Kirchwerder/Lohbrügge. Julius Riecken ist tot. Der Vierländer engagierte sich lange beim SC Seefeld und als trockener Alkoholiker in der Suchthilfe.

Den Namen Julius Riecken kennen viele Vierländer und auch viele Lohbrügger: Riecken wuchs in Kirchwerder auf und war 61 Jahre lang Mitglied im Schießclub Seefeld. Seit 1986 leitete er Gruppe der Suchtkrankenhilfe in der Lohbrügger Erlösergemeinde, half im Laufe der Jahrzehnte vielen Alkoholikern. Am 2. Mai ist Riecken gestorben. Von einem Schlaganfall hatte er sich nicht erholt.

Riecken wäre am 9. Mai 82 Jahre alt geworden. Er hinterlässt eine jüngere Schwester sowie neun Neffen und Nichten. „Wir waren seine ,Stammfamilie’“, sagt Rieckens Nichte Martina Lau (56), Tochter von dessen verstorbenem älteren Bruder. Julius Riecken, den viele „Onkelchen“ riefen, war nie verheiratet, hatte keine Kinder.

Julius Riecken im Alter von 81 Jahren verstorben

Julius Riecken wuchs zusammen mit seinen Eltern, seinen Geschwistern und deren Kindern in einem großen Bauernhaus an der Heinrich-Osterath-Straße auf. Zu seiner „Stammfamilie“ hatte der geborene Bergedorfer bis zu seinem Tod einen guten Draht. Ihr Onkel sei generell sehr offen mit seiner Alkoholkrankheit umgegangen, sagt Martina Lau, „innerhalb der Familie, aber auch außerhalb“. Deshalb sei er mit seinem bemerkenswerten Werdegang auch für Martina Laus Zwillinge (20) prägend gewesen.

Schon in frühen Jahren wurde der gelernte Kfz-Mechaniker alkoholsüchtig. 1982 befand sich Riecken dann an dem Tiefpunkt seines Lebens: Er erlitt einen Zusammenbruch, verlor seinen Mechaniker-Job. Doch Riecken machte in einer Klinik in Süddeutschland einen monatelangen Entzug – mit Erfolg. Die kommenden vier Jahrzehnte rührte er keinen Alkohol mehr an. Bis zur Rente arbeitete er wieder als Kfz-Schlosser.

Trotz seiner Krankheit blieb er dem SC Seefeld treu und feierte – mit alkoholfreien Getränken im Glas – weiter mit. Riecken wurde 1985 und 2009 Schützenkönig. Dem Verein wird er aber auch wegen seines großen Engagements in guter Erinnerung bleiben: Zwischen 1983 und 2004 betreute er als Jugendwart den Nachwuchs, von 1992 bis 2002 war er zudem Pressewart. Der Vorstand ernannte ihn deshalb vor acht Jahren zum Ehrenmitglied.

Vor 40 Jahren in Selbsthilfegruppe eingetreten

Mindestens ebenso engagiert war Riecken in der Erlösergemeinde in Lohbrügge. 1983 trat er dort in eine der Selbsthilfegruppen ein. 1985/86 hatte er sich durch die Suchtkrankenhilfe im Diakonischen Werk Hamburg zum Suchtkranken-Helfer ausbilden lassen, übernahm 1986 selbst die Leitung einer Gruppe. 2011, 25 Jahre nach seinem Start als Gruppenleiter, würdigte ihn die Diakonie dafür mit dem sogenannten Kronenkreuz. Die Gruppe, die sich wöchentlich im Gemeindehaus trifft, leitete er bis zuletzt.

In der Erlöserkirche arbeitete Riecken auch im Vorstand und über viele Jahre ehrenamtlich als Küster. „Er begleitete Jugendfreizeiten, fuhr mit nach Finnland und Schweden“, berichtet Martina Lau. „Er galt dort als sehr verantwortungsbewusst und zuverlässig.“ Gelegentlich habe Riecken in der Kirche auch Predigten zum Thema Alkoholismus gehalten – auf Plattdeutsch. Trotz seines großen Engagements habe er seine Ehrenämter nie an die große Glocke gehängt, weiß seine Nichte: „Das war für ihn stets selbstverständlich. Er war bescheiden und mutig.“

Riecken war nach seinem Entzug wieder zu seiner Familie in das Bauernhaus in Kirchwerder gezogen, wechselte 1988 dann in eine Wohnung an der Sannmannreihe in Lohbrügge, wo er bis zuletzt lebte. „Er war auch noch im Alter mobil“, sagt seine Nichte. „Bis vor Kurzem ist er noch die Treppen in den zweiten Stock hochgestiegen, fuhr er selbst Auto.“

Trauerfeier für Julius Riecken ist am 24. Mai in Kirchwerder

Julius Riecken wird am Mittwoch, 24. Mai, in Kirchwerder beigesetzt. „Es dauert noch einige Wochen, weil erst dann seine gesamte Familie dabei sein kann. Das ist uns sehr wichtig“, sagt Martina Lau. Die Trauerfeier in der Kirche St. Severini am Kirchenheerweg beginnt um 13 Uhr. „Die Gemeinde der Erlöserkirche wird zu Gast sein, so schließt sich der Kreis“, sagt Rieckens Nichte. Geleitet wird die Trauerfeier von Thomas Reinsberg, Pastor der Erlöserkirche.