Beschwerden: Bundesnetzagentur kontrolliert Zuverlässigkeit der Zustellung

Mündliche Beschwerden bei der Post bringen gar nichts. Auch nicht Anrufe bei imaginären Service-Hotlines, wenn über Wochen der Zusteller ausbleibt. Das wissen viele genervte Postkunden. Einen weniger nervenaufreibenden, dafür aber wirkungsvolleren Weg hat Dirk Emmermann (56) für sich entdeckt. Er setzt sich in solchen Fällen an seinen Computer und sendet der Bundesnetzagentur eine Beschwerde-Mail. Und die dem Bundeswirtschaftsministerium unterstellte zuständige Aufsichtsbehörde reagiert.

Wenn mal wieder die Zustellung am Homanring nicht klappt, vergewissert sich der Fünfhausener Rechtsanwalt in der Nachbarschaft, dass nicht er allein betroffen ist. Dann schreitet er zur Tat.

"Ich beschwere mich bei der Bundesnetzagentur, wie man ein falsch parkendes Auto vor der Haustür beim Einwohnerzentralamt meldet."

Seit er sich vor gut zwei Jahren einmal über das Ausbleiben des Briefträgers geärgert hat, hat Emmermann die Postzustellung genau im Blick. Schon sieben- oder achtmal hat er die Bundesnetzagentur alarmiert. Die nimmt solche Beschwerden ernst - und fordert vom gelben Riesen eine Stellungnahme.

Nach zwei Beschwerde-Mails im Dezember bekam Emmermann eine Antwort von der Bundesnetzagentur. Darin wird die Stellungnahme der Deutschen Post AG zitiert. Sie begründet die Probleme mit hohen Mengen, die von einer Vertretungskraft ausgetragen werden mussten. Die Vertretung musste die Zustelltour vorzeitig abbrechen, weil sie die Grenze der zulässigen Höchstarbeitszeit erreicht hatte. "Erschwerend hinzu kam, dass das batteriebetrieben Zustellfahrzeug an diesem Tag nicht einwandfrei funktionierte", heißt es weiter.

Emmermann hält das für "kreative Ausreden" und "bürokratische Verschleierungsmechanismen". Es müsse für genügend Vertreter gesorgt werden: "Post darf nicht einfach liegen bleiben."

Fiete Wulff, Sprecher der Bundesnetzagentur in Bonn, gibt Emmermann recht, verweist auf die gesetzliche Vorgabe von sechs Zustelltagen. Die Agentur nehme "jede plausibel vorgetragene Beschwerde" auf, ordne sie in die Gesamtbeschwerdelage ein und bitte die Post um Stellungnahme. Wulff: "Wir schauen erst mal, ob es sich um systematische, anhaltende Probleme handelt oder um Einzelfälle im Promillebereich."

Hamburg (1,8 Millionen Einwohner) ist mit 356 Beschwerden im Jahr 2014 bundesweit Spitzenreiter - gefolgt von Nordrhein-Westfalen (18 Millionen Einwohner/247 Beschwerden) und Hessen (sechs Millionen Einwohner/170 Beschwerden). Deshalb bereitet die Agentur nun weitere Maßnahmen vor, "um die Belastbarkeit der Argumente zu überprüfen und mögliche systematische Ursachen zu erkennen", so Wulff.

Bundesweit gab es im vergangenen Jahr 1950 Beschwerden - ein Anstieg von 60 Prozent im Vergleich zu 2013 bei rund 16 Milliarden Briefzustellungen in Deutschland. Die Bundesnetzagentur, eine 3000 Mitarbeiter starke Schwesterbehörde des Bundeskartellamtes, bittet verärgerte Postkunden um zeitnahe Mitteilung der "Unregelmäßigkeiten bei der Zustellung". Genannt werden müssen Anschrift und Datum der nicht erfolgten Zustellung. Internetadresse: www.bundesnetzagentur.de (dann durchklicken auf Post/Verbraucher/Kontakt).