Hamburg. Ab April lassen sich die Geschichte und die Gastronomie bei einem Stadtrundgang erkunden. Was Besucher auf der neuen Tour erwartet.

Die Reise durch das historische Bergedorf beginnt im Schatten der Neubauten des CCB, umgeben von Beton und Glas. Doch trotz der modernen Umgebung: Stadtführerin Manuela Käselau und das gute Dutzend Gäste sind hier am Serrahn ganz nah an den Keimzellen des südöstlichsten Bezirks Hamburgs dran. „1162 wurde die Kirche St. Petri und Pauli erstmals erwähnt“, erklärt Käselau.

Bewohner des höhergelegenen Geestrückens – die „Berger“ – seien damals hinabgestiegen, um ein Dorf zu gründen. Fruchtbare Marschböden und ein Handelsweg in Richtung Lübeck lockten sie. Um zu verstehen, was in den kommenden Jahrhunderten geschah, setzt sich die Gruppe jetzt in Bewegung, immer hinter Manuela Käselau her.

Genusstour kombiniert historisches Wissen und lokale Leckereien

Es ist die Generalprobe zur neuen Genusstour von Veranstalter Urban Guru, in Zusammenarbeit mit der Bergedorfer Zeitung und dem Stadtmagazin Szene Hamburg. Nicht nur der Wissensdurst der Teilnehmer soll heute gestillt werden. Sechs Zwischenstopps bei Bergedorfer Gastronomen sind ebenfalls eingeplant. Das gibt Kraft für den dreistündigen Rundgang durch den Bezirk und ermöglicht es außerdem, auch das kulinarische Angebot Bergedorfs kennenzulernen.

Am Bergedorfer Schloss erklärt Stadtführerin Manuela Käselau die wechselhafte Geschichte der ehemaligen Herrscher.
Am Bergedorfer Schloss erklärt Stadtführerin Manuela Käselau die wechselhafte Geschichte der ehemaligen Herrscher. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Zwischen der Kirche St. Petri und Pauli und dem Bergedorfer Schloss nimmt Manuela Käselau ihre Zuhörer auf einen wilden Ritt durch die Geschichte von Bergedorfs mittelalterlichen Herrschern – vom welfischen Herzog Heinrich dem Löwen über das Geschlecht der Askanier bis zum Vertrag von Perleberg 1420, in dem sich die beiden Hansestädte Hamburg und Lübeck das Örtchen in der Marsch zur gemeinsamen Herrschaft einverleiben.

Käselau beschreibt streitlustigen Herzog Heinrich als „Typ offene Hose“

Dass die fachlich fundierten Betrachtungen zum strategisch ungünstigen Erbrecht der Askanier nicht allzu dröge werden, liegt auch an Manuela Käselau. Die weiß, wann sie auf akademische Sprache verzichten sollte und beschreibt den streitlustigen Herzog Heinrich schon mal als „Typ offene Hose“.

Dann geht es auch schon rein in den malerischen Innenhof des Bergedorfer Schlosses, wo Andreas Kilonzo vom Restaurant In aller Munde die Gäste mit einem Hummersüppchen empfängt. Die Auswahl der Restaurants und Geschäfte für eine neue Tour ist jedes Mal eine Herausforderung. „Sie müssen zum Stadtteil passen, sie müssen zum Rundgang passen. Es gibt viele Schrauben, an denen wir drehen müssen“, beschreibt Astrid Brüggmann von Urban Guru die Planungen.

Herzhafte Stärkung: Burger zum Teilen bei Ruff‘s Burger.
Herzhafte Stärkung: Burger zum Teilen bei Ruff‘s Burger. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Italiener und Burger-Brater unter einem Dach

Der Zeitplan muss fein getaktet werden, schließlich sollen die Gäste ihr Essen ohne lange Wartezeit auf den Tisch bekommen, wenn sie auf der Tour einkehren. Zu jedem kulinarischen Stopp gibt es zusätzliche Infos, entweder von den Guides oder den Gastronomen selbst.

Beim Streifzug durch die Bergedorfer City erfahren die Teilnehmer so nicht nur, warum Bergedorfs prächtiger Bahnhof am Frascatiplatz schon vier Jahre nach der Eröffnung 1842 schon wieder stillgelegt wurde und was das Gebäude mit der Familienresidenz der Bismarcks zu tun hat. Sondern auch, dass die Sushi Asia Lounge in der Vierlandenstraße, wo Hähnchen süßsauer serviert wird, von einer nepalesischen Familie betrieben wird. Oder warum sich mit Ciao Bella und Ruff‘s Burger ein Italiener und ein Burger-Brater unter einem Dach befinden.

