150 Jahre: Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger feiert Jubiläum - mit zwei Taufen und einer Schiffsparade auf der Weser

Gibt es die immer noch, diese rot-weißen Schiffchen, die Spenden für die Seenotretter sammeln? Klar, sie stehen meist in verrauchten Kneipen oder in hygienisch-sauberen Apotheken - jedenfalls werden sie von Menschen jeglicher Couleur "gefüttert": Genau 23 Spendenschiffchen gibt es in Bergedorf, 940 in ganz Hamburg, heißt es bei der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS), die in diesem Jahr ihr 150. Bestehen feiert.

Und tatsächlich sind die Seenotretter, die keinerlei staatlichen Zuschüsse für ihre Arbeit bekommen, sehr auf die kleinen Beträge in den deutschlandweit 14 000 Sammelschiffchen angewiesen: Aus ihnen stammt immerhin gut die Hälfte der Einnahmen von knapp 40 Millionen Euro jährlich: "21 Millionen Euro kamen zuletzt aus den Sammlungserlösen, dazu 13,64 Millionen Euro aus Erbschaften", sagt Pressesprecher Christian Stipeldey. Und gerade in der maritimen Hansestadt gebe es besonders viele regelmäßige Förderer: 20 600 sind es allein in Hamburg, wo auch gern mal die Nachlass-Broschüre gelesen wird.

Der Gründung der Gesellschaft ging im Jahr 1854 ein schweres Unglück voraus: Das Auswanderschiff "Johanne" erlitt auf tosender See Schiffbruch. Und weil es bis dato an Rettungsmitteln fehlte, mussten die Inselbewohner von Spiekeroog tatenlos zusehen, konnten erst bei Ebbe die 84 Toten bergen. Heute sind die tausend ehrenamtlichen Seenotretter, nur 180 angestellte Mitarbeiter gibt es, längst perfekt ausgestattet. Zwischen der Insel Borkum im Westen und der Pommerschen Bucht im Osten sind sie für den Such- und Rettungsdienst zuständig. Die Seenotküsten-Funkstelle in Bremen überwacht die Notruffrequenzen rund um die Uhr und schickt 20 moderne Kreuzer sowie 40 kleinere Seenotrettungsboote zu ihren Einsätzen.

Wenn andere Schiffe Schutz im Hafen suchen, machen sich die Rettungskreuzer auf den Weg. Bis heute wurde genau 81 665 Menschen geholfen. Allein 2014 wurden in den ersten zehn Monaten bei 2006 Einsätzen 749 Menschen aus Seenot gerettet oder aus drohenden Gefahren auf See befreit. Die Einsätze verteilen sich auf die Nordseeküste (Niedersachsen: 530 Einsätze, Schleswig-Holstein: 224 Einsätze) und die Osteseeküste (Schleswig-Holstein: 763 Einsätze, Mecklenburg-Vorpommern: 489 Einsätze).

In den Bordtagebüchern des vergangenen Jahres finden sich kuriose Geschichten: Eine Stichflamme aus dem Krabbenkutter bedrohte zwei Fischer nahe Amrum. Vom Nordenhamer Fähranleger stürzte eine Frau ins nur acht Grad kalte Wasser. Ein Jollensegler hatte bei Wangerooge die starke Strömung unterschätzt und hoffte auf offener See auf Hilfe. Grömitzer Retter befreiten gar einen jungen Rehbock aus dem Wattenmeer.

Wie sie arbeiten und ausgestattet sind, zeigen die Helfer am jedem letzten Juli-Sonntag und laden zum "Tag der Seenotretter" Urlauber und Küstenbewohner zu ihren Stationen ein. Im Jubiläumsjahr wird natürlich besonders groß gefeiert, am 29. Mai am Hauptsitz Bremen. Als "Bootschafter" wird die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen ein Konzert geben. Im vergangenen Jahr hatte Liedermacher Klaus Lage der DGzRS Pate gestanden und mit seinem Song "Volle Kraft voraus" begeistert.

Diesmal darf Bundespräsident Joachim Gauck auf dem Marktplatz ein neues Rettungsschiff taufen. Und nur einen Tag später wird ein neuer Seenotkreuzer in Bremerhaven getauft - und als Typschiff einer neuen 28-Meter-Klasse gefeiert (späterer Einsatzort: Amrum). Zudem sind zahlreiche Rettungsboote aus verschiedenen Ländern eingeladen, am 30. Mai bei der großen Schiffsparade auf der Weser dabei zu sein. Denn am selben Wochenende ist in Bremerhaven eine Messe für maritime Sicherheit samt Kongress der International Maritime Rescue Federation.