Hamburg. 31-jährige Klimaaktivistin Miriam Meyer beteiligte sich an einer Aktion an der Uni Hamburg. Nun stand sie deshalb vor Gericht.

  • Erst ist die Klimaaktivistin der Letzten Generation Miriam Meyer an einer Farbattacke auf Sylt beteiligt.
  • Nur wenige Tage später wird sie am Amtsgericht Hamburg wegen einer anderen Protest-Aktion verurteilt.
  • Die 31-Jährige unternimmt viel für den Klimaschutz - und saß bereits in einer Münchner JVA.

Sie will weitermachen. Unter allen Umständen. Klimaaktivistin Miriam Meyer spricht mit belegter Stimme. Doch die Botschaft der jungen Frau, die sich im Prozess vor dem Amtsgericht Hamburg verantworten muss, ist klar: Die 31-Jährige gibt ihren Kampf nicht auf – für „diesen einen Planeten, den wir haben“, wie sie betont. „Ich bin verzweifelt aufgrund der Klimakrise“, sagt die gebürtige Hamburgerin, dessen Elternhaus die Polizei bei einer Razzia kürzlich durchsuchte.

Miriam Meyer hat schon viel unternommen, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Menschen ihrer Überzeugung nach ihren Planeten Erde zerstören. Die junge Frau, die ein Studium des Tibetischen Buddhismus abgeschlossen hat, widmet sich schon länger vollständig dem zivilen Widerstand innerhalb der Letzten Generation.

Letzte Generation: Miriam Meyer wird in Hamburg der Prozess gemacht

So hat sie an mehreren Aktionen teilgenommen – unter anderem, als sie im Mai vergangenen Jahres nahe Köln den Streckenschieber einer Ölpipeline zudrehte und das Handrad mit Sonnenblumen dekorierte. Als sie sich in Bad Segeberg still auf die Straße setzte und vor sich ein Schild hielt mit der Aufschrift: „Ich habe Angst, dass große Teile unserer Erde unbewohnbar werden.“ Und sie plante, den Berliner Flughafen BER stillzulegen, indem sie Ballons aufsteigen lassen wollte. Kurz zuvor war sie auch noch bei einer Aktion auf Sylt beteiligt, wo ein Privatjet mit Farbe besprüht wurde.

Am Dienstag besprühten Klimaaktivsten der Initiative „Letzte Generation“ auf Sylt einen Privatjet mit Farbe – darunter Miriam Meyer, die sich am Donnerstag für eine andere Protestaktion vor Gericht in Hamburg verantworten musste.
Am Dienstag besprühten Klimaaktivsten der Initiative „Letzte Generation“ auf Sylt einen Privatjet mit Farbe – darunter Miriam Meyer, die sich am Donnerstag für eine andere Protestaktion vor Gericht in Hamburg verantworten musste. © AURORA SYLT | GEORG SUPANZ

Schließlich vor gut einem Jahr eine Aktion in Hamburg, die die 31-Jährige jetzt auf die Anklagebank des Amtsgerichts gebracht hat. Der Vorwurf lautet auf gemeinschaftliche Sachbeschädigung.

Prozess Hamburg: Klimaaktivistin wird Sachbeschädigung vorgeworfen

Im Einzelnen wirft die Staatsanwaltschaft Meyer vor, am 2. Juni vergangenen Jahres im Rahmen einer Aktion der Gruppe „Letzte Generation“ den Innen- und Außenbereich des Audimax der Universität Hamburg mit nicht oder nur schwer abwischbarer Farbe besprüht zu haben. Dadurch hätten sie und ihre Mitstreiter Aufmerksamkeit für den Kampf gegen die Klimakatastrophe erregen wollen, so die Anklage weiter.

Zudem soll die Gruppe vom Vordach des Audimax ein Transparent mit der Aufschrift „Lebensgrundlage erhalten? Nicht die Aufgabe dieser Uni […]“ entrollt und die Fensterscheiben und Türen des Gebäudes mit Parolen beschmiert haben. Den Ermittlungen zufolge entstand ein Sachschaden in Höhe von rund 18.000 Euro.

