Neuengamme. Pfeifenclub setzt auf Geselligkeit. Die meisten Mitglieder rauchen privat gar nicht. Worauf es im Training und beim Wettbewerb ankommt.

Mit 21 Vereinsmitgliedern trat der Pfeifenclub Gemütlichkeit bei der Deutschen und Norddeutschen Meisterschaft im Pfeife-langsam-rauchen in Hemmoor bei Stade an – und heimste Titel ein. Die Frauen wurden Norddeutscher Vizemeister in der Mannschaftswertung, Karsten Witthöft ist nun amtierender Norddeutscher Vizemeister in der Einzelwertung. Witthöft gelang es, die Glut in seiner Pfeife eine Stunde, acht Minuten und 16 Sekunden lang glimmen zu lassen. Der Sieger konnte fast 17 Minuten länger qualmen. Der Deutsche Meister, Mitglied des Rauchclubs Groß-Schwarzenlohe in Franken, brachte es auf eine Stunde und 55 Minuten. „Der Weltrekord liegt bei 3.33 Stunden“, sagt Heiner Borstelmann (67) aus Kirchwerder, Vorsitzender des Pfeifenclubs Gemütlichkeit.

In zwei Jahren richten Borstelmann und seine Piepenbröder und -schwestern die Deutsche und die Norddeutsche Meisterschaft in Neuengamme aus. Dies tat der 1892 gegründete Pfeifenclub bereits 2017, anlässlich seines 125-jährigen Bestehens. In den ersten 116 Jahren nach der Club-Gründung beteiligten sich die Neuengammer lediglich an den jährlichen Norddeutschen Meisterschaften, nicht aber an bundesweiten Wettbewerben: „Das liegt daran, dass wir erst 2008 in den Verband Deutscher Pfeifenraucher eingetreten sind“, sagt Borstelmann. Der Verband zählt aktuell 17 Vereine.

Name ist Programm: Piepenbröder lieben die Gemütlichkeit

Doch die Piepenbröder und -schwestern beschränken sich nicht auf Landesgrenzen, wenn es darum geht, ihren Pfeifentabak möglichst länger zu paffen als die Raucher aus anderen Vereinen es können: „Wir sind schon bei Weltmeisterschaften in Venedig, Kopenhagen und Köln angetreten“, sagt Annegret Kowald (65) aus Neuengamme. Borstelmann fügt grinsend hinzu: „Tokio haben wir ausgelassen. Das war uns zu weit weg.“ Schließlich würden die Vereinsmitglieder sämtliche Kosten selbst zahlen. „Das ist Privatvergnügen. Der Verein zahlt stets nur das Startgeld“, sagt der Vorsitzende. Geldpreise gebe es keine, „nur Pokale, Urkunden und manchmal, wenn es gut läuft, auch Pfeifen“, betont Dirk Scheel (63) aus Neuengamme.

Der Piepenclub zählt rund 20 Pfeife rauchende Herren. Neun Frauen haben ihre eigene Abteilung, die 1986 gegründete Gemütliche Pfeife. Bei Meisterschaften treten die Frauen allerdings für den Pfeifenclub an. Annegret Kowald, seit 1996 dabei, ist die erfolgreichste Raucherin. Sie heimste zahlreiche Titel ein, war unter anderem viermal Deutsche Meisterin. Dabei ist die Ruheständlerin „absolute Nichtraucherin“, wie sie berichtet. „Mehr als die Hälfte unserer Mitglieder raucht nicht“, sagt Thorsten Jacobsen (60) aus Reinbek. Auch die meisten der Vereinsraucher würden außerhalb der Zusammenkünfte des Pfeifenclubs niemals zur Pfeife, Zigarre oder Zigarette greifen.

Bodenständig und mit der Region verbunden

Warum sie dann beim Piepenclub sind? „Es geht um die Gemütlichkeit, die Geselligkeit“, sagt Borstelmann, der dem Club seit 30 Jahren treu ist. „Wir alle sind bodenständig und mit der Region verbunden. Viele Mitglieder wohnen am Neuengammer Hinterdeich oder haben hier zumindest früher gewohnt. Fast alle kommen aus den Vierlanden.“ Bei den regelmäßigen Treffen – an jedem ersten Freitag im Monat, 20 Uhr, in „Kücken‘s Gasthof“ am Neuengammer Hinterdeich 54 – werde viel Platt geschnackt. „Wir sitzen noch lange zusammen und klönen, nachdem die Pfeifen aus sind“, sagt Borstelmann. „Die Pfeifen brennen jedes Mal so eine bis eineinhalb Stunden.“

In der Gaststätte am Neuengammer Hinterdeich ist der Club vor 131 Jahren auch gegründet worden. Nachdem Wirt Hans-Dirk „Hahni“ Hahn im Juni 2022 überraschend gestorben war, fürchteten die Piepenbröder und viele weitere Stammgäste, darunter weitere Vereine, dass mit ihm auch der Gasthof sterben würde. „Lange war unklar, wie es weitergeht“, sagt Jacobsen. Etwa ein halbes Jahr lang improvisierte der Club, trafen sich die Mitglieder privat. „Wir waren sehr bange, ob es überhaupt weitergeht“, sagt Borstelmann. Um so erleichterter waren der 67-Jährige und seine gemütlichen Kumpane, als sieben ehemalige Stammgäste die Kneipe übernahmen und am 1. Oktober 2022 wieder öffneten.

Es wird auch geboßelt und gekegelt

Neben den 20 rauchenden Herren zählt der Club 160 weitere Mitglieder, die ebenfalls jährlich 20 Euro Mitgliedsbeitrag zahlen, aber nicht zur Pfeife greifen. „Einige von ihnen beteiligen sich aber an unseren weiteren Aktivitäten, gehen mit uns Essen, Boßeln, Grillen, Kegeln oder auf Ausflugstouren“, sagt Jacobsen.

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Vor 30 Jahren zählte der Club sogar mehr als 30 Pfeifenraucher. „Viele sind gestorben und es sind nicht so viele neu hinzugekommen, dass wir diese Zahl halten konnten“, sagt Borstelmann. Der Altersdurchschnitt liegt heute bei Mitte 50, schätzt Jacobsen, „weil in den vergangenen drei, vier Jahren mehrere Jüngere eingetreten sind“. Der jüngste Pfeifenraucher ist 30 Jahre alt.

Neue Mitglieder brauchen Bürgen

Warum eine Pfeifenladung Tabak unterschiedlich lange brennt? „Das hängt von vielen Faktoren ab, etwa von Tabaksorte und -schnitt und davon, wie trocken und wie fest er gestopft ist“, sagt Scheel. Neue Gesichter sind bei den Piepenbrödern und -schwestern stets willkommen. „Sie benötigen allerdings einen Bürgen aus dem Verein“, sagt Borstelmann. „Bei unserer Hauptversammlung wird dann über den Beitrittsantrag abgestimmt.“ Weitere Informationen zu dem Traditionsverein finden sich im Internet: piepenclub.de.