Hamburg. Jagdpächter setzen auf die Luftüberwachung via Drohnen – und haben Erfolg damit. Warum sie an die Landwirte appellieren.

Der Anblick ist schwer zu ertragen. Manche Rehkitze hoppeln nur noch mit Beinstümpfen über das Gras. Wimmernd, leidend, manchmal schreiend. Oder sie sind schon tot, hingerichtet von den gewaltigen Scheren eines Mähdreschers. „Das macht keinen Spaß“, sagt der Pächter des Jagdreviers Kirchwerder 7, Frank Köther, wenn mal wieder ein junges Wild im hohen Gras von den messerscharfen Klingen erwischt wurde. Oftmals bleibt nur der Gnadenschuss.

Erst Sonntag schluckten Köther und Thomas Rieken (Revierpächter Kirchwerder 5) schwer: In aller Frühe waren sie zu einem mähbereiten Feld von etwa zwölf Hektar Größe am Kiebitzbrack gekommen. Weil zuvor eine Drohne mit Wärmebildkamera das zugewachsene Areal überflogen hatte, konnten drei Kitze vor dem Kreiselmäher gerettet werden. Eines aber wurde übersehen und von der etwa neun Meter breiten und 20 Kilometer pro Stunde schnellen Maschine zersägt.

Todesfalle Rasenmäher: Früher fehlte Technik, um Rehkitzen zu helfen

Früher seien solche Bilder normal gewesen, weil die Technik fehlte, weil Kitze aufgrund ihres natürlichen Schutzmechanismus’ auch beim kleinteiligsten Absuchen nicht aufzufinden waren. Sie rollen sich ins Gras ein, tragen auch keinen Geruch an sich. Insgesamt zeigen die letzten Tage aber, dass der Drohneneinsatz lebenswichtig für sie ist. Allein acht Tiere konnten innerhalb von 48 Stunden an zwei Standorten – neben den Kiebitzbrack auch an der Ecke Kiebitzdeich/Neuengammer Hausdeich – so gerettet werden.

Seit 2021 ist die speziell ausgerüstete Drohne circa 350 Hektar Felder im Landgebiet abgeflogen. Köther und Rieken haben neben ihren Aufgaben als Jäger erkannt, dass auch die Kommunikation mit den Landwirten immer wichtiger wird. „Normalerweise“, berichtet Thomas Rieken, „besprechen wir es ein, zwei Tage vorher., bevor gemäht wird. Und wenn wir dann da sind, wird nicht viel Zeit verloren.“

Drohne mit Wärmebildkamera kostet 8000 Euro

Die etwa 8000 Euro teure Drohne sondiert über eine Wärmebildkamera, was im hohen Gras liegen könnte. Der einfache Überflug dauert, je nach Feldgröße und Grashöhe, etwa eine halbe Stunde, dazu flugberechtigt bisher allein ist Pächterkollege Holger Ewers, der einen entsprechenden Flugschein besitzt. Wenn das Wärmebild einen roten Punkt anzeigt, ziehen Köther und Rieken in ihrem Ölzeug los. Wirklich ein Rehkitz oder doch nur ein Hase oder ein Fasan? „Wir holen raus, was wir finden“, sagt Thomas Rieken. Das gehe eigentlich nur mit dem Kescher, denn: „Wir dürfen die Kitze nicht mit der Hand anfassen“, betont Frank Köther, „wenn an dem Jungtier menschlicher Geruch lastet, werden sie von der Rieke nicht wieder angenommen.“

Die Sondierungsflüge müssen idealerweise in den frühen Morgenstunden oder am Abend absolviert werden, wenn sich das Gras abgekühlt hat und nicht infolge der Sonneneinstrahlung als massiver roter Punkt auf dem Übersichtsbildschirm die tatsächlich gesuchten Lebewesen verdecken soll. Auch überhängende Büsche und Bäume können die Suche erschweren.

Rehkitze: Landwirte sind in der Pflicht, Felder abzusuchen

Doch wachse die Zustimmung der Landwirte zur Drohnenüberwachung, berichten die Revierpächter. „Denjenigen, die sich bisher noch sträuben, muss klargemacht werden, dass sie eine Straftat und einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetzes begehen“, sagt Frank Köther. Landwirte seien demnach in der Pflicht, die Felder vor der Grasmahd abzusuchen. Dieses Verständnis decke sich auch mit dem Rechtsverständnis solch etablierter Tierschutzorganisationen wie beispielsweise der Deutschen Wildtierrettung.

Am heutigen Mittwoch brechen Thomas Rieken und Frank Köther zur nächsten Rettungsmission im 7er-Revier auf. Die Jäger wollen auch den Flugschein machen. Und möglicherweise im nächsten Jahr eine zweite Drohne anschaffen.