Letzte Generation: Prozess in Hamburg bietet Aktivistin Bühne

Das Verfahren hätte geräuschlos abgewickelt werden können. Denn das Amtsgericht hatte wegen Sachbeschädigung einen Strafbefehl gegen die Klimaaktivistin erlassen, in dem eine Geldstrafe verhängt wurde. Doch Meyer entschloss sich, diese Entscheidung nicht zu akzeptieren. Sie will den Prozess – der auch eine Bühne für sie bedeutet. Hier kann sie erneut Aufmerksamkeit erregen für dieses eine Anliegen, dem sie mittlerweile ihr Leben widmet – und ihre Freiheit riskiert. Wegen unterschiedlicher Aktionen wurde sie bereits zweimal von der bayerischen Polizei in Präventivhaft genommen.

„Renaturiert“ – Aktivisten graben Golfplatz auf Sylt um

31 Tage saß Miriam Meyer in der JVA München-Stadelheim ein. „Ich werde auf jeden Fall weitermachen. Und ich riskiere es, wieder im Gefängnis zu landen“, sagte sie damals gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ nach ihrer Entlassung.

Klimaaktivistin vor Gericht in Hamburg: Menschheit im „akuten Notfall“

Nun also ihre Aktion in Hamburg, bei der sie einräumt, am Rande dabei gewesen zu sein. Sie habe zwar keine Farbe versprüht, aber ein Transparent gehalten. „Wir haben nur diesen einen Planeten“, sagt die Angeklagte voller Inbrunst. Die Menschheit befinde sich in einem „akuten Notfall“. Wissenschaftler hätten ihre Warnung so formuliert: „Wir setzen unsere Kinder in einen globalen Schulbus, der mit 98-prozentiger Wahrscheinlichkeit tödlich verunglückt.“

„Ich frage mich“, meint Meyer, „wie wir als Gesellschaft ruhig bleiben können“ angesichts dieser Prognosen. Es werde eine Gesellschaft gebraucht, „die sich einmischt“, sagt die Aktivistin. Deshalb habe sie beschlossen, mit anderen die Universität zu besetzen und die Forderung zu stellen, „dass die ihren Beitrag leisten“. Mit der Aktion vor einem Jahr habe sie darauf aufmerksam machen wollen, dass der Universitätspräsident „die Augen vor der Klimakatastrophe verschließt“.

Letzte Generation: Klimaaktivistin in Hamburg zu Geldstrafe verurteilt

Sie sei mittlerweile an einem Punkt, „dass ich bis zum Ende meines Lebens verschuldet sein werde“ und wohl auch eine Zeit im Gefängnis verbringen werde. Aber ihre Angst sei so groß, „dass es mir lieber ist, im Gefängnis zu sitzen und verschuldet zu sein, als in einer Welt zu leben, in der Menschen verdursten.“

Die Staatsanwältin stimmt der Angeklagten in einigen Punkten zu. Was diese zum Klima vorgetragen habe, sei überwiegend richtig. „Aber Sachbeschädigung ist nun mal eine Straftat.“ Und indem sie die Aktionen ihrer Mitstreiter begleitet und mitgemacht habe, habe sie sich auch strafbar gemacht, erklärt die Staatsanwältin und beantragt eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 10 Euro.

Dies ist am Ende auch das Urteil, das die Amtsrichterin verhängt. Es stehe fest, dass Miriam Meyer eine Sachbeschädigung begangen habe. „Eine Sachbeschädigung ist nicht geeignet, um das Klima zu schützen“, betont die Vorsitzende. Allerdings seien die Motive, mit denen die Angeklagte ihre Aktion begründet hat, beim Strafmaß berücksichtigt worden: Protest als „notwendiges Zwischenziel“.