G20

Bürgermeister Olaf Scholz als lokaler Weltpolitiker

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Peter Ulrich Meyer und Andreas Dey
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD, r.) begrüßt Chinas Präsident Xi Jinping im Hamburger Grand Elysée Hotel

Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD, r.) begrüßt Chinas Präsident Xi Jinping im Hamburger Grand Elysée Hotel

Foto: Christophe Gateau / dpa

Bürgermeister Olaf Scholz begrüßt praktisch alle G20-Staatsgäste. Aber Chinas Präsidenten Xi Jinping ist der wichtigste für ihn.

Es war ein Tag, der ganz nach dem Geschmack des Ersten Bürgermeisters verlaufen sein dürfte: Olaf Scholz ist vielleicht nicht der wichtigste Gesprächspartner für die Staats- und Regierungschefs während des G20-Gipfels, aber er ist in vielen Fällen der erste: Ob Jacob Zuma (Südafrika), Xi Jinping (China), Theresa May (Großbritannien) oder US-Präsident Donald Trump – Scholz hat sie alle am Flughafen begrüßt.

Noch gegen Mitternacht wollte Scholz erneut nach Fuhlsbüttel eilen, um den russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinen mexikanischen Amtskollegen Enrique Peña Nieto willkommen zu heißen. Der Ablauf ist stets der gleiche und die Begegnung vergleichsweise kurz: Nach einem Hand­shake und Blumen für die mitreisende Ehefrau folgen ein paar Schritte auf dem roten Teppich, und schon steigen die Staatsgäste in eine bereitstehende Limousine.

Scholz’ Begrüßung freute Trump

Nur US-Präsident Trump und seine Frau Melania kletterten sofort in einen Hubschrauber, der sie an die Alster brachte. Scholz wünschte dem US-Präsidenten, den er zum ersten Mal traf, einen angenehmen Aufenthalt in Hamburg und lüftete ein Geheimnis. „Ich hoffe, dass Ihnen das Gästehaus des Senats gefallen wird“, sagte Scholz schmunzelnd. Dass Trump in der klassizistischen Villa an der Außenalster übernachten wird, war bis zuletzt offiziell nicht bestätigt worden – trotz aller vorbereitenden Sicherheitsmaßnahmen rund um das Areal zu Lande und zu Wasser. „Es ist großartig, hier zu sein“, sagte Trump, der sich erkennbar über die Begrüßung freute.

Die wichtigste Begegnung für den lokalen Weltpolitiker Scholz war das Treffen mit dem chinesischen Staatspräsidenten Xi, dem Scholz schon am Vorabend bei einem Staatsbankett auf Einladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Berliner Schloss Bellevue erstmals begegnet war.

Gespräch mit Chinas Staatspräsident

Nach der kurzen Begrüßung am Airport gegen Mittag trafen sich Scholz und Xi um 17 Uhr in dessen Domizil, dem Hotel Grand Elysée an der Rothenbaumchaussee. Rund eine halbe Stunde dauerte das Gespräch im Konferenzzentrum des Hotels, an dem auch mehrere chinesische Minister teilnahmen.

„Das war ein gutes und konstruktives Gespräch“, sagte Scholz dem Abendblatt. Er habe mit Xi Jinping unter anderem über die zentralen Themen des G20-Gipfels gesprochen – Globalisierung, Freihandel und den Klimaschutz. China hat sich ausdrücklich zum Freihandel und zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens bekannt und damit einen Kontrapunkt zur Politik des US-Präsidenten gesetzt.

WIndkraft, Seidenstraße - viele Anknüpfungspunkte mit Xi

Aus Hamburger Sicht sind die Handelsbeziehungen zum bevölkerungsreichsten Staat von besonderer Bedeutung – Hamburg ist der wichtigste Umschlagplatz für Waren aus China in Europa. Und Xi zeigte sich gut informiert und erwähnte, dass Altkanzler Gerhard Schröder nach dem Tod von Helmut Schmidt Ehrenvorsitzender des China Summit ist, den die Handelskammer in Hamburg alle zwei Jahre ausrichtet. Auch der Dauerbrenner direkte Flugverbindungen von Hamburg nach China, das Projekt Seidenstraße und der Ausbau der Windkraft wurden erörtert.

Als Zeichen eines intensiven Austauschs kann gewertet werden, dass Xi und Scholz frei und ohne vorbereitete Sprechzettel miteinander redeten. Vielleicht war es nur chinesische Höflichkeit, vielleicht war es auch die frohe Erwartung eines Kunst- und Musikkenners: Xi jedenfalls sagte, dass er sich freue, die Elbphilharmonie und das Konzert zu erleben. Ein wenig kennt der Staatspräsident Hamburg ohnehin, denn kurz nach der Jahrtausendwende hatte er die Stadt besucht. Damals war Xi noch Gouverneur der chinesischen Provinz Zhejiang, die Partnerregion Schleswig-Holsteins ist.

Scholz ist auch als SPD-Vize gefragt

Dass die chinesische Staats- und Parteiführung über die politischen Verhältnisse und die wichtigsten Akteure in Deutschland gut informiert ist, ist seit Längerem bekannt. Dass Scholz als stellvertretender SPD-Vorsitzender dazuzählt, ist auch den Chinesen nicht entgangen. „Er hat mich auch als guten Sozialdemokraten und wichtigen Ansprechpartner gelobt“, berichtete Scholz dem Abendblatt schmunzelnd.

Eine Wiederbegegnung der beiden Politiker ist wahrscheinlich: Der chinesische Staatspräsident lud den Hamburger Bürgermeister nach Peking ein, und Scholz revanchierte sich mit einer Einladung nach Hamburg – ganz ohne die Begleitmusik des G20-Gipfels.

Beim Global-Citizen-Festival traf Scholz Justin Trudeau

Am Abend besuchte der Bürgermeister das Global-Citizen-Festival in der Barclaycard Arena. Geplant war ein Zusammentreffen mit dem kanadischen Premier Justin Trudeau. Doch Scholz begegnete auch seinem Parteifreund, Außenminister Sigmar Gabriel. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und Gabriel hatten unmittelbar vor Beginn des Gipfels ein Papier mit dem Titel „Ohne Frieden und Gerechtigkeit ist alles nichts“ vorgestellt. Ein Kernpunkt: Die beiden Sozialdemokraten schlagen eine Anbindung der G20 an die Vereinten Nationen vor. Die Treffen der Staats- und Regierungschefs sollten künftig am Sitz der Uno in New York und nicht mehr in einer Großstadt des Landes mit dem jeweiligen G20-Vorsitz stattfinden wie jetzt in Hamburg.

Das war nicht gerade Rückenwind für Olaf Scholz, der in diesen Tagen nicht müde wurde zu betonen, dass Hamburg genau der richtige Ort für das Treffen der mächtigsten Staats- und Regierungschefs sei. Aus dem Umfeld von Scholz hieß es dazu jedoch, dass das kein Zwist zwischen Scholz und Schulz sei. Vielmehr sei es den beiden Berliner Politikern wohl darum gegangen, beim G20-Gipfel noch einmal eigene Akzente zu setzen, bevor Kanzlerin Angela Merkel (CDU) das Verhandlungszepter für zwei Tage übernimmt. Viel Zeit blieb Scholz allerdings nicht beim Festival, denn gegen 22.30 Uhr wurde die britische Premierministerin Theresa May in Fuhlsbüttel erwartet.

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