Prozess: 34-jähriger Lastwagenfahrer steht wegen fahrlässiger Tötung vor dem Amtsgericht

Seit fast einem Jahr erinnert das ungewöhnliche Ensemble am Ruschorter Hauptdeich (Spadenland) an den dramatischen Tod des 33-jährigen Rennradfahrers, der im August vergangenen Jahres dort bei einem Verkehrsunfall starb. Ein Unfall, der wie kein anderer zu wochenlangen Diskussionen und höchst unsachlichen Schuldzuweisungen zwischen Autofahrern und Radlern im Landgebiet führte.

Was am 9. August bei Deichkilometer 28,5 wirklich geschah, soll nun das Bergedorfer Amtsgericht aufarbeiten. Dort muss sich am Mittwoch der Lastwagenfahrer verantworten, der bei einem Überholmanöver mit der ihm entgegenkommenden Gruppe von 30 Fahrern der "Radsportgruppe Uni" kollidierte. Der 34-Jährige war mit seinem gelben Iveco-Kastenwagen in Richtung Tatenberger Schleuse unterwegs. Gegen 18.20 Uhr überholte er einen Tourenradfahrer auf seiner Spur, obwohl die in Zweierreihe fahrenden Radrennsportler auf der Gegenfahrbahn ankamen. Im letzten Drittel der Radlerkolonne kam es zur Kollision. Der 33-jährige Sportler aus Köln, erst zum zweiten Mal bei der Donnerstagsausfahrt der Uni-Radler dabei, krachte gegen den Kastenaufbau des Lasters - er war sofort tot. Mehrere Radfahrer stürzten, drei erlitten Prellungen und Schürfwunden, einer von ihnen eine komplizierte Schlüsselbeinfraktur und Zerrung der Wirbelsäule.

"Wir haben den Lkw-Fahrer wegen fahrlässiger Tötung angeklagt", teilt Nana Frombach, Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft mit. "Er hätte nicht überholen dürfen, hätte vorher sicherstellen müssen, dass die Gegenspur wirklich frei ist." Fahrlässige Tötung kann mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. Wahrscheinlicher sei im vorliegenden Fall eine Geld- oder Bewährungsstrafe bis zwei Jahre, so Frombach. "Wenn überhaupt", meint Verteidiger Rolf-Peter Rocke "Wir stehen auf dem Standpunkt, dass der Unfall nicht von meinem Mandanten verschuldet wurde." Immerhin sei der Lastwagen an zwei Dritteln des Radfahrerpulks problemlos vorbeigekommen, betont der ausgewiesene Verkehrsrechtsexperte. "Das Gutachten der Rechtsmediziner besagt, dass das spätere Opfer mit gesenktem Kopf fuhr." Möglich sei, dass der Radler aus der Spur ausscherte und den Lastwagen nicht bemerkte, weil er zu Boden sah. Das Unfallgutachten der Dekra und die als Zeugen geladenen nachfolgenden Radfahrer sollen dem Gericht bei der Einordnung helfen.