Hamburg. Geschäftsführer will drohenden Warnstreik mit allen Mitteln verhindern. Wie viel er den Mitarbeitern dafür anbietet.

Hagenbeck-Chef Dirk Albrecht scheint im Kampf mit der Gewerkschaft IG Bau fast jedes Mittel recht zu sein: Um einen am Montag drohenden Warnstreik im Hamburger Tierpark doch noch verhindern zu können, hat der Geschäftsführer nun ganz offen eine „Streikbruchprämie“ ausgelobt.

Wie Albrecht am späten Sonnabend mitteilen ließ, sollen alle Mitarbeiter, die an einem etwaigen Arbeitskampf nicht teilnehmen, eine Prämie von einmalig 150 Euro erhalten. Das Geld werde ihnen mit der nächsten Gehaltszahlung überwiesen. Die Pressemitteilung des Hagenbeck-Chefs ist nun schon insgesamt die fünfte, die er innerhalb von gerade einmal zwei Tagen versendete, alle zum Thema Streik.

Hagenbeck: Chef will Streik mit allen Mitteln verhindern

„Ich werde alle zulässigen Möglichkeiten ausschöpfen, um die von unseren Besuchern so geliebten Tiere vor Schaden durch streikbedingte reduzierte Betreuung zu bewahren, und ein langfristiger Streik wird unseren vielen tausend Tieren erheblich schade“, erklärte Albrecht.

Bereits am Freitag hatte die Tierparkleitung versprochen, dass unabhängig von einem möglichen Streik sowohl der Tierpark als auch das Tropen-Aquarium „uneingeschränkt“ geöffnet blieben. Alle Tiere könnten am Wochenende und zu Wochenbeginn ohne Einschränkungen besucht werden. Die Öffnungszeiten sollen von 9 bis 18 Uhr unverändert sein. Allerdings würden die Kassen eine Stunde vorher und somit schon um 16 Uhr schließen.

Hagenbeck soll offen bleiben: „Besucher nicht bestrafen“

In der Pressemitteilung vom Freitag wurde zudem Hagenbeck-Direktor Dirk Albrecht mit folgender Begründung dazu zitiert: „Besucher, oft Eltern oder Großeltern mit ihren kleinen Kindern oder Enkelkindern, dürfen durch den Streik nicht bestraft werden“.

Wie berichtet, fordert die Gewerkschaft einen Haustarifvertrag für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Anfang der Woche wurde ein unbefristeter Streik bei Hagenbecks Tierpark angekündigt. Darüber hinaus gibt es Streit über einen möglichen Notplan für die Betreuung der rund 1400 Tiere. In einem weiteren öffentlichen Appell an die Gewerkschaft kritisiert Hagenbeck-Chef Dirk Albrecht diesen Notfallplan scharf, „den zwei Gewerkschaftsangestellte ohne zoologisches Fachwissen mit zwei Tierpflegen, die für die von Experten aufgezeigten Gefährdungslagen keinerlei Ausbildung haben“, nun entwickeln wollten. Er nennt das verantwortungslos.

Es sind auch drastische Worte, die das Hamburger Fachamt für Veterinärwesen zuletzt in dem Streik-Streit wählt. Wenn es zu einem Streik der Tierpfleger käme, sehen die Experten das Wohl der Tiere im Tierpark Hagenbeck massiv gefährdet. Das Amt verweist darauf, dass bei Missachtung der Vorgaben des Tierschutzgesetzes Straftatbestände erfüllt sein können.

Tierpark Hagenbeck: Chef droht mit juristischen Konsequenzen bei Streik

Die Gewerkschaft hatte vorgeschlagen, dass die Tierpfleger zunächst von 6.30 bis 9.30 Uhr arbeiten und danach die Arbeit niederlegen. Nur bei Engpässen sollten einzelne Streikende wieder in den Tierpark zurückkehren.

Das Fachamt fordert die Gewährleistung von durchgehender Betreuung, Beschäftigung, Überwachung, Fütterung, Hygiene und Säuberung bei den Tieren. Sonst würden konkrete Beeinträchtigungen für die Tiere mit Gefahr von Schmerzen, Leiden oder Schäden bis hin zu Todesfällen drohen, wenn erforderliche oder gewohnte Betreuung und Fütterungen entfallen sollten. Gerade die exotischen Arten im Tierpark benötigen spezielle Betreuung und Behandlung, die nur von geschultem Tierpflegepersonal durchgeführt werden können.

Hagenbeck: Albrecht ist froh über die Position des Fachamtes

Auch die Sicherung der Gehege vor möglichen Gefahren durch die Tierparkbesucher (Hineinwerfen von Gegenständen, Hineinklettern oder Manipulieren am Gehege) müsse gewährleistet werden. Bei Ausbruch von Tieren könnte Lebensgefahr für die Menschen entstehen.

Hagenbeck soll für die Besucher auch bei einem Streik offen bleiben.
Hagenbeck soll für die Besucher auch bei einem Streik offen bleiben. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Geschäftsführer Albrecht nimmt die Warnung des Fachamtes mit Wohlwollen zur Kenntnis und droht der IG BAU erneut mit juristischen Konsequenzen, sollte es wirklich zum Streik kommen.

„Ich bin sehr froh, dass die Behörde auch eine klare Position zum Schutz unserer Tiere mitgeteilt hat. Wenn der IG BAU immer noch nicht klar ist, dass ein solcher Streik das Wohl unserer Tiere massiv gefährdet, werden wir dagegen umgehend gerichtlich vorgehen“, erklärte Albrecht.

Hagenbeck: Tierärzte warnen vor gravierenden Folgen beim Streik der Tierpfleger

In einem offenen Brief appellierte der Hagenbeck-Chef an die Gewerkschaft: „Wir fordern Sie daher erneut auf, zu bestätigen, ihren geplanten Streik nicht auch auf den sensiblen Bereich der Tierpflege auszuweiten – es gibt genug andere Bereiche im Tierpark, die die IG BAU bestreiken kann, ohne unsere Tiere zu gefährden.“

Die Geschäftsführung und zoologische Führung des Tierparks fordern die IG BAU auf: „Lassen Sie doch bitte unsere Tiere in Ruhe. Sie dürfen nicht darunter leiden, dass die Gewerkschaft Streikziele durchsetzen will.“

Zuvor hatten bereits der zoologische Experte Guido Westhoff (Zoologischer Direktor bei Hagenbeck) sowie die Tierpark-Ärzte Michael Flügger und Adriane Prahl eindringlich vor den gravierenden Folgen eines solchen „Notbetriebes“ in der Tierpflege gewarnt.