Lohbrügge. Der 73-jährige Lohbrügger schreibt in seinem zweiten Buch über die Nachkriegszeit. Am 29. März lädt er zur Lesung ein.

Dampfendes Waschwasser, krähende Hähne, quiekende Schweine und die damit einhergehenden Gerüche: Das alles beschreibt der Autor Wolfgang Ising in seinem zweiten Buch „Die 50er in unserer Siedlung“ als sein wundervolles Zuhause. Humorvoll schildert der 73-Jährige den Lebensalltag in der Lohbrügger Siedlergemeinschaft zwischen Röprade und Buchenweg, die heute am Rand von Lohbrügge-Nord liegt, gleich östlich vom Röpraredder.

„Eigentlich habe ich das Buch geschrieben, damit meine zwei Kinder und mein Enkel nachlesen können, wie ich aufgewachsen bin. In einer völlig anderen Zeit eben“, sagt Ising, der seine Kindheit nun auf 323 Seiten in einem Taschenbuch festgehalten hat – und für Mittwoch, 29. März, zur Lesung einlädt. Los geht es bei freiem Eintritt um 19 Uhr in der Foodlounge an der Bergedorfer Straße 135.

Erinnerung an engen Zusammenhalt und unerschütterlichen Optimismus

Das beschauliche Häuschen der Familie steht noch immer zwischen 26 anderen in der kleinen Siedlung, die bis zum Bau von Lohbrügge-Nord inmitten von Feldern lag. Die Kinder spielten zu jeder Jahreszeit auf den selten befahrenden Wegen, ließen Murmeln und Bälle rollen. Während die Erwachsenen sich zu einem „Schnack übern Zaun“ trafen, verteidigte der Nachwuchs die Kirschbäume mit Zwillen vor gierigen Vögeln. Im Rückblick eine absolute Idylle.

Das Leben in der Lohbrügger Siedlung in den 1950er-Jahren.
Das Leben in der Lohbrügger Siedlung in den 1950er-Jahren. © Wolfgang Ising

„Das Besondere war unser Zusammenhalt und der unerschütterliche Optimismus, obwohl wir Siedler ja weniger Essensmarken als die Städter bekamen“, sagt Ising und betont, dass in der Nachkriegszeit alle auf Selbstversorgung angewiesen waren. Das Gehalt des Vaters, der als Elektriker beim E-Werk arbeitete, reichte nicht für Luxus. Doch die Gärten glichen in den Kinderaugen einem Schlaraffenland, boten Erdbeeren, Kirschen und Pflaumen – „und wir pflückten auch gern die knackigen Erbsen direkt vom Strauch“, erinnert der Senior.

Ein winziger Krämerladen wichtigste Informationsquelle für die Nachbarschaft

Auch die Wurst und der Sonntagsbraten „wuchsen“ im Garten: Hausschlachtungen von Schweinen, Hühnern und Kaninchen gehörten zum Alltag. Weniges wurde im Krämerladen Martens gekauft, etwa Südfrüchte, Käse und vor allem Süßigkeiten. Das winzige Geschäft an der Ecke Röpraredder/Binnenfeldredder, heute ein Frisiersalon, war vor 70 Jahren das lokale Informationszentrum.

Hier erfuhr jeder auch ungefragt, wann das nächste Kinderfest steigt oder wer hinter dem nächtlichen Streich steckte – etwa dem, als Wolfgang Ising mit seinen Kumpels sämtliche Gartentüren der Siedlung vertauschte.

Autor Wolfgang Ising (73) mit seinem neuen Buch „Die 50er in unserer Siedlung“.
Autor Wolfgang Ising (73) mit seinem neuen Buch „Die 50er in unserer Siedlung“. © BGZ | strickstrock

Das Buch „Für immer im Kopf“ kam 2016 als sein Erstlingswerk auf den Markt

Bevor die Wirtschaftswunder-Jahre jedem Haushalt Annehmlichkeiten wie Toaster, Waschmaschine oder Fernseher bescherten, war das Leben etwas langsamer, wenngleich gespickt von harter körperlicher Arbeit. Wolfgang Ising beschreibt etwa die Tabakernte in Lohbrügge. Die Siedler halfen den vier umliegenden Bauern, die großen Tabakblätter nicht etwa zu schneiden, sondern seitlich abzureißen. Kräftige Jungen packten zudem beim Kartoffelsetzen und Rübenziehen mit an – das brachte immerhin bis zu fünf Mark am Tag ein.

Manchmal brach ein Feuer auf den Feldern aus. Sobald die Sirenen ertönten, strömten alle Anwohner zur Rauchwolke: nicht zum Schauen, sondern zum Löschen. Auch Ising war als Kind schon mit einer Feuerpatsche dabei. Da war längst noch nicht absehbar, dass er später mal Berufsfeuerwehrmann werden würde – auch auf der Bergedorfer Wache. Das Buch „Für immer im Kopf“ kam 2016 als sein Erstlingswerk auf den Markt. Hier schildert Wolfgang Ising von seinen 24 prägendsten Einsätzen – etwa wie es sich anfühlt, jemanden verbrennen zu sehen. Oder wie es war, als die Wiederbelebung eines kleinen Jungen scheiterte.

Blick in die Siedlung heute: Die alten Häuser am Buchenweg stehen noch.
Blick in die Siedlung heute: Die alten Häuser am Buchenweg stehen noch. © BGZ | Birte Keller

Dagegen sind „Die 50er in unserer Siedlung“ eine sehr angenehme, wohltuende Lektüre. Dabei lädt der Autor alle Älteren dazu ein, in schönen Erinnerungen zu schwelgen: „Gewiss wird es einige Zeitzeugen geben, die bei einer Lesepause mit geschlossenen Augen ihre Siedlung wiedersehen“, wünscht sich der 73-Jährige. Wer mag, kann ein Exemplar seines Buches bei der Lesung für 16 Euro erwerben. Erschienen ist es im Kadera-Verlag (ISBN: 978-3948218607).