Das Bezirksamt will die Bergedorfer Museen von der Stiftung übernehmen. Amtsleiter Arne Dornquast verteidigt den Plan “wie eine Wagenladung Whisky“.

Bergedorf. Eigentlich geht es bei dem Streit um Museen. Doch in Bergedorf fühlt man sich in den Wilden Westen versetzt: "Wir müssen eine Wagenburg bilden, gegen die Indianer da draußen, die alle etwas von unseren Whisky-Vorräten haben wollen, um selber damit zu feiern", erklärte Bergedorfs Bezirksamtsleiter Arne Dornquast bei der Vorstellung seines "Eckpunktepapiers".

Bei dem Konzept geht es um die Zukunft der Bergedorfer Museen, denn die Hamburger Bürgerschaft hat deren Herauslösung aus der "Stiftung Historische Museen Hamburg" beschlossen.

Dabei handelt es sich um das Schloss und das Curslacker Freilichtmuseum Rieck Haus - und es geht natürlich ums Geld, denn der Bezirk möchte das Gesamtbudget des Museums haben.

+++ Freilichtmuseum Rieck-Haus: Freiheitskampf im Bauernhaus +++


Der Wilde Westen wird von Hamburgs Osten so gesehen: Die Indianer, die so gerne den Whisky hätten, kommen aus "Hamburg-Stadt". Die Wagenburg bilden "Stadt und Region Bergedorf". So weit der hochprozentige Vergleich.

In den kulturellen Niederungen der stolzen "Stadt Bergedorf" gibt "Hamburg-Stadt" bisher den musealen Ton an: Das hübsche Rieck Haus und das Heimatmuseum im ebenfalls hübschen Schloss werden von Museen (Altonaer Museum und Hamburg-Museum) aus geleitet und finanziert. Beide haben jährlich je rund 30 000 Besucher.

Das Rieck Haus ist ein Bauernhof im ländlichen und abgelegenen Curslack. Doch das Schloss, das eigentlich eher eine romantische Mini-Wasserburg darstellt, hat enorme Vorteile, die es nicht nur als Whisky-Lager prädestinieren: Es liegt mitten im Zentrum des Städtchens Bergedorf, hat einen kleinen Park, Wassergräben, eine Schleuse und einen Teich in unmittelbarer Nähe - und dazu noch ein paar Meter weiter: die geschäftige Fußgängerzone, Einkaufszentren, viele Parkplätze und einen neuen Bahnhof. Also eigentlich die feinsten Jagdgründe, um Sponsoren zu finden. Für kulturelle Veranstaltungen zum Beispiel.

Doch: Wer heute die Wasserburg betritt, den empfängt eine schläfrige Atmosphäre, die nur ab und zu gestört wird von einem Kaffeekränzchen charmanter Bergedorferinnen im Schlosscafé oder einigen wenigen Museumsbesuchern, die auf leisen Indianersohlen durch die Räume schleichen.

Viele Bergedorfer Bürger fordern, das Schloss zum Mittelpunkt gesellschaftlichen Lebens, zum Konzert-Treff und einem Anziehungspunkt für Kulturtouristen zu machen. Doch dem gegenüber steht der Chef des Museums, Olaf Matthes, der von der Stiftung eingesetzt wurde, und der den Museums-Betrieb leitet. Mittelpunkt des Konzepts, das Arne Dornquast zur Chefsache erklärt hat, ist ein modernes Marketing und die Schaffung einer "Bergedorfer Museumslandschaft" mit dem Schloss, dem Rieck Haus, der Sternwarte und weiteren attraktiven Ausflugszielen wie den Mühlen und dem Deutschen Maler- und Lackierer-Museum, das am Billwerder Billdeich ebenfalls in einem historischen Fachwerkhaus untergebracht ist.

Besucher sollen nicht nur aus der Metropolregion, sondern auch von Schwerin bis Lübeck angelockt werden.

Betreiber will das Bezirksamt werden, das dazu eine neue Kulturabteilung (direkt Dornquast unterstellt) schaffen will. Weiterhin möchte Dornquast so mächtige Truppen einsetzen, wie es sie wohl nur in Bergedorf gibt: Die vielen Bergedorfer Vereine, Verbände und (spendablen) Bürger sollen mithelfen, kulturelle Ereignisse von überregionaler Bedeutung zu etablieren. Was den Bergedorfern, da darf man sicher sein, gelingen könnte. Bedingung: Bergedorfs zukünftiger Chef des Whisky-Lagers - Pardon: Chef der Museen -, erhält in der bisherigen Höhe "alle Mittel" (Geld) für Personal, Sach-, Ausstellungs-, und sonstige Kosten. Dornquast will von der Hamburgischen Bürgerschaft weiterhin das Versprechen, "künftige Kostensteigerungen für Miete, Betriebskosten und Personal zu kompensieren".

Zur Vorstellung des Konzeptes waren auch Vertreter des Hamburger "Indianer-Lagers" nach Bergedorf gekommen. Sie warnten die Bergedorfer vor "hochtrabenden Planungen". Lisa Kosok, als Direktorin des Hamburg-Museums auch Vorgesetze von (Noch-) Schlossherr Matthes, sagte mahnend: "Das wird alles noch viel teurer, als Sie erwarten."

Der Kampf um Schnaps und Ehre im wilden Osten Hamburgs geht weiter: Bis zum Ende des Monats will die Museumsstiftung die jährlichen Gesamtkosten für beide Museen errechnen. Im Oktober berät dann die Hamburger Bürgerschaft, wem das "Whiskylager" endgültig unterstellt wird, und am 1. Januar 2013 sollen die beiden Bergedorfer Museen herausgelöst sein.