Hamburg. Skiläuferinnen und Skiläufer werden nicht gerade begeistert sein, die übrigen Hamburger Familien dürfte es freuen: Im kommenden Jahr beginnen die Märzferien in der Hansestadt – im Volksmund gern auch Skiferien genannt – so spät wie seit Langem nicht. Jahrelang galten die ersten beiden Märzwochen als Schulferienzeit quasi als gesetzt. Im kommenden Jahr aber rutschen sie weit nach hinten: 2024 gibt es erst am 18. März Ferien – das könnte für manche Hamburgerinnen und Hamburger bedeuten, dass sie ihre angestammten Skigebiete möglicherweise nicht mehr bereisen können.
Auch Sommerferien beginnen in Hamburg 2024 erst spät – sie gehen am 18. Juli los und enden am 28. August. Die Termine für die sechswöchigen Sommerferien legt die Kultusministerkonferenz (KMK) in Abstimmung mit allen Bundesländern fest – darum gibt es regelmäßig erhebliches Gerangel. Alle anderen Ferienzeiten legen die Länder fest. „Allerdings orientieren sich diese natürlich an der Festlegung der Sommerferien“, sagt Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde.
Schule Hamburg: Was hinter den späten Ferien steckt
Grundlage für die Hamburger Entscheidung zu den „kleinen Ferien“ im März, Mai, Oktober und um den Jahreswechsel seien zum einen die bundesweit einheitlichen Termine für das Zentralabitur in den Kernfächern. „Die liegen 2024 für Hamburg recht ungünstig, und um den zukünftigen Abiturienten noch relativ viel echte Unterrichtszeit vor der Prüfungs- und Vorbereitungsphase zu geben, haben wir uns schweren Herzens dazu entschieden, die Märzferien im Jahr 2024 relativ spät zu legen“, so Albrecht.
Zum Hintergrund: Liegen die zentralen bundesweiten Abiturtermine früh im Jahr, verschieben sich alle Abiturabläufe entsprechend nach vorne ins Jahr, sagt Albrecht. „Das verkürzt das zweite Halbjahr für die Abiturprüflinge und damit auch ihre echte Unterrichtszeit bis zur (unterrichtsfreien) Abiturphase. Um diese Zeit nicht noch weiter durch (naturgemäß unterrichtsfreie) Märzferien zu verkürzen, verschieben sich die Märzferien in solchen Jahren nach hinten.“
„Touristische Kriterien spielen bei Ferienplanung grundsätzlich keine Rolle“
Ein weiteres Kriterium zur Festlegung der Ferien: Zwischen den Unterrichtsphasen im Schuljahr sollen die Erholungsphasen für Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte relativ gleich verteilt sein, sodass keine zu langen anstrengenden Unterrichtsphasen entstehen. Hingegen: „Touristische Kriterien spielen bei der Ferienplanung grundsätzlich keine Rolle, sondern nur pädagogische und schulorganisatorische“, so Albrecht.
Viele Orte in den Alpen schon seit Längerem nicht mehr schneesicher
Die Hanseaten sind traditionell große Ski-fans. Nicht nur prominente Hamburgerinnen und Hamburger pilgern gen Süden, um 2000 Meter hoch und gut 1000 Kilometer von zu Hause entfernt ihr weißes Wunder zu erleben. Quartiere in Sölden und Serfaus, St. Anton und Lech, Zermatt und St. Moritz sind teils über Generationen in ihrer Hand. Mit rund 22.000 Mitgliedern (Stand 2022) ist die Sektion Hamburg und Niederelbe e.V. die fünftgrößte Sektion von insgesamt 356 Sektionen im Deutschen Alpenverein (DAV).
Schneesicher sind viele Skiorte in den Alpen angesichts des Klimawandels schon länger nicht mehr. Zwar gibt es auch in der zweiten Märzhälfte höher gelegene Orte, in denen man relativ fest mit guten Schneebedingungen rechnen kann – diese sind aber teilweise teuer.
