Hamburger Innenstadt

Gedenktafel für „Mutter Hamburger Zauberkünstler“

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Zauberkünstlerin Rosa Bartl (* 17. Juli 1884 in Wien; † 23. September 1968 in Hamburg) war eine deutsche Zauberkünstlerin und Zauberhändlerin.

Zauberkünstlerin Rosa Bartl (* 17. Juli 1884 in Wien; † 23. September 1968 in Hamburg) war eine deutsche Zauberkünstlerin und Zauberhändlerin.

Foto: Hamburg.de/Privat

Die Illusionistin betrieb das Zauberhaus Bartl. Sogar ein US-Präsident kaufte bei Rosa Bartl am Jungfernstieg. Über ihre Geschichte.

Hamburg.  Sie war in Fachkreisen als „die Mutter der Hamburger Zauberkünstler“ bekannt, selbst eine exzellente Illusionistin – und vom Nazi-Regime verfolgt: Rosa Bartl betrieb seit den 1930er Jahren mit ihrem Mann János das renommierte Zauberhaus Bartl – eine echte Hamburgensie.

Der Verein „Lebendiger Jungfernstieg“ möchte nun am Freitag eine Gedenktafel für die „große Dame der Zauberkunst“ enthüllen – zum 20. Geburtstag des Vereins. Die Tafel wird am Jungfernstieg an der Fassade der jetzigen Douglas-Parfümerie angebracht, wo in den 1930er Jahren bis 1952 das „Zauber Bartl-Geschäft“ ansässig war.

Hamburger Innenstadt: Rosa gründete Zaubergeschäft

Rosa kam 1884 in Wien als Tochter des Zauberhändlers und Artisten Josef Leichtmann zur Welt, wie die Wirtschafts- und Sozialhistorikerin Rita Bake recherchiert hat. Rosa hatte drei Schwestern und einen Bruder. Die Leichtmann-Töchter gingen als „Magische vier Schwestern“ in die Zaubergeschichte ein.

Die Familie betrieb mehrere Zauberläden, Rosa half ihrer Schwester Melanie, in Köln einen weiteren zu eröffnen, als 1909 der junge János Bartl das Zauberreich der Schwestern betrat, wie Bake schreibt. Rosa verliebte sich in den ungarischen Zauberkünstler und brannte mit ihm nach London durch, wo die Jüdin und der Katholik heirateten. Wenig später ließen sie sich in Hamburg nieder und gründeten eines der ersten Zaubergeschäfte hier.

In Altona wurde der Magische Zirkel gegründet

Die prosperierende Hansestadt war ein fruchtbarer Boden für die Illusionskunst. 1912 wurde im heutigen Hamburg-Altona der älteste deutsche Magische Zirkel gegründet – einer der frühesten Magier-Klubs weltweit. „Zauber Bartl“ eröffnete in einem Eckhaus am Neuen Jungfernstieg sein erstes Zauber- und Scherzartikelgeschäft. Im Ersten Weltkrieg musste Rosa das Geschäft allein führen, Anfang der 1930er Jahre zog der Laden an den Jungfernstieg um.

Das schlauchartige Geschäft lief hinten auf eine Versuchsbühne zu, auf der damals bekannte Zauberkünstler übten. Zum Geschäft gehörte eine feinmechanische Werkstatt, wie Rita Bake schreibt. Hier wurden zahlreiche bekannte Bartl-Tricks erfunden, insgesamt hielt János Bartl 80 Gebrauchsmuster-Patente. Im Geschäft, erinnerten sich Zeitzeugen, hatte die stets in Schwarz gekleidete Rosa Bartl das Sagen und bediente die Kunden. Auch sie erfand Zaubertricks.

Sogar US-Präsident Roosevelt ließ am Jungfernstieg einkaufen

Um 1934 wurden die Bartls von der Handelskammer als Geschäft ausgezeichnet, das in der Hansestadt in einer Woche den höchsten Betrag an Bar-Devisen eingenommen hatte. Sogar der zauberbegeisterte US-Präsident Franklin D. Roosevelt (1882–1945) bat seinen Finanzstaatssekretär William W. Durbin, bei Bartl am Jungfernstieg Illusionen in beträchtlichen Dimensionen zu erwerben.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten begann für die Bartls ein verzweifeltes Ringen um die Existenz. „Rosa Bartl wurde von den Nazis der Zutritt zu ihrem eigenen Laden auf Grund ihrer jüdischen Herkunft verwehrt“, erinnert Marcus Schreiber, Vorsitzender des Vereins Lebendiger Jungfernstieg. „Der Laden wurde von ihrem nicht-jüdischen Ehemann Janos weiter betrieben. Das Zaubergeschäft war ihr Leben und man kann nur schwer ermessen, in welches Unglück sie gestürzt wurde.“

Bartls überlebten die NS-Zeit

Wie durch ein Wunder überlebten die Bartls mit ihren Kindern Hans und Elly die NS-Zeit, auch wenn Rosa Bartl Schikanen, Demütigungen und diversen Gestapo-Vorladungen ausgesetzt war. Eines Tages – so erzählt es Bartl-Enkel Bernd – soll ein typischer „Möbelwagen der Gestapo“ vor der Bartl-Villa geparkt haben.

Es heißt, Rosa sollte ins KZ Theresienstadt deportiert werden sollen Sie rettete sich mit einem Schnitt in die Pulsader. Nach dem Krieg machten die Bartls mit ihrem Geschäft weiter. 1950 wurde Rosa Gesellschafterin ihrer Firma, die wegen einer Eigenbedarfskündigung 1952 in einen ehemaligen Röhrenbunker nahe der Lombardsbrücke umziehen musste, der 1962 ebenfalls abgerissen wurde.

Im „Garten der Frauen“ erinnert Zylinderhut an Rosa Bartl

1968 starb Rosa Bartl. In dem von Rita Bake initiierten „Garten der Frauen“ auf dem Ohlsdorfer Friedhof erhielt sie 2019 einen Erinnerungsstein – in Form eines Zylinderhutes, der mit einer Klappe verschlossen ist. Wird die Klappe geöffnet, erscheint ein kleiner weißer Hase. Nun soll auf Bakes Idee hin auch am Jungfernstieg eine Tafel an Rosa Bartl und das Zaubergeschäft erinnern. Zur Enthüllung kommt am Freitag auch Rosas Enkeltochter Birgit Bartl-Engelhardt aus Berlin. „Der Verein gedenkt Rosa Bartl in großem Respekt vor ihrer Lebensleistung“, sagt Schreiber.

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