Curslack. Das Unentschieden hilft den Vierländern im Abstiegskampf zwar nicht so recht weiter. Warum Coach Marcello Meyer trotzdem zufrieden war

Wenn die Oberliga-Fußballer des SV Curslack-Neuengamme ein Heimspiel austragen, ist das ein Ereignis, das im ganzen Ort wahrgenommen wird. Die Stimme von Stadionsprecher Tobias Gehrlein schallt über Feuerwehrstation und Gewächshäuser hinweg bis zur mehrere Hundert Meter entfernten Kirche St. Johannis am Tönerweg, und auch die von der Tribüne am Gramkowweg verstärkte Anfeuerung der Zuschauer ist weithin zu vernehmen. Immerhin rund 250 Fans trotzten dem stürmisch-regnerischen Wetter und sahen sich am Sonnabend, 18. Februar, das Derby gegen die TuS Dassendorf an. Es ist auch diese Treue, die bei den Vierländern den Glauben an den Klassenerhalt aufrecht erhält. Das Team von Spielertrainer Marcello Meyer zahlte es mit einer engagierten Leistung zurück und schaffte nach einem 0:2-Rückstand noch ein 2:2-Unentschieden.

Oberliga-Derby: Proteste nach dem Schlusspfiff des Schiedsrichters

Es wäre sogar noch mehr drin gewesen, hätte Schiedsrichter Paul Dühring (SVNA) beim Abpfiff nicht ein denkbar unglückliches Timing bewiesen. Ausgerechnet als SVCN-Kapitän Witalij Wilhelm einen Konter bei Fünf-gegen-zwei-Überzahl startete, beendete Dühring die Partie in der fünften Minute der Nachspielzeit und musste sich danach vehementer Curslacker Proteste erwehren, die natürlich vergeblich waren. „Ich muss mich erst mal abregen“, dampfte SVCN-Manager Torsten Henke noch auf der anschließenden Pressekonferenz, bevor Gäste-Trainer Peter Martens schließlich erfolgreich die Wogen glättete: „Wir sollten uns nicht auf den Schiedsrichter fokussieren. Es gab genug Chancen, das Spiel zu entscheiden.“

Beide Teams schenkten sich nichts. Hier blockt Dassendorfs Oliver Doege (vorn) den Curslacker Sebastian Spiewak.
Beide Teams schenkten sich nichts. Hier blockt Dassendorfs Oliver Doege (vorn) den Curslacker Sebastian Spiewak. © Volker Koch | Volker Koch

Damit hatte Martens zweifellos recht. Das Überraschende dabei war, dass es in der ersten Hälfte das Schlusslicht Curslack war, das die Partie dominierte. Eine Riesenmöglichkeit zum Führungstreffer hatte Verteidiger Moritz Kühn, der auf der rechten Seite frei durch war und mit seinem Flachschuss knapp am langen Eck vorbei zielte (21.). „Ich wollte erst schießen, dann flanken, und dann war es nix“, nahm Kühn es mit Humor. Kurz darauf hatte Florian Rogge die Führung für die Gastgeber auf dem Fuß, doch auch er zielte vorbei (22.).

TuS-Coach Peter Martens: „Ein maximal enttäuschende Leistung“

Doch wie einfach war es für den SVCN, gegen indisponierte Dassendorfer zu Möglichkeiten zu kommen? „Die ganze Woche über hatte nichts darauf hingedeutet, dass wir uns hier so präsentieren würden“, wunderte sich Martens, der das TuS-Team gemeinsam mit Thomas Hoffmann trainiert, über den schwachen Auftritt. „Das war eine maximal enttäuschende Leistung. Das ist nicht unser Anspruch.“

Doch selbst wenn der Oberliga-Serienmeister mal einen schlechten Tag erwischt hat, bleibt er stets torgefährlich. Schon vor der Pause war TuS-Mittelstürmer Martin Harnik mit einem Hackentrick ganz nah dran am 1:0, doch SVCN-Verteidiger Jannik Mohr konnte gerade noch blocken (39.). Nach dem Seitenwechsel haute Harnik den Ball dann unnachahmlich zum 1:0 in den Winkel (56.) und legte mit einem von Hendrik Bombek verursachten Handelfmeter das 2:0 nach (65.). Plötzlich schien die Partie entschieden zu sein.

