Altengamme. In Altengamme wird die Schlinz renaturiert. Unter anderem werden die Ufer des Priels von Steinen befreit. Was noch alles geschieht.

Am Ufer der Schlinz, einem etwa 1000 Meter langen Priel am Altengammer und Neuengammer Hauptdeich, sind seit Kurzem erneut schwere Baufahrzeuge im Einsatz. Nachdem im November 2022 Buschwerk, Röhricht und Weiden entfernt wurden und zum Jahresbeginn Bodenuntersuchungen und Kampfmittelsondierungen liefen, haben nun die eigentlichen Renaturierungsarbeiten begonnen.

Der Priel in den Altengammer Elbwiesen wird im Auftrag der Stiftung Lebensraum Elbe in zwei Abschnitten auf einer Länge von 700 Metern verbreitert, verschwungen und von Steinen befreit. Die Ufer werden abgeflacht und der Priel wird auf einer Länge von rund 500 Metern bis zu 25 Meter vom Deich weg verlegt – ein Plus für die Deichsicherheit. Dabei wird ein ehemaliger Teich integriert.

Baggerarbeiten am Priel: Schlinz wird für 1,6 Millionen Euro renaturiert

Etwa 1,6 Millionen Euro kostet die Renaturierung, die von der Stiftung bezahlt wird. Die Flächen, über die sich der Priel erstreckt, gehören der Stadt Hamburg und dem Energiekonzern Vattenfall, der im Zuge des Ausgleichs für das Kohlekraftwerk Moorburg in Altengamme Grund erwarb. Auch den etwa 150 Meter langen Vattenfall-Abschnitt hätte die Stiftung gern renaturiert und verlegt. Doch das Unternehmen habe sich von seiner Fläche nicht trennen wollen, berichtet Dr. Elisabeth Klocke (58), in Lohbrügge lebende Geschäftsführerin und Vorstand der Stiftung Lebensraum Elbe.

Der Priel weise Defizite auf, erklärt Elisabeth Klocke. Er ist in großen Teilen begradigt. Die Böschungs- und Sohlbereiche seien zu steil und zum Großteil mit Steinschüttungen befestigt, deshalb könne sich die Schlinz nicht entwickeln.

Ein Bagger schaufelt Steine, Oberboden und Sand vom Ufer des Priels.
Ein Bagger schaufelt Steine, Oberboden und Sand vom Ufer des Priels. © Heyen

„Besonders stark ist dies in dem knapp 100 Meter langen Mündungsabschnitt ausgeprägt“, sagt Elisabeth Klocke und fügt hinzu: „Das wurde damals so angelegt, weil das so Mode war. Doch das ist nicht naturnah. Das Wasser kommt nicht mit dem Land in Kontakt.“ Dies sei aber wichtig für bestimmte Pflanzen- und Tierarten. Weil die Steine dort weder wasserbaulich noch aus Gründen des Deich- oder Naturschutzes Sinn ergäben, kommen sie nun weg.

In den Uferbereichen wird sich Röhricht ansiedeln, sagt die Geschäftsführerin der Stiftung. Davon würden die Vögel, die im Röhricht leben, profitieren. Außerdem würden sich die typischen Uferstauden – etwa Blutweiderich, Wasser-Ehrenpreis und Echte Brunnenkresse – dort entwickeln, während sich im Wasser Fische und Makrozoobenthos (kleine Krabbeltiere am Gewässergrund) ausbreiten können.

Der Priel im Deichvorland mündet in Höhe Neuengammer Hausdeich in die Elbe.
Der Priel im Deichvorland mündet in Höhe Neuengammer Hausdeich in die Elbe. © Heyen

Gearbeitet wird aktuell in zwei Bereichen: Auf einem etwa 100 Meter langen Abschnitt in Höhe des Neuengammer Hausdeichs, wo der Priel in die Elbe mündet, und etwa 300 Meter weiter in Richtung Borghorst. Ein Bagger schaufelt Steine, Sand und Oberboden von den bestehenden Ufern. „Alles wird getrennt und auf der Baustelle verwertet, etwa zum Verfüllen, wo der Priel verlegt werden soll, oder zu einer Deponie gebracht“, sagt Elisabeth Klocke. Der Oberboden müsse größtenteils entsorgt werden: „Darin befinden sich, wie überall entlang der Elbe, Dioxine und andere Schadstoffe. Sie wurden von der Elbe ins Vorland gespült, stammen unter anderem aus der Zeit der DDR.“

Priel wird bei seiner Mündung in die Elbe deutlich verbreitert

Im Mündungsbereich ist der Priel am breitesten, in Richtung Borghorst wird er immer schmaler. Das soll auch so bleiben, obwohl der Priel an einigen Stellen deutlich verbreitert wird. Im Mündungsbereich wird seine Breite von derzeit rund zehn Metern in etwa verdoppelt. „Uns geht es um eine naturnahe Gestaltung, damit sich mehr Tiere und Pflanzen ansiedeln“, sagt Elisabeth Klocke. Die Steinufer seien nicht nur überflüssig, sondern würden die Natur auch aus dem Gleichgewicht bringen, betont die Wissenschaftlerin: „Dort siedelt sich gern die Schwarzmundgrundel, ein invasiver Raubfisch an. Er frisst kleinere heimische Fische und nimmt anderen Fischen auch Nahrung weg.“

In einem Nebenpriel sind Brachsen verendet, weil Steine ihnen bei Niedrigwasser den Weg zurück in die Elbe versperrten.
In einem Nebenpriel sind Brachsen verendet, weil Steine ihnen bei Niedrigwasser den Weg zurück in die Elbe versperrten. © Heyen

Auch in einem kleinen Nebenpriel nahe dem Mündungsbereich, nicht größer als ein Graben, schwimmen Fische. Elisabeth Klocke fand dort kürzlich, bei Ebbe, sechs tote Brachsen. Sie hatten es bei sinkendem Wasserstand nicht zurück in die Elbe geschafft, weil ihnen ein Steinwall den Weg versperrte. „Den Nebenpriel wollen wir an den Hauptpriel anbinden, damit so etwas nicht mehr passieren kann“, sagt Elisabeth Klocke.

In einem anderen Bereich des Priels soll eine inzwischen von den Landwirten nicht mehr benötigte Überfahrt über den Priel zurückgebaut und dabei die Verrohrungen, die den Wasserdurchfluss stark einschränken, entfernt werden. Eine etwa 170 Meter entfernte zweite Überfahrt bleibt erhalten. „In dem Bereich der Überfahrt, die bestehen bleibt, wird der Durchlass erheblich vergrößert.“ Am schmalen Ende des Priels wird das Gewässer von Bauarbeitern „nur minimal vertieft und etwas verbreitert“, sagt die Chefin der Stiftung Lebensraum Elbe. Die Bauarbeiten sollen im September beendet werden.

Für die Anwohner ist ein Info-Abend mit Baustellenführung geplant, an dem sie über das Projekt unterrichtet werden. Der Termin steht noch nicht fest.