Hamburg. Gipfelgegner wollen offenbar den Hamburger Hafen lahmlegen. Am heutigen Donnerstag bekamen Mitarbeiter verschiedener Firmen im Hafen eine Karte, auf denen am 7. Juli, dem ersten Tag des G20-Gipfels, umfangreiche Straßensperrungen angekündigt werden. Betroffen sind davon auch die Köhlbrandbrücke und die Finkenwerder Straße, die Hauptverkehrsadern im südlichen Hafengebiet. Die Karte liegt dem Abendblatt vor.
Anlass für die Straßensperrungen ist sind drei Demonstrationen unter dem Motto „gegen die Logistik des Kapitals“. Die Demos wendeten sich unter anderem gegen den Betreiber des Containerterminals Tollerort als „Akteur des internationalen und imperialen Kapitals“, hieß es dazu von der Polizei. Die Aufzügen mit bis zu 600 erwarteten Teilnehmern beginnen um 7 Uhr am Roßweg und werden nach einem Sternmarsch gegen 15 Uhr am Stübenplatz enden. Die von der Versammlungsbehörde der Polizei bereits genehmigte Demo-Route umfasse auch die Finkenwerder Straße und die Köhlbrandbrücke, bestätigte die Polizei auf Anfrage.
Ausweislich der Karte betroffen sind von den Sperrungen folgende Straßen und Abschnitte: Australiastraße, die Wendekehre beim Hafenmuseum, Am Windhukkai, Veddeler Damm, Reiherdamm, Klütjenfelder Straße, Reiherstieg Hauptdeich, Vogelhüttendeich und Stübenplatz, Roßweg, Kreisverkehr in Höhe Rosshafenterminal, Breslauer Straße, Köhlbrandbrücke, Neuhöfer Damm, Neuhöfer Straße, Finkenwerder Straße.
Hafenwirtschaft reagiert mit Unverständnis
Sollten tatsächlich alle genannten Sperrungen im Hafen gleichzeitig und über mehrere Stunden erfolgen, wäre der Hafen praktisch stillgelegt. Die wichtigsten Versorgungsachsen – Finkenwerder Straße nach Westen, Veddeler Damm nach Osten und die Köhlbrandbrücke nach Norden – wären dicht. Am Reiherdamm sitzen zahlreiche Firmen, zum Beispiel die Norderwerft und Blohm + Voss. Sollte auch die Sperrung Klütjenfelder Straße und Reiherdamm erfolgen, kann auch das Kreuzfahrtterminal Steinwerder nicht mehr bedient werden. Zwar wird am 7. Juli dort kein Schiff erwartet, aber für den 8. Juli um 8 Uhr ist die „AIDAprima“ am Kronprinzkai angemeldet.
Die Hafenwirtschaft reagierte mit Unverständnis. In einem dem Abendblatt vorliegenden Schreiben des Hauptgeschäftsführers des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg, Norman Zurke, an den Staatsrat der Innenbehörde, Bernd Krösser, heißt es: „Bei allem Verständnis für Sicherheitsaspekte und für Demonstrationsfreiheit sind derartig umfangreiche Sperrungen für uns nicht akzeptabel, da man damit faktisch den gesamten Hafenverkehr lahm legen würde. Wir möchten Sie daher eindringlich bitten dafür Sorge zu tragen, dass der Hafen auch während des Gipfels straßen- und schiffsseitig erreichbar und funktionsfähig bleibt.“ Der Generalbevollmächtigte von Eurogate Gunther Bonz sagte: „Wir sind auf einen funktionsfähigen Verkehr ins Hinterland angewiesen. Köhlbrandbrücke, Waltershofer Knoten und die Zugänge zu den Terminals müssen unbedingt freigehalten werden.
Von einer „Hafenblockade“ ist die Rede
Hinter der Demo stecken nach Erkenntnissen des Hamburger Verfassungsschutzes vorwiegend Linksextremisten, treibende Kraft sei das bundesweite Bündnis „Ums Ganze“. In dem im Internet veröffentlichten Aufruf („Shutdown Hamburg“) heißt es: „Lasst uns diesen Tag für den Versuch nutzen, gemeinsam den reibungslosen Ablauf des Kapitalismus symbolisch zu stören und auf das ganz Andere hinzuweisen.“ In anderen Aufrufen auf linksradikalen Seiten ist von einer „Hafenblockade“ die Rede. Ein ebenfalls im Internet veröffentlichtes Mobilisierungsvideo lässt auf einen linksautonomen Hintergrund der Proteste schließen. In dem Video sieht man, wie vermummte Aktivisten bengalische Feuer schwenken, Hafenanlagen und Container erklimmen.
„Wir kennen die Pläne, auch die zur Sperrung der Köhlbrandbrücke. Wir werden unsere Kunden und die Speditionen über die Einschränkungen aufklären. Ein entsprechendes Informationsschreiben wird gerade vorbereitet“, sagte ein Sprecher der HHLA. Das Unternehmen wolle seinen Betrieb an seinen Umschlagterminals aber soweit möglich aufrechterhalten. „Wir geben unseren Mitarbeitern auch nicht frei. Sollten aber einige es aufgrund der Sperrungen nicht schaffen zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen, sind die Führungskräfte angewiesen worden, damit großzügig umzugehen.“ Betroffene müssten also keinen Urlaub nehmen. Auch auf die Möglichkeit, dass Mitarbeiter nach Schichtende nicht vom Terminal wegkommen, bereitet sich die HHLA vor. „Wir werden zusätzlich Essen und Getränke bereitstellen, um die Wartezeit zu überbrücken“, so der Sprecher.
Trotz der Demo und der Straßensperrungen soll am Freitag auch der Betrieb bei Airbus regulär weiterlaufen. Die Mitarbeiter des Airbus-Ersatzteilbereichs in Fuhlsbüttel, direkt gegenüber von Lufthansa Technik, bekommen allerdings die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten. Auch der Kupferkonzern Aurubis, der von den Straßensperrungen nicht direkt betroffen ist, plant keinen Produktionsstopp. Während des gesamten Gipfelzeitraums solle und müsse die Produktion dort weiterlaufen, hieß es.
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