Nächste Woche steigt Dassendorfs Spitzenspiel gegen Altona 93

Doch Curslack kam zurück. „Wir haben eine tolle Moral gezeigt“, freute sich Spielertrainer Meyer. „Andere Teams lassen sich da vielleicht abschießen, aber wir geben niemals auf.“ Zunächst staubt Stjepan Brkic zum 1:2 ab (69.), dann verwertet SVCN-Mittelstürmer Arnold Lechler ein Zuspiel von Wilhelm zum 2:2 (75.). In der Schlussphase hat Dassendorf dann noch die große Möglichkeit zum Siegtreffer.

Ausgerechnet Defensivmann Hendrik Dettmann ist es, der plötzlich seine Offensivqualitäten auspackt und sich mit einem brillanten Solo über das halbe Feld bis in den Strafraum durchdribbelt. Doch Giese pariert nicht nur seinen Schuss, sondern auch den Nachschuss von Mattia Maggio, bevor Dettmann schließlich einen weiteren Nachschuss neben das Gehäuse setzt (81.).

So bleibt es am Ende beim leistungsgerechten 2:2, das keinen so recht glücklich machen wollte. Dass die Curslacker damit im Abstiegskampf nicht recht vorankommen und die Dassendorfer nun schon seit knapp acht Monaten auf Kunstrasen ohne Sieg sind, ist aber nur hässliche Statistik. Keiner der 250 Zuschauer, so viel steht fest, dürfte trotz des garstigen Wetters sein Kommen am Sonnabend bereut haben. Vor dem SV Curslack-Neuengamme liegt nun ein spielfreies Wochenende, während die TuS Dassendorf am Sonntag, 26. Februar, Altona 93 zum Spitzenspiel empfängt (13 Uhr, Wendelweg).

SVCN: Giese – Wilhelm, Spiewak (65. Jacobs), Mohr, Kühn – Rogge, Bombek – Winterfeld (60. Borgmann), Brkic, Rump – Lechler (85. Meyer) Dassendorf: Gruhne – Kleine, K. Carolus, Ahlschwede, R. Carolus (46. Dettmann) – Doege, Lam (80. Kurczynski), Strömer – Maggio, Harnik, Zalli (46. Muhlack)

Die kuriosesten Schlusspfiffe

Als kleiner Trost für die Anhänger des SV Curslack-Neuengamme gibt es hier die verrücktesten Schlusspfiffe der Fußballgeschichte:

Der korrekte Mr. Thomas aus Wales: Bei der Fußball-WM 1978 pfiff Referee Clive Thomas aus Wales die Partie Brasilien-Schweden (1:1) auf die Sekunde genau nach 90 Minuten ab. Das passierte, während der Ball bei einer Ecke in der Luft war. Den anschließenden Treffer der Brasilianer erkannte Thomas trotz wütender Proteste nicht an.

Nichts wie weg: Bei einer Partie 2016 in Ecuador zwischen Guayaquil und River Plate pfiff der Referee schon nach zehn Minuten ab. Der Grund: Ein wütender Bienenschwarm war über Spieler und Unparteiische hergefallen.

Gefühl für Raum und Zeit verloren: Beim Africa-Cup 2022 dauerte die Partie Tunesien-Mali nur 85 Minuten. Der Grund: Referee Janni Sikazwe aus Sambia hatte einen Hitzschlag erlitten und das Gefühl für Raum und Zeit verloren.

Nachsitzen: Beim Champions-League-Spiel zwischen Atletico Madrid und Bayer Leverkusen im Oktober 2022 pfiff Schiedsrichter Clement Turpin aus Frankreich erst ab und gab danach Elfmeter für Madrid. Der Video-Assistent hatte sich eingeschaltet. Atletico verschoss und schied aus.