Zentrale Erstaufnahme: Kritik am Umgang mit Bevölkerung und Politik - Bisherige Platznutzer ratlos

Die Entscheidung der Innenbehörde, den Platz Auf dem Sülzbrack für eine Zentrale Erstaufnahme mit 300 Plätzen zu nutzen, hat alle kalt erwischt - Verwaltung und Politik waren darauf nicht vorbereitet.

Das wurde beim Stadtentwicklungsausschuss deutlich, bei dem das Thema kurzfristig auf Platz eins gerückt war. Allerdings hatte der Referent der Innenbehörde aus terminlichen Gründen abgesagt. So musste Bezirksamtsleiter Arne Dornquast aus dem Urlaub zurückkommen. Er erläuterte, dass das Bezirksamt erst nach der Bezirksversammlung am Donnerstag von einem Ortstermin am Montag erfahren hatte. Zunächst sollte nur die Tauglichkeit des Platzes geprüft werden. Es schien nicht dringend, die Fraktionschefs noch vor Abschluss der Prüfung zu informieren.

Dass dann alles so schnell gehen würde, sei nicht abzusehen gewesen. Niemand hatte damit gerechnet, dass eine Zentrale Erstaufnahme (ZEA) so weit am Stadtrand eingerichtet werden würde, wo die Anbindung ans Zentrum mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlecht ist. Bisher war die Fläche nur für eine "öffentlich rechtliche Unterbringung" diskutiert worden, also für Menschen, die längerfristig bleiben. Das aber war zumindest für dieses Jahr vom Tisch, da sie nur kurz nutzbar gewesen wäre, um vor allem das Erntefest nicht zu gefährden. Es hat mit mehr als 30 000 Besuchern überregionale Bedeutung.

Der Bezirk Bergedorf war im Vergleich zu anderen Bezirken in Hamburg lange "Tabellenführer" (Dornquast), was die Bereitstellung von Flüchtlingsunterkünften angeht. Aber für die Innenbehörde zählt das Plus auf dem Konto der Sozialbehörde nicht, galt der Bezirk in Sachen ZEA doch als unbeschriebenes Blatt.

Da sich die Innenbehörde auf das Polizeirecht beruft und eine Notfallentscheidung getroffen hat, hat der Bezirk kein Mitspracherecht. Dennoch gab es an der Vorgehensweise parteiübergreifende Kritik. "Da werden wir doch zu Statisten", ärgerte sich etwa Rolf Wobbe (Grüne). "Das Verfahren ist absolut zu kritisieren, wie mit der Bevölkerung und der Bezirkspolitik umgegangen wird. Man muss doch wenigstens mit uns sprechen", sagte auch Paul Kleszcz (SPD). Bernd Capeletti (CDU): "Die Innenbehörde führt jegliche Planung ad absurdum. Man fühlt sich wie ein Ochse am Ring durch die Manege gezogen." Jörg Froh (CDU) und Ernst Heilmann (Die Linke) warben dafür, für Nachhaltigkeit in der Planung zu sorgen. Das Anbieten alternativer Flächen könnte allerdings nach hinten losgehen, da die dann eventuell zusätzlich in Anspruch genommen würden. Julian Emrich (CDU) fragte, ob mit weiteren ZEA-Flächen im Bezirk zu rechnen sei. "Ich weiß es nicht", gestand Bezirksamtsleiter Dornquast. Möglich, dass der Frascatiplatz im Raum stehe: "Das würde ganz Bergedorf richtig wehtun, wie jetzt der Sülzbrack in Vierlanden."

Keiner im Gremium mochte auf das zugesagte "Bestreben" der Innenbehörde bauen, den Platz bis Ende September wieder zu räumen. Schnellstmöglich müsse ein Plan B her, damit beispielsweise der Ernteumzug weiter geplant werden kann. Aber auch die Schausteller sind in Not: "Wo sollen wir hin?", fragt Bernd Simon, Vizepräsident des Landesverbands des Ambulanten Gewerbes und der Schausteller Hamburg. Der Pfingstmarkt war für etwa 30 Aussteller auf dem Platz bereits fest geplant, Ersatz ist nicht in Sicht. Man habe Verständnis für die Flüchtlinge, doch: "Wovon sollen wir denn leben?"

Für Dienstag, 10. März, ist eine Bürgerinformation in der Schule Zollenspieker geplant. Beginn am Kirchenheerweg 223 ist um 18 Uhr.