Bergedorf. Es ging sehr intensiv um das Thema Gedenken und Feiertage in Bergedorfs jüngster Bezirksversammlung: Das Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 1945 etwa, der in Bergedorf mit dem friedlichen Einmarsch der britischen Truppen bereits am 3. Mai zu Ende war. Aber auch das Erinnern an den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 in der DDR, der bis 1990 als „Tag der deutschen Einheit“ Feiertag war. Nur wie und in welcher Form gedacht werden sollte – darüber gerieten Bergedorfs Politiker letztlich in Streit.
Die Fraktion Die Linke hatte sich in einem Antrag dafür stark gemacht, den 8. Mai zu einem gesetzlichen Feiertag zu erklären – ursprünglich eine Forderung der Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano. Die 2021 in Hamburg gestorbene Musikerin, die sich stark gegen das Vergessen der Nazi-Gräueltaten engagiert hatte, war der Meinung, dass der Tag der Befreiung vom NS-Regime seit sieben Jahrzehnten überfällig sei. Dem Petitum für einen 8. Mai als Feiertag in Hamburg hätten sich auch die Bezirksversammlungen in Wandsbek und Altona angeschlossen, warb Robert Gruber (Die Linke) für den Antrag: „Sie wären also in guter Gesellschaft.“ Doch vergebens: Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.
Feiertag am 8. Mai in der Bedeutung bei den Parteien umstritten
Die Debatte gehöre nicht in eine Bezirksversammlung, meinte Sonja Jacobsen (FDP): „Wessen wir wie gedenken, das eignet sich nicht für den politischen Diskurs.“ Aus Respekt vor den Opfern solle hier nicht Parteipolitik betrieben werden. Erika Garbers (CDU) fürchtete auch, der 8. Mai werde dann nur „ein weiterer Feiertag“ sein, dem, wie etwa dem Reformationstag auch, nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt werde. Das Thema solle lieber in der Schule vertiefend behandelt werden. Und Reinhard Krohn (AfD) meinte sogar, der 8. Mai sei für viele Deutsche gar nicht so positiv besetzt. Denn danach sei Deutschland „mit Stacheldraht geteilt“ worden.
Das „vollends wirre“ Geschichtsverständnis der AfD sorgten dann bei der Linken für Wut, wie auch ein SPD-Vorschlag wenig später. Denn die Sozialdemokraten regten an, die Band „Microphone Mafia“ zur Verleihung des Bergedorfer Präventionspreises einzuladen – in dieser Band sang einst auch Esther Bejarano mit. Und heute musiziert noch ihr Sohn dort.
- Oberbillwerder: Wird das Schwimmbad nur für Vereine gebaut?
- Werden in der Elbe treibende Bäume bewusst nicht entfernt?
- Hamburgs letzter kostenfreier P+R-Parkplatz verschwindet
Emotionaler Schlagabtausch zwischen Politikern
Nun habe die Bezirksversammlung also gerade den 8. Mai als Feiertag abgelehnt, „eine Sache, für die Esther Bejarano gekämpft hat!“ – und nun solle der Sohn nach einem Auftritt gefragt werden, empörte sich Robert Gruber. „Sie haben eben das Lebenswerk der Mutter abgelehnt!“ Das wiederum machte Heribert Krönker (Grüne) wütend. „Es ist unerträglich, wie Sie glauben, das moralische Gewissen der Bezirksversammlung zu sein!“, griff er Gruber an. „Sie versuchen zu spalten, wo es nichts zu spalten gibt.“
Ebenfalls nicht erfolgreich war der Wunsch der AfD, des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 in der DDR stärker zu gedenken. Nach 32 Jahren Pause solle nun wieder verstärkt an die Menschen erinnert werden, die damals in der DDR gegen Unfreiheit und Lebensmittelknappheit auf die Straße gegangen waren, bis die SED den Aufstand mit Panzern niederschlage ließ, meinte Reinhard Krohn. Es könne mehr Infomaterial und „geeignete Formate“ der Erinnerung geben. Hier sah die Mehrheit keinen Bedarf: „Das ist außerhalb unserer Zuständigkeit. Und außerdem gibt es historisches Material ohne Ende“, meinte Erika Garbers.
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Bergedorf