erotische Gefühle dazu." Sexuelle Handlungen erfolgten jedoch stets im Einvernehmen, sagte er dem Abendblatt. "Es ist okay, wenn beide es wollen. Sonst nicht."

Solche Gedanken sind für Tierschützer unerträglich. "Wir lehnen jegliche sexuelle oder erotische Instrumentalisierung der Tiere ab und treten für ihre Würde und Integrität ein", sagt Jost-Dietrich Ort, Zweiter Vorsitzender der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht. Gezielt unterwandern inzwischen einzelne Aktivisten die penibel geschützten Internetbereiche der Szene. So wie Reiner Gerlang, der die Gruppe Boykott Zeta ins Leben gerufen hat.

Ein sehr persönliches Schicksal verbindet Tanja Leinberger aus dem hessischen Sinntal mit dem Thema Zoophilie. Kurz nachdem sie einen tschechischen Pflegehund - die englische Bulldogge Morten - bei sich aufgenommen hatte, stellte ein Tierarzt fest, dass er sexuell missbraucht worden war. "Seitdem kämpfe ich gegen Zeta und stehe auch dazu", sagt sie. Gerade erst habe sie an einer Mahnwache vor dem Haus von Zeta-Chef Michael K. teilgenommen.

Dem Michel ist die jahrelange Vermietung sehr unangenehm. "Wir können nun mal nicht jeden überprüfen, der sich bei uns einmietet", sagt Hauptpastor Röder. "Dass so etwas geschieht, ist unschön. Jetzt, wo wir es wissen, ist unsere Haltung eindeutig: Das tolerieren wir nicht." Künftig werde das Heim nicht mehr an diese Gruppe vermietet.