Ochsenwerder: Abelke Bleken 1583 als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt

Sie lebte in Ochsenwerder und starb völlig verarmt, einsam und qualvoll am 18. März 1583 auf dem Scheiterhaufen. Der Vorwurf: Sie solle einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und mit dessen Hilfe ein Viehsterben, Krankheit und einen Todesfall verursacht haben. Diese Missetaten hatte sie unter der Folter gestanden. "Ihre 'Urgicht' vom 7. März 1583 - das unter der Folter erbrachte Geständnis - ist das einzige Folterprotokoll, das aus Hamburg überliefert ist", sagt Dr. Roswitha Rogge.

Die Historikerin veröffentlichte in den 1990er-Jahren mehrere Aufsätze zum Thema "Hexenverfolgung in Hamburg", die anlässlich ihrer Dissertation "Zur Entwicklung der Situation der Frauen in Hamburg von 1250 bis 1600" entstanden waren. Heute setzt sie sich für die moralische Rehabilitierung der Opfer der frühneuzeitlichen Hexenprozesse ein. So regte Rogge an, in einem der geplanten Neubaugebiete in Ochsenwerder eine Straße "nach der Frau zu benennen, deren Geschichte wegen ihrer für die Hamburger Verhältnisse außergewöhnlich detaillierten Überlieferung in der hiesigen Verfolgungsgeschichte hervorsticht". Der Bürgerverein Ochsenwerder leitete ihre Anregung weiter, und die Bezirksversammlung folgte einem Antrag der SPD, die Ringstraße des Neubaugebietes "Ochsenwerder 13" nach Abelke Bleken zu benennen.

Auch Simone Vollstädt aus Ochsenwerder forschte über "die einzige Tochter eines reichen Bauern, die trotz ihrer Schönheit und Beliebtheit unverheiratet war" ("Abelke Bleken - Eine vermeintliche Hexe aus Ochsenwerder" in "Marschlande - Kulturgeschichte zwischen Elbe und Bille", Band 1). Vollstädt fand heraus, dass Abelke Bleken am heutigen Ochsenwerder Norderdeich lebte. Dort besaß sie einen Hof, den sie selbstständig führte. "Neben ihrer Individualität und Intelligenz soll Abelke Bleken auch sehr schön gewesen sein. All das rief sicherlich Neid hervor", folgert Vollstädt.

Dann ereignete sich ein Unglück, durch das die Frau ihren Besitz verlor - wahrscheinlich eine Sturmflut mit Deichbruch, von der noch heute ein Brack in dem Bereich des Ochsenwerder Norderdeichs zeugt. Zuerst kaufte der Hamburger Ratsherr Johann Huge ihren und den benachbarten Grundbesitz, dann pfändete ihr der Ochsenwerder Landvogt Dirich Gladiator bei der Deichschau ihren Bronzekessel. "Man kann davon ausgehen, dass sich sowohl Huge als auch Gladiator an der wehrlosen, alleinstehenden Frau bereichert haben", folgert die Heimatforscherin.

Nachdem sich bald darauf verschiedene Unglücksfälle ereigneten - Viehsterben auf dem Landsitz des Ratsherrn Huge und Krankheiten und Tod im Haus des Vogtes Gladiator -, war für die Dorfbewohner Zauberei eine einleuchtende Erklärung. Schließlich konnte Abelke Bleken Rache als Tatmotiv unterstellt werden. "Und auch für Huge und Gladiator war die Beschuldigung von Abelke Bleken nicht nachteilig", schreibt Vollstädt. So wurde sie denunziert, angeklagt, verhaftet, gefoltert und schließlich verurteilt.

"Der Hexerei oder Zauberei beschuldigt zu werden, bedurfte es nicht viel", sagt Dr. Roswitha Rogge. "Schon ein Konflikt im Alltag konnte zu Verdächtigungen führen. Die Zauberei bot den Menschen eine Erklärung für Unglücksfälle, Krankheiten, Tod und Unwetter und half bei der Suche nach einem Schuldigen." Abelke Blekens Schicksal sei prototypisch für viele Frauen, die zum Ziel der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung wurden. Umso mehr freue sie sich, dass nun mit der Benennung einer Straße einem dieser unschuldig hingerichteten Opfer gedacht werde.