Was ist eigentlich mit dem Alten Bahnhof passiert? Manuela Käselau weiß Bescheid.
Was ist eigentlich mit dem Alten Bahnhof passiert? Manuela Käselau weiß Bescheid. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Stadtführerin Manuela Käselau hat die wissensdurstigen und hungrigen Gäste gut im Griff. Studiert hat sie unter anderem Niederdeutsche Linguistik, eine Grundlage für ihr Interesse an Regionalgeschichte. „Ich habe außerdem langjährige Erfahrung mit Improvisationstheater, das hilft beim Reden“, erzählt Käselau.

Urban-Guru-Expertin spart nicht mit bissigen Kommentaren

Im Vergleich zur Geschichte des Hamburger Kerngebiets ist die Vergangenheit Bergedorfs eher Nischenwissen. „Die Tour zusammenzustellen, hat den ganzen Winter gedauert. Das Schwierige ist jedes Mal, eine Dramaturgie für den ganzen Rundgang zu finden“, so die Stadtführerin.

Die Kornwassermühle ist nicht so historisch, wie es im ersten Moment scheint.
Die Kornwassermühle ist nicht so historisch, wie es im ersten Moment scheint. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Die Urban-Guru-Expertin spart an diesem Nachmittag nicht mit bissigen Kommentaren, vor allem beim Thema Denkmalschutz. Bei so manchem historischen Gebäude zerplatzen die Illusionen der Besucher wie Seifenblasen. Die vermeintlich altehrwürdige Kornwassermühle am Kupferhof? Ein Neubau aus den 1970er-Jahren. „Das ist quasi wie eine Fototapete. Wenn man das angebliche Fachwerk und die Klinkerschicht abtragen würde, sähe das hier genau so aus wie das CCB“, kommentiert Käselau.

Christoph von Have serviert zunächst selbstgemachten Eierlikör

Bergedorfer Geschichte und kulinarischer Genuss lassen sich in der Weinhandlung Heinrich von Have in einem Gebäude finden. Seit 1868 ist der Wein- und Spirituosenhandel im Familienbetrieb, seit den 1930ern verkauft die Familie Hochprozentiges im mehrfach umgebauten Gebäude am Sachsentor.

Ein Blick hinter die Kulissen der Weinhandlung Heinrich von Have am Sachsentor.
Ein Blick hinter die Kulissen der Weinhandlung Heinrich von Have am Sachsentor. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Besitzer Christoph von Have serviert zunächst selbst gemachten Eierlikör und Franzbrötchenlikör. Dabei verrät er gleich noch die von seiner Großmutter erfundene einzig richtige Art, ein Franzbrötchen zu genießen: mit Butter bestrichen und einer Prise Salz.

Anschließend können die Besucher die Holzfässer besichtigen, in denen Christoph von Have Wein und Whiskey lagert. Im gleichen Raum lagert eine historische Flaschenreinigungsmaschine, nebenan die Destille, in der Spirituosen nach alter Väter Sitte hergestellt werden können.

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Rum- und Nougatpralinen bei Kaffee Timm und Flammkuchen in der Koffeinschmiede

Danach geht die Tour einmal rüber über den Bergedorfer Markt, wo Stefan Müller von der Kaffeerösterei Timm Rum- und Nougatpralinen verteilt, dazu das stärkste Lakritz der Welt für die ganz Mutigen. Die Tour durch Bergedorf klingt schließlich in der Koffeinschmiede aus, wo die müde gelaufenen Teilnehmer Flammkuchen frisch aus dem Ofen bekommen.

Die Tickets für die Genusstouren kosten regulär 44 Euro und sind auf der Website von Urban Guru zu buchen. Abonnenten der Bergedorfer Zeitung erhalten die Karten ermäßigt für 39 Euro. Die reduzierten Gutscheine sind ausschließlich in der Geschäftsstelle der Bergedorfer Zeitung (Chrysanderstraße 1) erhältlich. Aber Achtung: Die Premiere am Sonnabend, 6. April, ist bereits ausgebucht. Für die Termine an den folgenden Sonnabenden sind noch zahlreiche Karten erhältlich. Die Genusstouren beginnen jeweils um 12 Uhr.