Hamburg. Jeden Abend sitzt Doris Timmann an den bunten Teppichen. Jetzt zeigt sie die Stücke bei einer Ausstellung in Bergedorf.

Der größte Wandteppich ist 1,20 Meter breit und 2,50 Meter hoch – und verbirgt unendlich viel Arbeit: „Pro Quadratmeter brauche ich etwa 150 Stunden“, sagt Doris Timmann, die daheim an der Wentorfer Straße jeden Abend drei Stunden lang arbeitet – sogar ohne Lupe. Viele Farben brauchte es natürlich für den bunten Hahn, der sich 1,20 Meter hoch reckt: „Da sind etwa 20.000 Perlen und Pailletten verarbeitet, alle mit einem Befestigungsstich“, sagt die Künstlerin, deren Werke zwischen 1600 und 2800 Euro kosten. 22 textile Bildwerke sind jetzt in der offenen Galerie Bergedorf im ersten Stock des CCB zu sehen.

Ausstellung im CCB: Farben, Winkel und geschwungene Linien haben sie fasziniert

Der Weg zur Künstlerin war wechselhaft: Erst technische Zeichnerin, dann Kinderkrankenschwester und Pflegedienstleiterin – und „ach ja, Mitte der 80er hatte ich eine Galerie im Karo-Viertel“, fällt Doris Timmann ein. Ein sozial-kreativer Treffpunkt sei das gewesen, meint die 79-Jährige. Farben, Winkel und geschwungene Linien hätten sie fasziniert.

Als junge Frau schon habe sie stundenlang in der Hamburger Kunsthalle ein einziges Bild verinnerlichen können. Aber auch der Mann, der mit ihrer Mutter in Paris lebte, habe sie inspiriert: „Der Maler Arnold Fiedler zählte damals zur Hamburger Sezession und war recht berühmt.“

Künstlerin Doris Timmann mit einem ihrer Wandteppiche.
Künstlerin Doris Timmann mit einem ihrer Wandteppiche. © BGZ | strickstrock

Die Idee für Wandteppiche entstand eher zufällig

Ihre eigene Kunst entstand eher zufällig: Was mal ein Überwurf für ein Piano werden sollte, fiel zu knapp aus: „Da habe ich es einfach als Teppich an die Wand gehängt.“ Ein romanisches Kloster, Wasserkrüge, Häuserzeilen und auch völlig abstrakte Formen finden sich heute in ihren Bildteppichen, die sehr aufwendig entstehen.

Farbige, besonders weit gewebte Jute wird bestickt, mit Garnen, Glasperlen und Pailletten. „Erst aber mache ich einen Rand, wie einen Rahmen. Dann folgen eine Kreideskizze und ein Hilfsfaden.“ Und so langsam wird aus dem flusigen Faden ein Grashalm, aus den schwarzen Perlen eine Sonnenfinsternis, aus den Pailletten ein Schmetterlingsflügel.

Skulpturen von Frank Kraft sind auch zu sehen

In der Ausstellung im CCB werden auch sechs Skulpturen von Franz Kraft, der seit gut 15 Jahren im Bergedorfer Künstlerhaus wohnt, gezeigt. Wie kleine Gedankenstriche präsentiert er seine Plastiken in der Ausstellung: geschliffener Marmor und patinierte Bronzefiguren. „Schade eigentlich, wenn es dafür einen Titel braucht. Eigentlich sollte man sich bloß fragen, ob das Objekt schreit oder harmonisch ist, ob es eine Spannung erzeugt oder beruhigt“, meint der 83-Jährige.

Bis zum 23. Juli sind die Kunstwerke zu betrachten, werktags zwischen 11 und 18 Uhr. Wer mag, kommt um 16 Uhr vorbei und lässt sich Tricks verraten, denn „dann will ich immer eine Stunde lang in der Galerie sein“, sagt Doris Timmann, die zudem für Sonnabend, 16. Juli, zu einer Midissage einlädt. Los geht es um 16 Uhr.