Weniger Schnee in den Alpen wegen des Klimawandels
- Der Klimawandel treibt auch den Alpenverein um. „Aus Sicht der DAV Sektion Hamburg und Niederelbe sieht man gerade an der Schneeschmelze in den Alpen den Klimawandel deutlich. Er schreitet voran, und damit ändern sich auch in unseren Breitengraden die Jahreszeiten und gleichen sich immer weiter aneinander an. Im Dezember und Januar schneit es immer seltener“, sagt Michael Jansen, Geschäftsführer DAV Sektion Hamburg und Niederelbe e.V.
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„In den Mittelgebirgen darf man in der zweiten Märzhälfte nicht mit Schnee rechnen“, sagt Frank Muffa, Sportwart und Vizepräsident des Skiclubs Hanseaten, laut Selbstbeschreibung „das Hamburger Ski-Original seit 1940“. Die Ferienzeit sei auch nicht abgeglichen mit den Skigebieten in Süddeutschland und gehe „an den Interessen der deutschen Skifahrer vorbei“, meint er. Unter den Mitgliedern des Vereins seien aber wenige mit Schulkindern, sodass diese meist Mitte Januar in die Alpen führen. Und er hat einige Tipps: In St. Moritz und Kitzbühel beispielsweise sei auch Ende März noch mit Schnee zu rechnen. Auch wer in Mayrhofen im Zillertal mit der Seilbahn auf den Berg fahre, werde Schnee vorfinden.
Schule Hamburg: „Es gibt keinen grundsätzlichen Anspruch auf Skiferien“
Ob es angemessen ist, dass sich Hamburg anders als alle anderen Bundesländer „Skiferien“ leistet, darüber gibt es seit Langem Streit. Die FDP-Politikerin Anna von Treuenfels-Frowein plädiert dafür, „das Ganze entspannt und gelassen zu sehen“. Die Bürgerschaftsabgeordnete sagt: „Es gibt doch keinen grundsätzlichen Anspruch, Anfang März Skiferien zu machen. Wenn es passt, dann passt es – wenn nicht, dann eben nicht.“ Regelhaft Schulferien Anfang März hätten ohnehin, mit Blick auf alle Schüler, etwas einseitiges an sich, weil sich die Mehrheit der Hamburgerinnen und Hamburger Skiurlaube nicht leisten könne. Und angesichts des noch kühlen Wetters gute Reiseziele in der Nähe schwierig zu finden seien. Ferien Ende März böten hingegen die Chance, beispielsweise wandern zu gehen, so Treuenfels-Frowein.
Als Rosemarie Raab mit der Abschaffung der Skiferien scheiterte
Ähnlich sieht es die schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Birgit Stöver. Einst seien die Märzferien Skiferien gewesen. „Aber die Tradition hat sich verändert, sodass man nicht nur auf Skiläufer und Skiläuferinnen Rücksicht nehmen sollte“, sagt sie. Bis Ostern seien zudem in den Alpen noch offene Pisten zu finden. Auch Sabine Boeddinghaus, Fraktionsvorsitzende der Linken in der Bürgerschaft, hat nichts dagegen einzuwenden, dass die Ferien in die zweite Märzhälfte rutschen. „Anfang März ist es schwer, Sonnenziele zu finden.“
Wie skibegeistert die Hamburgerinnen und Hamburger sind, zeigte sich allerdings Mitte der 1990er-Jahre. Die damalige Schulsenatorin Rosemarie Raab (SPD) wollte die Märzferien an Hamburgs Schulen damals abschaffen und durch Osterferien im April ersetzen. Ihre Begründung: „Skifahren ist doch sowieso nur etwas für die privilegierten Familien. Im April ist es schon etwas wärmer, da haben alle etwas davon.“
Schule Hamburg: 56 Prozent der Schüler und Eltern wollten Skiferien behalten
Doch Raab hatte die Begeisterung für den Wintersport unterschätzt. Bei einer Umfrage in den Schulen sprachen sich 56 Prozent der Schüler und Eltern für die Beibehaltung der Skiferien aus. Acht Prozent war es egal. Die Senatorin knickte ein. Die Hamburger genossen also weiter ihre Ferien im März.
Und Skifans bleibt auch jetzt ein Trost: 2025 beginnen die Märzferien in Hamburg immerhin am 10. März und 2026 dann wieder am 2. März. Da darf auf mehr Schnee auf den Pisten gehofft werden.
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