Zollenspieker. Die Sache scheint vertrackt. Denn ein Patentrezept, wie die Architektur des 21. Jahrhunderts in den Vier- und Marschlanden aussehen sollte, hatte niemand parat.

Trotzdem war das Interesse an einem Dialog, zu dem das Bezirksamt und der Bund Deutscher Architekten (BDA) eingeladen hatten, sehr groß. Gut 150 Gäste fanden sich im Saal des Zollenspieker Fährhauses ein - darunter Bezirkspolitiker, Mitarbeiter des Bezirksamtes, Handwerker, Verbandsvertreter, Geschäftsleute, Architekten und natürlich interessierte Bürger.

"Architektur aus dem 21. Jahrhundert sollte auch so aussehen wie aus dem 21. Jahrhundert", sagte Bezirksamtsleiter Dr. Christoph Krupp und fügte gleich das Beispiel der Wohnhäuser hinzu, die vor etwa 100 Jahren im klassizistischen Stil gebaut wurden. "Damals galten sie als hochmodern, heute sind wir stolz auf die schönen, alten Häuser." Auch Karin Loosen, Vorsitzende des BDA Hamburg, verwies darauf, dass es Sinn der Architektur sei, "das Prinzip des Alten herauszufinden und darauf aufzubauen".

Ob das Aufbauen auf Altem allerdings wörtlich genommen werden sollte, darüber gingen die Meinungen zumindest beim Kamps-Gelände weit auseinander. Die Kommentare reichten von der "Bausünde aus den 60er-Jahren, die platt gemacht werden muss" über "Bauklötze-Architektur" bis hin zu den lobenden Worten: "Wo die Gebäude angefasst werden, sind die Entwürfe sehr gelungen." Nur die Hallen seien noch etwas dürftig.

Wie berichtet, plant Investor Jens Kohpeiß, das Areal zu einem Wohn- und Einkaufskomplex umzugestalten. Dafür will er die Bausubstanz des Verwaltungsgebäudes, des Silos und der Produktionshallen der ehemaligen Brotfabrik am Süderquerweg nutzen - was unter energetischen Gesichtspunkten durchaus Sinn macht. "Denn in der Gebäudesubstanz steckt schon jede Menge Energie - die sogenannte graue Energie", sagte Lars Kölln von ZWOK-Architektur, der die Entwürfe vorstellte. Deshalb sei es nachhaltig und positiv, die Gebäude zu erhalten. Außerdem: "Deutschland ist so gut wie gebaut, lediglich ein Prozent Neubauten kommen noch hinzu."

Georg Eggers gefielen die Entwürfe. Der Biobauer befürchtet nur, dass der Wohnturm, der aus dem Silo entstehen soll, weiteren hohen Gebäuden im Landgebiet den Weg ebnen wird. Andere, die ein Haus an der Straße Auf dem Sülzbrack bauten, "weil es dort so schön ruhig ist", sehen nun erhebliche Lärmbelästigungen durch den Lieferverkehr auf sich zukommen. Gar nicht zu Wort meldeten sich dagegen die Anwohner, die seit längerem mehr Einkaufsmöglichkeiten am Spieker fordern.

Kontrovers diskutiert wurde auch der Hotelneubau am Zollenspieker Fährhaus, dessen Entwurf Professor Asmus Werner vorstellte. Nicht wenige befanden das Gebäude für "zu lang". Und während andere Architekten im Saal speziell das "Weiße Haus" an der Deichfront lobten, das nachträglich hinzugefügt worden war, um die lang gezogene Fassade optisch aufzulockern, war es für Heinz Jarchow (SPD) ein "hilfloser Versuch, zu dem historischen Fährhaus einen Bezug herzustellen". Auch den linken Gebäudeteil mit seinen "zu kleinen und zu wenigen Fenstern" hielt er für eine Fehlplanung.

Während Kölln betonte, dass bei seinem Entwurf noch nicht das letzte Wort gesprochen sei, soll für den Hotelneubau im Frühjahr Baustart sein.