Hamburgwahl: SoVD will Sozialtarife und höhere Renten

Kostenfreier öffentlicher Nahverkehr für Bedürftige und ein sozialer Arbeitsmarkt mit 1000 Stellen für schwervermittelbare Langzeitarbeitslose - das sind zwei Forderungen, die der Sozialverband Deutschland (SoVD) zur Bürgerschaftswahl erhebt. Zu den zehn Wahlprüfsteinen zählen auch mehr Sozialwohnungen, regelmäßige Armuts- und Reichtumsberichte sowie bessere Förderung für Kinder, Jugendliche und Alleinerziehende.

Naturschützer haben sich zum 15. Februar ebenso mit Prüfsteinen zu Wort gemeldet wie etwa Radfahrerverbände. Die Handwerkskammer hat mit einer ganzen Veranstaltungsreihe ihre Schwerpunkte deutlich gemacht. Für noch mehr Menschen spricht der Sozialverband Deutschland (SoVD): Er hat in Hamburg rund 18 500 Mitglieder, gut 560 000 bundesweit.

Die Umsetzung von SoVD-Forderungen müsse Hamburg keinesfalls in die roten Zahlen treiben, betont der Landesvorsitzende Klaus Wicher: "Wir haben nichts gegen die Schuldenbremse - wenn andererseits die Einnahmesituation so verbessert wird, dass die Aufgaben des Staates gedeckt werden." Zum Nein zu prekären Beschäftigungsverhältnissen und der Forderung nach höheren, armutsfesten Renten besteht Einigkeit mit dem DGB. Nicht aber zur Schuldenbremse: Der DGB-Landesverband lehnt sie angesichts der aktuellen Situation ab.

Hamburg ist die vergangenen Jahre immer weiter auseinandergefallen: Die Schere zwischen Arm und Reich öffne sich weiter als in jeder anderen deutschen Metropole, kritisiert Klaus Wicher: "Auf der einen Seite leben 58 000 Kinder und Jugendliche in Armut, zudem ist die Altersarmut binnen acht Jahren von 8,5 auf über 14 Prozent gestiegen. Zugleich leben heute etwa 42 000 Millionäre und 18 Milliardäre in der Hansestadt." Die Folge sei nicht nur wachsende Armut in immer weiteren Bevölkerungskreisen: "Arme Menschen sterben im Schnitt etwa zehn Jahre früher als der Durchschnitt."

Um Menschen dauerhaft zu helfen, sind aus Sicht des SoVD größere Anstrengungen nötig. Mit der Jugendberufsagentur leiste Hamburg einiges, um zu verhindern, dass Schulabgänger beim Übergang in die Arbeitswelt verloren gehen, meint Wicher.

Nötig sei jedoch mehr Betreuung. "Der durchschnittliche Personalschlüssel bei Teamarbeit Hamburg beträgt 1 zu 150, das reicht nicht annähernd." Von derzeit rund 23 000 langzeitarbeitslosen Hamburgern "bezieht ein Drittel seit Beginn der Hartz-IV-Reform Arbeitslosengeld 2, also zehn Jahre. Für die Mehrheit von ihnen ist ein zweiter, sozialer Arbeitsmarkt die einzige Chance, weil sie auf dem ersten Arbeitmarkt keine Chance haben." Eine weitere Möglichkeit seien längerfristige Lohnkostenzuschüsse an Unternehmen, "und natürlich wirkungsvolle Kontrollen, um Missbrauch zu verhindern".

Zum fortschreitenden Schwund an Sozialwohnungen kommt aus Sicht des SoVD ein weiteres Problem: "Wir brauchen in Hamburg 50 000 seniorengerechte Wohnungen, Tendenz steigend. Wir haben aber nur 11 000", rechnet Wicher vor. Hamburg müsse sich verstärkt engagieren. "Das gehört ebenso zu einer planvollen Stadtplanung wie Schaffung und Erhalt von Seniorentreffs gerade in einkommensschwachen Quartieren." Nicht zuletzt müsse die Pflege besser kontrolliert werden: "Angesichts von nur 26 Mitarbeitern in den Bezirksämtern verwundert es nicht, dass ambulante Dienste nur alle 20 Jahre kontrolliert werden sollen."