“Herzbrücke“: Bode-Stiftung übernimmt Patenschaft - Familie aus Kirchwerder betreut afghanisches Kind

Ihre großen, braunen Augen schauen spitzbübisch, sie legt den Kopf schelmisch zur Seite, dann in den Nacken und lacht los. Das gefällt Razia: mit vielen Menschen, die sich etwas erzählen, am langen Esstisch sitzen. Unentwegt plappert die kleine Afghanin nach, was sie in der Runde an deutschen Ausdrücken aufschnappt. "Manchmal suche ich den Knopf zum Abstellen", sagt Brigitte Eichholz lachend. Im gleichen Augenblick nimmt Razia vorsichtig die Krawatte von Hansgeorg Bode in die Hand und sagt: "Das ist schick." Nun lacht die ganze Runde.

Der Unternehmer und seine Frau Birgit sind zu Gast am Kirchwerder Elbdeich. Zum dritten Mal übernahm das Paar, das 2006 die Optiker-Bode-Stiftung gegründet hatte, eine Patenschaft für ein herzkrankes Kind, spendete jeweils 11 000 Euro - das ist der Durchschnittspreis für eine Operation. Auch die Gastfamilie aus Kirchwerder - Brigitte und Dirk Eichholz sowie die Kinder Marlene, Maximilian und Marie - nimmt zum dritten Mal ein Kind aus Afghanistan für drei Monate bei sich auf, das in seiner Heimat über kurz oder lang an einem schweren Herzfehler gestorben wäre. Razia gehört zu den neun Glückskindern, die vom Ärzteteam der "Herzbrücke" für eine Operation in Hamburg ausgesucht wurden.

Die kleinen Patienten trafen am 11. September in Fuhlsbüttel ein. Wie die meisten herzkranken Kinder ist auch Razia für ihre acht Jahre sehr klein und zart. "Sie wog nur 16 Kilogramm", erzählt Brigitte Eichholz. "Nun sind es schon gut 17." Immer wieder aufs Neue fasziniert die Kinder-Intensiv-Krankenschwester, die seit 30 Jahren im Altonaer Kinderkrankenhaus beschäftigt ist und bei der Nachbetreuung operierter Kinder mit dem Projekt "Herzbrücke" in Kontakt kam, wie schnell sich die kleinen Patienten nach dem schweren Eingriff erholen. "Razias Loch zwischen den beiden Herzkammern wurde mit einem 3,8 mal 2,5 Zentimeter großen Patch geschlossen", erzählt die 49-Jährige. Das war am 11. Oktober. Schon jetzt sei die lange Narbe nur noch ein feiner Strich. "Dank Professor Rieß. Seine Nähte sind die schönsten."

Seit der Operation blüht Razia auf. "Sie ist immer gut drauf", sagt die Gastmutter, der das Herz übergeht, wenn sie ihr Pflegekind beim Telefonieren beobachtet. "Ihre Eltern scheinen ihr lauter lustige Dinge zu erzählen, denn sie ist unentwegt am Lachen." Noch schöner sei, dass sie nach dem Telefonat nicht das Heimweh packe, sondern ihre ganze Aufmerksamkeit wieder der Gastfamilie widme. "Musik und Tanzen sind Razias große Leidenschaft", erzählt Brigitte Eichholz. Vor Kurzem besuchte sie einen Tanzworkshop am Süderquerweg und heute geht's zum ersten Mal in die Vorschule Zollenspieker. "Darauf freut sie sich schon sehr."

Ob es denn nicht problematisch sei, den Kindern so viel zu bieten und sie anschließend wieder in die Heimat zurückzuschicken, wo sie eine derartige Förderung nicht bekämen, will Birgit Bode wissen. "Nein", antwortet Brigitte Eichholz, "meine Erfahrung - auch mit den beiden anderen Mädchen - ist, dass sie davon nur profitieren."

Am 9. Dezember heißt es Abschied nehmen. Brigitte Eichholz fliegt mit nach Kabul und übergibt die nun kerngesunde Razia ihren Eltern. Auf die Wehmut des Abschieds folgt die Wiedersehensfreude. Die Gastmutter wird ihre beiden ehemaligen Pflegekinder, Storay und Shila, treffen, zu denen sie noch Kontakt hat.